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Das Prognoserisiko trägt der Schädiger
AG Überlingen Urteil vom 3.2.2017 – 1 C 215/16 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Häufig versuchen einstandspflichtige Kfz-Versicherer auch nach durchgeführter Reparatur in einer Fachwerkstatt die dort berechneten Preise zu kürzen. Meist geht es um Verbringungskosten, Ersatzteilzuschläge, Kosten der Endreinigung usw. In dem vom Amtsgericht Überlingen zu entscheidenden Fall ging es um gekürzte 62,12 € aus der Reparaturkostenrechnung. Der Geschädigte gab sich mit der Schadensersatzkürzung durch den eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer nicht zufrieden und klagte den gekürzten Betrag bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Überlingen ein.
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall gab der Geschädigte bei einem anerkannten Kfz-Sachverständigen ein Kfz-Schadensgutachten in Auftrag. Aufgrund der Angaben im Schadensgutachten erteilte er der Fachwerkstatt den Reparaturauftrag. Nach Erhalt der Reparaturrechnung verlangte der Geschädigte von der in vollem Umfang haftenden Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers Ersatz der Reparaturkosten . Die einstandspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die Reparaturkosten um 62,12 €. Der Versicherer meinte, dass die in der Rechnung aufgeführten Verbringungskosten von 80,-- € überhöht seien und die Kosten für eine Probefahrt sowie die Kosten für das Auslesen des Fehlerspeichers nach erfolgter Reparatur gar nicht erstattungsfähig seien. Damit war der Geschädigte nicht einverstanden. Er klagte vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Überlingen den gekürzten Betrag ein. Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg.

Die zulässige Klage auf Zahlung restlichen Schadensersatzes ist auch begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der restlichen 62,12 €. Der vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzende Schaden richtet sich maßgeblich nach den tatsächlich angefallenen Reparaturkosten , wenn der Geschädigte seine Obliegenheit zur Schadensgeringhaltung berücksichtigt hat. Das hat er im zu entscheidenden Fall getan. Er hat für die Begutachtung des beschädigten Kraftfahrzeuges einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen beauftragt. Auf dessen Fachkunde durfte und konnte er vertrauen. Auf der Basis der F4eststellungen des Kfz-Sachverständigen hat er dann die Reparatur seines verunfallten Fahrzeugs bei einer Fachwerkstatt in Auftrag gegeben. Da der Schädiger das Prognoserisiko trägt, erstreckt sich die Ersatzpflicht des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherung auch auf etwaige Mehrkosten; die ohne Schuld des Geschädigten im Rahmen der Reparatur entstehen. Dies gilt auch für die durch die Reparatur entstandenen Verbringungskosten zum Lackierbetrieb und zurück. Auch die Kosten der Probefahrt nach durchgeführter Reparatur und das Auslesen des Fehlerspeichers waren erstattungspflichtig. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.

Fazit und Praxishinweis: Grundsätzlich sind die im Schadensgutachten festgestellten Kosten zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes vom Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung zu ersetzen. Wenn ein Geschädigter auf der Basis eines qualifizierten Schadensgutachtens einen Reparaturauftrag erteilt, kann er darauf vertrauen, dass die Reparatur entsprechend der Angaben durchgeführt wird. Etwaige Mehrkosten, die ohne Schuld des Geschädigten entstehen, gehen zu Lasten des Schädigers, denn dieser trägt das Prognoserisiko.
Quellen
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