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Bei beschädigter Metallic-Lackierung sind Kosten der Beilackierung zu ersetzen
LG Aachen Urteil vom 24.10.2017 – 10 O 489/15 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Wird bei einem Verkehrsunfall ein metallic-lackiertes Kraftfahrzeug beschädigt, stellt sich die schadensersatzrechtlich bedeutende Frage, ob der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer auch die Kosten für die Beilackierung der angrenzenden Karosserieflächen mit ersetzen muss. Aus Sicht des das Schadensgutachten erstellenden Kfz-Sachverständigen sind die angrenzenden Flächen mit zu lackieren, damit auftretende Farbabweichungen vermieden werden können.

Die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer sind meist der Ansicht, die Beilackierung sei nicht erforderlich und übernehmen die Erstattung häufig nicht. Der Geschädigte ist dann gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. So musste auch das Landgericht Aachen über die Erstattung der Kosten der Beilackierung und der restlichen Reparaturkosten in einer markengebundenen Fachwerkstatt entscheiden. Insbesondere standen die Stundenverrechnungssätze und Kosten für den Austausch eines Lenkgetriebes im Streit.

Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ließ der Geschädigte ein Schadensgutachten erstellen. Der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige ermittelte in seinem Gutachten unter anderem auch Kosten für die Beilackierung an dem verunfallten metallic-lackierten Fahrzeug. Dieses Fahrzeug war bisher immer in einer Markenfachwerkstatt repariert und gewartet worden. Das das verunfallte Fahrzeug einen Stoß auf das rechte Vorderrad erhalten hatte und nach dem Messprotokoll die Achse verzogen war, nahm der Sachverständige aus Sicherheitsgründen den Austausch des Lenkgetriebes in das Gutachten auf. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung lehnte eine Erstattung der Kosten der Beilackierung sowie die Kosten für den Austausch des Lenkgetriebes ab und kürzte die Stundensätze auf das Niveau einer freien Werkstatt. Der Geschädigte klagte bei dem örtlich zuständigen Landgericht Aachen die gekürzten Beträge ein. Die Klage hatte Erfolg, nachdem das erkennende Gericht im Wege der Beweisaufnahme ein gerichtliches Gutachten eingeholt hatte.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der im vorgerichtlichen Schadensgutachten aufgeführten Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt und auf Erstattung der Kosten der Beilackierung und der Kosten für den Austausch d4es Lenkgetriebes. Das erkennende Gericht gelangt nach der Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass die vom Kläger unter Bezugnahme auf das vorgelegte vorgerichtliche Schadensgutachten geltend gemachten Schadenspositionen erstattungsfähig waren. Die beklagte Kfz-Versicherung war daher nicht berechtigt, den Schadensersatzanspruch des Klägers zu kürzen. Hierzu im Einzelnen:

a.) Kosten der Beilackierung: Der vom Gericht beauftragte Sachverständige legte für das erkennende Gericht nachvollziehbar dar, dass die von der beklagten Kfz-Versicherung nicht anerkannte Beilackierung der Fahrertür unfallbedingt erforderlich waren. Bei einer Metallic-Lackierung ist nach Angaben des gerichtlich bestellten Sachverständigen stets eine Beilackierung angrenzender Fahrzeugteile erforderlich und durchzuführen, damit sonst auftretende Farbabweichungen zu den unfallbetroffen4en Teilen vermieden werden. Es ist zwischen eine Unilackierung und einer Metallic-Lackierung zu unterscheiden. Aufgrund der Besonderheiten der Metallic-Lackierung ist eine Beilackierung der angrenzenden Fahrzeugteile zwingend erforderlich (vgl. dazu auch: LG Aachen Urt. v. 13.9.2017 – 8 O 451/16 -; AG Kassel Urt. v. 23.1.2014 – 423 C 1288/13 -).

b.) Kosten für den Austausch des Lenkgetriebes: Auch die im Schadensgutachten aufgeführten Austauschkosten für das Lenkgetriebe sind zu erstatten. Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat zur Überzeugung des erkennenden Gerichts dargelegt, dass auch diese Kosten von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung zu ersetzen sind, weil sie auf den Unfall zurückzuführen sind. Das verunfallte Kraftfahrzeug des Klägers hatte einen Stoß auf das rechte Vorderrad erhalten. Laut Messprotokoll war die Achse verzogen, weshalb nach den Vorgaben des Herstellers aus Sicherheitsgründen ein Austausch des Lenkgetriebes vorzunehmen war.

c.) Auch die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt waren zu ersetzen. Die von der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung vorgenommenen Kürzungen der kalkulierten Reparaturkosten waren unberechtigt. Zwar rechnet der Kläger auf der Grundlage des Schadensgutachtens ab. Aber auch bei fiktiver Schadensabrechnung sind die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu ersetzen, wenn das beschädigte Fahrzeug ständig in einer Markenfachwerkstatt gewartet und repariert wurde (vgl. BGH Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). So liegt der Fall hier. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher immer in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten lassen. Das Fahrzeug war demnach scheckheftgepflegt. In einem derartigen Fall ist es dem Geschädigten nicht zumutbar, sich auf Preise einer günstigeren freien Werkstatt verweisen zu lassen.

Fazit und Praxishinweis: Wird ein Kraftfahrzeug mit Metallic-Lackierung beschädigt, so ist stets eine Beilackierung der angrenzenden Fahrzeugteile erforderlich, um sonst auftretende Farbabweichungen zu vermeiden. Hat der vorgerichtliche Schadensgutachter festgestellt, dass die Achse verzogen ist, so ist aus Sicherheitsgründen regelmäßig ein Austausch des Lenkgetriebes vorzunehmen. Ist das beschädigte Kraftfahrzeug älter als drei Jahre, ist eine Verweisung des Geschädigten auf eine freie Fachwerkstatt mit günstigeren Stundensätzen für die Reparatur unzumutbar, wenn das verunfallte Fahrzeug stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde.
Quellen
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