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Am 2.2.2015 erlitt die Geschädigte einen wirtschaftlichen Totalschaden mit ihrem Fahrzeug. Dabei entstand ein Glasbruchschaden an der Frontscheibe und am Scheinwerfer. Für das beschädigte Kraftfahrzeug bestand eine Teilkaskoversicherung, die unter anderem auch Glasbruchschäden abdeckt. Die Klägerin holte einen Kostenvoranschlag ein, der mit 720,23 € abschloss. Die Kaskoversicherung zahlte allerdings nur 361,21 € und weigerte sich, die kalkulierten Arbeitskosten zu zahlen, da eine Reparatur bisher noch nicht durchgeführt sei. Die Geschädigte klagte vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Bochum den Differenzbetrag ein. Die Klage hatte Erfolg.
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat aus dem mit der Beklagten geschlossenen Teilkaskoversicherungsvertrag in Verbindung mit den zugrundeliegenden AKBs auf Grund des eingetretenen Schadens einen Anspruch auf Ersatz der an ihrem Fahrzeug entstandenen Glasbruchschäden. Der Anspruch ist dem Grunde nach unstreitig. Glasbruchschäden sind nach der Klausel A. 2.2.6 der AKB von der Teilkaskoversicherung abgedeckt. Die Parteien streiten lediglich darüber, ob nur der Materialwert zu ersetzen ist oder auch der für eine ordnungsgemäße Reparatur erforderliche Arbeitslohn, da die Klägerin ihr Fahrzeug bislang nicht hat reparieren lassen und ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung weiterer 359,02 € für den kalkulierten Arbeitslohn. Der Umfang der Entschädigungsleistung durch die Beklagte bestimmt sich nach der Klausel A. 2.6.2a der AKB. Die Entschädigungsregelungen und -obergrenzen gelten erkennbar für Voll- sowie Teilkaskoversicherungen. Das ergibt sich nach Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB aus der Systematik und dem Wortlaut der AKB. Eine Unterscheidung ist eindeutig nur bei den Klauseln A.2.2 und A.2.3 vorgenommen worden, nämlich bei den Regelungen, was dem Grunde nach in den verschiedenen Versicherungsvertragsarten ersetzt wird.

Bei der Höhe der Entschädigungsleistung, wenn eine Ersatzpflicht der Versicherung erst eingetreten ist, wird nach dem Wortlaut in der Klausel A.2.6 nicht zwischen Teil- oder Vollkasko unterschieden. Es wird auch nicht auf nur eine Vertragsart Bezug genommen. Denn ab der Klausel A.2.4 wird keine Unterscheidung mehr vorgenommen und wörtlich nur noch von der "Kaskoversicherung" im Allgemeinen gesprochen, sodass dies auch für die nachfolgende Klausel A.2.6 gelten muss. Nach der Klausel A.2.6.2a sind auch die veranschlagten Lohnkosten ersatzfähig. Denn diese werden von dem erforderlichen Wiederherstellungsaufwand umfasst.

Ein durchschnittlicher und wirtschaftlich verständig denkender Versicherungsnehmer wird die Einbaukosten als erforderlichen Teil der Reparaturkosten betrachten. Unter Klausel A.2.6.1a ist der Totalschaden geregelt. Dies gilt allerdings nur für einen technischen Totalschaden, da dieser mit einer Zerstörung des Fahrzeuges gleichsteht. Vorliegend handelt es sich jedoch unstreitig um einen wirtschaftlichen Totalschaden. Grundsätzlich ist ein wirtschaftlicher Totalschaden aber der Beschädigung gleichzustellen, da eine Reparatur, anders als bei einem technischen Totalschaden, tatsächlich noch möglich ist. Dass eine Reparatur des Fahrzeugs sich als unwirtschaftlich darstellt, kann nicht dazu führen, dass dieser Umstand einer Zerstörung gleichsteht.

Von einer Zerstörung kann nur ausgegangen werden, wenn die Beschädigungen des Fahrzeuges einen Grad erreicht haben, die die Wiederherstellung nicht nur unwirtschaftlich machen, sondern ausschließen (so auch OLG München, Urteil vom 25.6.1987 - 24 U 556/86 -; LG Osnabrück, Urteil vom 17.1.1996 - 1 S 40/95 -;Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 13 AKB Rdnr. 12). Soweit die Windschutzscheibe und der Scheinwerfer als Fahrzeugteile zerstört wurden, stellt dies an dem gesamten Fahrzeug nur eine Beschädigung dar. Der Begriff der Zerstörung von Fahrzeugteilen und des Wiederbeschaffungswertes von Fahrzeugteilen ist in den AKB nicht vorhanden. Ein wirtschaftlicher Totalschaden steht der Zerstörung nur im Hinblick auf die Obergrenze der Entschädigungsleistung gleich. Zudem steht es der Klägerin gegebenenfalls wegen des Integritätsinteresses frei, das Auto reparieren zu lassen, obwohl sich eine Reparatur als unwirtschaftlich erweisen würde. Ersetzt werden können dann lediglich die erforderlichen Reparaturkosten bis zur Grenze des Wiederbeschaffungsaufwandes. Darüber hinaus kann selbst bei zerstörten Fahrzeugen oder bei Vorliegen eines technischen Totalschadens der Versicherungsnehmer eine Reparatur durchführen lassen. Denn die Klausel A. 2.6.1a verweist für diese Fälle auf A. 2.6.2.

Bei reparaturfähigen Fahrzeugen steht es den Versicherungsnehmern nach A. 2.6.2a frei, ob sie das Auto tatsächlich reparieren lassen oder nur fiktiv auf Grundlage eines Kostenvoranschlages abrechnen. Die Grenze der ersatzfähigen Kosten ist bei der Klausel A. 2.6.1a für zerstörte Fahrzeuge die Gleiche wie in Klausel A. 2.6.2a für die fiktive Abrechnung bei beschädigten Fahrzeugen. Die im Kostenvoranschlag kalkulierten Lohnkosten sind überdies ortsüblich und angemessen. Denn es wurde eine individuelle Prognose darüber erstellt, welche Kosten bei einer Reparatur des Fahrzeugs der Klägerin anfallen werden

Fazit und Praxishinweis:
Auch in der Kaskoversicherung ist der Geschädigte grundsätzlich berechtigt, seinen Kaskoschaden auf Reparaturkostenbasis oder fiktiv an Hand eines Gutachtens oder Kostenvoranschlages abzurechnen. Insoweit gilt kein Unterschied zur Krafthaftpflichtversicherung. Allerdings sind bei der Kaskoversicherung Obergrenzen zu beachten. Rechnet der Geschädigte fiktiv ab, so zählen grundsätzlich auch die kalkulierten Lohnkosten zu dem zu ersetzenden Schaden.
Quellen
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