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AG Coburg spricht vollen Verbringungskostenbetrag nach durchgeführter Reparatur zu
AG Coburg Urteil vom 16.2.2017 – 15 C 1935/16 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Obwohl die Verbringungskosten bei einer Fahrzeugreparatur in einer Fachwerkstatt, die über keine eigene Lackiererei verfügt, zum Wiederherstellungsaufwand zählen, wird diese Schadensposition auch bei konkreter Schadensabrechnung aufgrund der Reparaturkostenrechnung in jüngster Zeit seitens der einstandspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer immer wieder gekürzt. In letzter Zeit geht die in Coburg ansässige Kfz-Haftpflichtversicherung dazu über, auch bei konkreter Reparatur die entstandenen Verbringungskosten zu kürzen. Die Kürzung konkret angefallener Verbringungskosten war erneut Gegenstand eines Rechtsstreites gegen die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung vor dem Amtsgericht Coburg. Das erkennende Gericht widersprach erneut der von der Versicherung vorgenommenen Kürzung der konkreten Verbringungskosten.
Nach einem Verkehrsunfall am 20.5.2016, für den die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung in vollem Umfang haftet, hatte der Geschädigte sein verunfalltes Fahrzeug bei einem qualifizierten Kfz-Sachverständigen vorgeführt, der ein Schadensgutachten erstellte. In dem Gutachten waren auch Verbringungskosten aufgeführt. Der Geschädigte ließ in einer Fachwerkstatt das beschädigte Fahrzeug nach den Vorgaben des Gutachtens reparieren. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die Reparaturrechnung hinsichtlich der Verbringungskosten um 67,83 €. Dieser Kürzungsbetrag ist Gegenstand der Klage vor dem AG Coburg. Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg.

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht gegenüber der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung nach dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 67,83 € zu. Unstrittig ist die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung dem Grunde nach als eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung für den Schaden haftbar. Soweit die Beklagte aus der Reparaturrechnung einen Teilbetrag von schlussendlich 67,83 € im Hinblick auf die Kosten der Fahrzeugverbringung gekürzt hat, dringt sie damit nicht durch. Dieser Schadensersatzanteil steht dem Kläger zu. Der Kläger hat nach dem Schadensereignis ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Reparaturwerkstätte mit der Schadensbehebung beauftragt. Soweit die Werkstatt falsch, überteuert oder zu lange repariert, fällt dieses sogenannte Werkstattrisiko dem Schädiger und damit der Beklagten als Haftpflichtversicherung zur Last. Vom Unfallgeschädigten kann nicht mehr verlangt werden, als zur Bezifferung des Schadens und des Umfangs des zu behebenden Schadens ein Schadensgutachten eines Sachverständigen einzuholen und einen Reparaturauftrag zu erteilen. Wenn dann die Werkstatt dabei außerhalb des Machtbereichs des Klägers als Unfallgeschädigten irgendwelche Fehler macht, wie die Beklagte meint, kann ihm dies nicht zum Nachteil gereichen. Ein Unfallgeschädigter muss sich auch nicht vor dem Rechnungsausgleich angesichts der Information der Beklagten über eine fehlerhafte Rechnungsstellung der Versicherung willen von der Werkstatt aus dem Werkvertragsverhältnis heraus auf den restlichen Werklohn verklagen lassen. Hier hat der Gesetzgeber mit § 255 BGB eine Möglichkeit geschaffen, welche der Kläger insoweit genutzt hat, als er etwaige Regressansprüche aus dem Werkvertragsverhältnis gegenüber der Werkstatt an die Beklagte zur Abtretung angeboten hat. Wenn die Beklagte dieses Anerbieten nicht nutzt, kann auch solches nicht dem Kläger zum Nachteil gereichen.

Fazit und Praxishinweis: Zutreffend hat das erkennende Gericht dem Geschädigten die tatsächlich entstandenen Verbringungskosten zugesprochen. Verfügt nämlich die Reparaturfirma, was üblich ist, über keine eigene Lackiererei, so sind die Transportkosten zur Lackiererei als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand anzusehen. Diese Verbringungskosten sind grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gilt in voller Höhe, wenn die Verbringungskosten , durch die Reparaturkostenrechnung belegt, tatsächlich angefallen sind. Der Transport zum Lackierbetrieb gehört zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes. Sie gehören damit auch zu dem Werkstatt- und Prognoserisiko, das der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer zu tragen hat. Wenn die Verbringungskosten üblicherweise bei einer Reparatur in der Fachwerkstatt anfallen, so sind sie auch bei der fiktiven Schadensabrechnung zu ersetzen (vgl. BGH Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 320/12 -). Bei der konkreten Schadensabrechnung gilt dies umso mehr, da dann bereits der in Rechnung gestellte Verbringungskostenbetrag das Indiz für die Erforderlichkeit dieser Wiederherstellungskosten ist. So hatte das AG Coburg auch mit Urteil vom 29.6.2017 – 12 C 560/17 – entschieden (die Unfallzeitung berichtete am 25.7.2017 darüber!). - HIER -
Quellen
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