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Kb-Test Volvo V90: Wen nur nicht so viel digital wäre!
Minuspunkte bei der Bedienung gab es im Kb-Test für den ansonsten überzeugenden Premiumkombi der oberen Mittelklasse aus Schweden

RobGal

Traditionell stellen die Fahrzeuge von Volvo ein Synonym für aktive und passive Sicherheit dar. Das gilt auch für den neuen Volvo V90 D3 Momentum mit 150 PS Turbodieselmotor. In dem oberen Mittelklasse-Kombi aus dem schwedischen Torslanda westlich von Göteborg werden serienmäßig oder gegen einen mehr oder weniger gepfefferten Zusatzobolus gleich ganze Heerscharen elektronischer Heinzelmännchen aktiv.
Sie erkennen Hindernisse wie Autos, Fahrräder, Fußgänger oder Tiere und bremsen den Wagen automatisch ab. Sie leisten beim Aus- und Einparken tatkräftige Unterstützung, halten die Spur und den Abstand zum Vordermann, lesen Verkehrszeichen und erstellen Bilder aus der Vogelperspektive rund um das Fahrzeug.

Selbsttätig folgen sie dem Vordermann und lenken dabei sogar um Kurven, wobei diese Art der „Hilfe“ dem Fahrer eine Menge Aufmerksamkeit abverlangt und für jeden gestandenen Wagenlenker mit Benzin im Blut ohnehin ein Graus ist.



In Sachen Bedienung ist der neue Volvo V90 dagegen völlig neben der Spur. Für fast alle Funktionen ist nämlich ein Gedaddel, Gefummel und Getippe auf dem riesigen Berührungsbildschirm im Hochformat erforderlich. Das betrifft die Klimatisierung von der Temperatureinstellung bis zur Luftverteilung ebenso wie Radiosender, Fahrmodi (die sich bei jedem Neustart auch noch zurückstellen) sowie die diversesten Anpassungen und Einstellungen am Fahrzeug. Die wenig intuitive Menüführung verlangt zudem ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, das der Fahrer besser auf das Verkehrsgeschehen richten sollte. Sogar auf eine herkömmliche Betriebsanleitung verzichtet Volvo. An Bord befindet sich lediglich eine ziemlich laue und unübersichtliche Sparversion in gedruckter Form. Die eigentlichen Informationen sind digital hinterlegt. Dumm nur, dass sich das System nach geraumer Zeit aus Energiegründen selbsttätig ausschaltet, so dass der Bildschirm schwarz wird und der Nutzer sich schwarz ärgert.



Jammerschade!

Das alles ist jammerschade, weil den Skandinaviern mit dem V90 ein ansonsten properes Gefährt gelungen ist. Breit steht der in hochglänzendem Schwarz ausgeführte Kühlergrill mit Wasserfall-Design im Wind, eine extreme Breitenwirkung erzeugt die Heckpartie mit ihren riesigen Lichtern. Mit der nicht enden wollenden Motorhaube, der langgezogenen Silhouette samt stark angeschrägter Heckscheibe und den kurzen Karosserieüberhängen streckt sich der V90 auf 4,94 Meter und ist damit rund elf Zentimeter länger als der Vorgänger V70. Ein hübscher Einfall der Designer stellt die Lichtgrafik der LED-Scheinwerfer dar, die nach der magischen Waffe des nordischen Donnergottes „Thors Hammer“ benannt ist.



Als Ergänzung und Abrundung nach unten hat Volvo für den V90 einen neuen Einstiegsdiesel nachgeschoben. Es handelt sich wie bei allen Aggregaten der Baureihe um einen Vierzylindermotor, der aus 1.969 Kubikzentimeter Hubraum eine Leistung von 150 PS generiert. Der Direkteinspritzer hat es mit dem leer weit über 1,8 Tonnen schweren Wikinger nicht einfach und lässt außerdem ein Turboloch spüren. Daher erweist er sich weniger als temperamentvoller Sportler, vielmehr ist er ein komfortabler Langstreckengleiter. Dass er dabei das Fahrwerk kaum zu überfordern vermag, liegt auf der Hand. Selbst der Wechsel in die Sportabteilung des (aufpreispflichtigen) Fahrdynamikprogramms erzeugt nur dezent einen schneidigeren Charakter. Die Zwangskopplung mit dem adaptiven Luftfahrwerk, das Holperpisten geflissentlich ignoriert, ist dagegen trotz des happigen Mehrpreises von rund 2.000 Euro eine Überlegung wert.



Fast schon verschwenderisch üppig ist die Knie- und Beinfreiheit im Fond des Kombis der oberen Mittelklasse ausgefallen. Verstärkt wird dieser Eindruck des ausladenden Raumangebots durch die sehr tiefe Sitzposition auf der Rückbank. Durch Umklappen der im Verhältnis 60:40 geteilten Lehne lässt sich das Ladeabteil von 560 auf 1.526 Liter vergrößern. Das sind dann zwar 74 Liter weniger als beim kleineren Vorgänger, was dem Lifestyle-Heck geschuldet ist, aber im Alltag reicht das in den allermeisten Fällen immer noch aus. Dass dabei der Laderaum topfeben bleibt, ist ebenso wenig selbstverständlich wie die elektrisch bedienbare Heckklappe oder die ebenso selbsttätig agierende Laderaumabdeckung.


Im Detail: Volvo V90 D3 Momentum

Fahrzeugsegment: Kombi der oberen Mittelklasse;
Motor: Vierzylinder-Turbodiesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung und 16 Ventilen;
Hubraum: 1.969 ccm;
Leistung: 150 PS/110 kW bei 3.750 U/min.;
Maximales Drehmoment: 320 Nm bei 1.750 bis 2.500 U/min.;
Übersetzung: Sechsgangschaltgetriebe;
Beschleunigung 0 bis 100 km/h: 10,2 sec.,
Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h;
Kraftstoffart: Diesel;
Normverbrauch: innerorts: 5,4 Liter/100 km, außerorts: 4,0 Liter/100 km, insgesamt: 4,5 Liter/100 km;
CO2-Emission: 119 g/km;
Abgasnorm: Euro VI;
Energieeffizienzklasse: A+;
Im Test: 5,9 Liter/100 km, 157 g/km CO2;
Tankinhalt: 55 Liter;
Theoretische Reichweite: 927 km;
Antrieb: Vorderrad;
Maße (Länge/Breite/Höhe): 4.936 mm/1.879 mm/1.475 mm;
Radstand: 2.941 mm;
Kofferraumvolumen: 560 bis 1.526 Liter;
Leergewicht: 1.833 kg;
Nutzlast: 427 kg;
Zulässiges Gesamtgewicht: 2.260 kg;
Anhängelast (gebremst/ungebremst): 1.800 kg/750 kg;
Wendekreis: 11,8 m;
Bremsen (vorn/hinten): Scheiben innenbelüftet/Scheiben innenbelüftet;
Räder: 8 J x 17, Leichtmetall;
Bereifung: 225/55 R 17 96 H;
Versicherungstypenklassen: Haftpflicht: 16/Teilkasko: 22/Vollkasko: 26;
Preis: 47.600 Euro.
Quellen
    • Text: Thomas G. Zügner (Kb)
    • Fotos: Volvo