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Förderung: Die Elektromobilität wie ein Ökosystem behandeln
Kaufprämie wäre wirkungsvoller als die Abwrackprämie von 2009 | Verbraucher unzufrieden mit Ladesituation / Zentrale Informationsplattform ähnlich der Markttransparenzstelle gefordert

RobGal

Was Elektroautos angeht, sind die Prognosen für Europa verhalten optimistisch. Die Analysten gehen von einem zehnprozentigen Anteil am Gesamtautomarkt bis 2020 aus. Die Bundesregierung hofft, dass bis dahin eine Million Stromer die deutschen Straßen befahren. Wollen die Politiker dieses Ziel ernsthaft erreichen – es sind nur noch vier Jahre Zeit –, müssen sie ihre Anstrengungen verstärken. Das Beispiel Österreich zeigt, wie es gehen könnte. Dort wurde 2013 der Kauf der abgasfreien und fast lautlosen Fahrzeuge mit bis zu 5.000 Euro gefördert. Die Verkaufszahlen stiegen daraufhin in nur einem Jahr um fast das Doppelte.
Nun ist auch in Deutschland das Für und Wider einer staatlichen Kaufprämie für Elektroautos entbrannt. Mitten in diese Debatte hinein veröffentlichen zwei Nachwuchsforscher der Technischen Universität Dresden eine interessante Studie zur Frage, wie die Elektromobilität in Deutschland auf Trab gebracht werden könnte. Darin weisen sie den Nutzen einer Kaufprämie nach, regen aber auch Investitionen und ganz neue Maßnahmen an.

Für die Untersuchung wurden im November vergangenen Jahres 685 Fahrer von Elektroautos aus über zehn europäischen und nordamerikanischen Ländern befragt. Die Studienleiter, René Pessier und Armin Raupbach vom Institut für Wirtschaft und Verkehr der TU Dresden, stellen fest, dass in der internationalen Diskussion vor allem finanzielle und strukturelle Förderanreize als wichtige Argumente für die Kaufentscheidung betrachtet werden, während in Deutschland die persönliche Motivation im Vordergrund steht.

Andere Länder, etwa Norwegen, wissen schon genauer, was sie wollen, und animieren durch ein Bündel an Unterstützungsmaßnahmen erfolgreich die Autokäufer. Pessier und Raupbach: "Förderanreize jedweder Art verkürzen den Zeitraum zwischen erstmaliger Beschäftigung mit dem Thema Elektromobilität und dem Kauf des Fahrzeugs erheblich" So hat laut der Studie jeder zweite international Befragte den Kauf seines Elektroautos innerhalb von nur drei Monaten nach der erstmaligen Auseinandersetzung mit dem Thema getätigt, in Deutschland war nur jeder fünfte so schnell entschieden.

Die Dresdner Experten gehen davon aus, dass bei einer angenommenen Gesamtfördersumme von 300 Millionen Euro und bei einer Kaufprämie von 5.000 Euro zusätzlich 60.000 Stromer auf die Straßen gebracht werden könnten. Das wäre eine Verdreifachung des derzeitigen Bestands. Pessier und Raupbach haben ihre Beispielrechnung mit der Umweltprämie aus dem Jahr 2009 verglichen und kommen zu dem Schluss, dass die Wirkung der Kaufprämie für den "Markthochlauf" der Elektromobilität "um ein Vielfaches größer" wäre als der Effekt der damaligen Abwrackprämie, die den Kauf eines Neuwagens bei gleichzeitiger Verschrottung eines gebrauchten mit 2.500 Euro unterstützte.

Der Schritt im Jahr 2009, für den der Staat mit 1,5 Milliarden Euro einen fünfmal höheren Betrag als in der Beispielrechnung einsetzte, hatte jedoch "keine langfristigen und marktetablierenden Effekte". Hingegen würde die Kaufprämie neue Zielgruppen für Stromer erschließen, die für die Elektromobilität notwendigen Produktionskapazitäten anschieben und die Bedeutung der Thematik bei den wirtschaftlichen Akteuren erhöhen. Nur so könnten "ganzheitliche Lösungen für die vielen offenen Fragen und Handlungsfelder der Elektromobilität" gefunden werden, lautet das Zwischenfazit von Pessier und Raupbach.

Systematisch alle Hindernisse der Elektroautonutzung abbauen
Sie betrachten die Kaufprämie nicht als Allheilmittel, denn sie bewirke "nur eine Beschleunigung" der Zulassungszahlen. Wichtig sei daher auch der systematische Abbau "existierender Defizite bei der Nutzung", fordern die Jungwissenschaftler. Nur dann könne der politisch gewollte Durchbruch bei der Elektromobilität erreicht werden. Eine der größten Baustellen dabei stellt die Ladeinfrastruktur dar. Mit ihr sind die deutschen Autofahrer im internationalen Vergleich nur "unterdurchschnittlich zufrieden", denn: "Ein großes Hindernis der Elektromobilität ist der immense Planungsaufwand für längere sowie mittlere Strecken", haben Pessier und Raupbach herausgefunden.

Wie soll es nun aber klappen mit der emissionsfreien Automobilität in Deutschland? Die Nachwuchsforscher stellen einen Vergleich an: "Elektromobilität kann nur als Ökosystem aus Fahrzeug, Ladeinfrastruktur und integrierter Informationsbereitstellung funktionieren." Daher schlagen sie eine zentrale Plattform ähnlich der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe vor. Sie könnte aktuelle Informationen über Orte, Verfügbarkeit, Belegung und Tarife der Ladestationen sammeln und öffentlich bereitstellen. "Und damit den Fahrern von Elektrofahrzeugen den täglichen Umgang erleichtern", resümieren René Pessier und Armin Raupbach.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: lassedesignen - Fotolia.com