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OLG Düsseldorf urteilt über Unfall mit Kehrmaschine im Einsatz
OLG Düsseldorf Urteil vom 4.4.2017 – I-1 U 125/16 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Hin und wieder kommt es auch zu Verkehrsunfällen mit Arbeitsmaschinen im Straßenverkehr, die mit gelben Blinklichtern ausgestattet sind. Häufig stellt sich dann die Frage nach der Haftung. So musste auch letztlich das Oberlandesgericht Düsseldorf als Berufungsinstanz über einen Unfall zwischen einer wendenden Kehrmaschine und einem überholenden Kraftfahrer entscheiden.
Am 13.1.2015 ereignete sich in M. bei Wuppertal ein Verkehrsunfall, an dem der Pkw des späteren Klägers und die Kehrmaschine der Gemeinde beteiligt waren. Der Mitarbeiter der Gemeinde M. war zur Unfallzeit mit dem Reinigungsfahrzeug auf der Straße D. unterwegs. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auf der Straße D. 30 km/h. Auf dem Dach des Reinigungsfahrzeugs waren die gelben Blinkleuchten eingeschaltet. Der spätere Kläger näherte sich von hinten der Kehrmaschine. Er beabsichtigte diese links zu überholen. Als er sich neben der Kehrmaschine befand, wurde die Kehrmaschine nach links gesteuert, damit sie auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite Reinigungsarbeiten durchführen konnte. Es kam zur Kollision der Fahrzeuge. Der Kläger beansprucht vollen Schadensersatz des ihm entstandenen Schadens. Das in erster Instanz zuständige Landgericht Wuppertal hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen sowie ein unfallanalytisches Gutachten eingeholt. Sodann hat es mit Urteil vom 30.6.2016 – 4 O 262/15 - nur zur Zahlung von 70 % des dem Kläger entstandenen Schadens verurteilt. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Die Berufung hatte Erfolg.

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Die beklagte Gemeinde ist uneingeschränkt zum Ausgleich der unfallbedingten Vermögenseinbußen des Klägers verpflichtet. Den Kläger trifft kein Mitverschulden, das das angefochtene Urteil mit 30 % bezifferte. Der Kläger muss sich auch nicht die Betriebsgefahr seines Pkw anrechnen lassen. Nach der Beweisaufnahme trifft den Fahrer des Straßenreinigungsfahrzeugs der Gemeinde M. das alleinige Verschulden an der Entstehung des Zusammenstoßes der Fahrzeuge bei dem misslungenen Wendemanöver. Der Unfall stellt sich zwar für den Kläger nicht als unabwendbares Ereignis dar. Der dem Fahrer der Kehrmaschine anzulastende Verursachungs- und Verschuldensbeitrag wiegt jedoch so schwer, dass demgegenüber die von dem klägerischen Pkw ausgehende Betriebsgefahr nicht mehr haftungsbegründend ins Gewicht fällt. Die maßgebliche Unfallursache ist in der erwiesenen und letztlich auch seitens der Beklagten nicht in Abrede gestellten Tatsache zu sehen, dass der Fahrer der Kehrmaschine die strengen Sorgfaltsanforderungen nicht beachtet hat, die er nach Maßgabe des § 9 V StVO als wendender Verkehrsteilnehmer einzuhalten hatte.

Nach der sachverständigen Unfallanalyse steht nach Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass der Kläger in dem Moment, als die Kehrmaschine nach links zog, keine Gelegenheit mehr zur Abwendung des Schadensereignisses hatte. Soweit das angefochtene Urteil meint, dass ein umsichtiger Fahrer gar nicht erst versucht hätte, die Kehrmaschine zu überholen, ist nicht stichhaltig. Insbesondere kann die Argumentation nicht dazu führen, dass dem Kläger ein Eigenanteil von 30 % angelastet wird. Irgendwelche Sonderrechte standen dem Führer der Kehrmaschine nicht zu. Das gelbe Blinklicht auf der Kehrmaschine räumt keine Sonderrechte ein. Vielmehr hätte der Fahrer der Kehrmaschine, mit der er bis kurz vor dem Unfall äußerst rechts gefahren war, vor dem Wenden sich so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. In der Regel trifft den Wendenden die alleinige Haftung, wenn es zum Unfall kommt. Bei der Kollision eines Wendenden mit einem im fließenden Verkehr befindlichen Verkehrsteilnehmer spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Wendenden (OLG Düsseldorf Urt. v. 27.10.2015 – I-1 U 46/15 -). Die gelben Blinklichter auf der Kehrmaschine können den Fahrer des Reinigungsfahrzeugs nicht entlasten. Gemäß § 38 III 1 StVO geht die Bedeutung des gelben Blinklichts nicht über die Warnung vor Gefahren hinaus. Es bleibt dabei, dass der Fahrer der Kehrmaschine den Unfall alleine schuldhaft verursacht hat.

Fazit und Praxishinweis: Die Bedeutung eines gelben Blinklichts auf einer Arbeitsmaschine geht über die Warnung vor Gefahren nicht hinaus. Bei einer Kehrmaschine bezieht sich die Warnung nur auf Gefahren, die von dem Reinigungsfahrzeug und dem durchzuführenden Reinigungsvorgang ausgehen. Das gelbe Blinklicht verleiht kein Vorrecht. Der Fahrer eines Reinigungsfahrzeugs, der von dem rechten Fahrbahnrand auf den linken wechseln will, um dort seine Reinigungsarbeiten fortzusetzen, muss zunächst den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigen und die hohen Sorgfaltspflichten des § 9 V StVO beim Wenden beachten. Eine unklare Verkehrslage im Sinne des § 5 III 1 StVO wird durch das gelbe Blinklicht auf der Arbeitsmaschine alleine nicht begründet. Wenn es beim Wenden einer Kehrmaschine zu einer Kollision mit einem gerade überholenden Kraftfahrzeug kommt, so spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den Wendenden.
Quellen
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