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Nur direkter Weg zwischen Arbeitsstelle und Wohnung ist unfallversichert
Landessozialgericht Thüringen Urteil vom 8.1.2018 – L 1 U 900/17 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Grundsätzlich ist nur der direkte weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück unfallversichert. Das Thüringer Landessozialgericht in Erfurt hatte in zweiter Instanz nun darüber zu entscheiden, ob Unfallversicherungsschutz auch dann noch vorliegt, wenn auf der Rückfahrt von der Arbeitsstätte zur Wohnung, bei der die Regionalbahn benutzt wurde, der Aussteigebahnhof verpasst wurde und an dem nächsten Zughalt ausgestiegen wurde, um mit dem Gegenzug zurückzufahren und es dabei zu einem tödlichen Unfall kam. Das Landessozialgericht war der Ansicht, dass auf Umwegen kein Unfallversicherungsschutz besteht.
Im Jahr 2014 befand sich eine Arbeitnehmerin auf dem Heimweg von der Arbeitsstättezu ihrer Wohnung. Für den Heimweg benutzte sie wie üblich die Regionalbahn. Allerdings hatte sie den Ausstieg aus der Regionalbahn verpasst und musste daher mit dem Zug bis zum nächsten Haltepunkt weiterfahren. Dort wollte sie mit dem dort bereits wartenden Gegenzug zurückfahren. Sie lief zum Gegenzug über die Gleise und wurde von einer durchfahrenden Rangierlok erfasst und tödlich verletzt. Die Hinterbliebenen der Getöteten beanspruchten von der Berufsgenossenschaft Leistungen aus der Unfallversicherung, weil der tödliche Unfall sich auf dem Heimweg von der Arbeit ereignet hätte. Die Berufsgenossenschaft hatte den Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Die Hinterbliebenen klagten auf Anerkennung als Arbeitsunfall. Die Klage blieb sowohl in erster als auch in zweiter Instanz ohne Erfolg.

Die Berufung der Kläger gegen die abweisende Entscheidung des Sozialgerichts ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage auf Anerkennung des tödlichen Unfalls aus dem Jahr 2014 abgewiesen. Die gesetzliche Wegeunfallversicherung erfasst nämlich nur den direkten Weg des Arbeitnehmers von der Arbeitsstelle zur Wohnung. Auf Um- oder Abwegen besteht kein Unfallversicherungsschutz. Das gilt umso mehr, wenn verbotswidrig die Bahngleise überquert werden, obwohl Warnschilder das Überqueren der Gleise verbieten. Bewegt sich ein Versicherter in entgegengesetzter Richtung zur Heimfahrt von der Arbeitsstätte, wie die tödlich verletzte im zu entscheidenden Rechtsstreit, so befindet sie sich nicht mehr auf dem regulären Heimweg, sondern auf einem nicht versicherten Umweg.

Ein Arbeitnehmer ist in einem solchen Fall erst dann wieder versichert, wenn er sich zurück auf dem regulären Weg befindet. Dann lebt auch der Versicherungsschutz wieder auf. Das war bei der tödlich Verletzten allerdings nicht der Fall. Beim Überqueren der Bahngleise befand sie sich auf einem Abweg. Allerdings gibt es Ausnahmen. Beide Ausnahmen greifen hier allerdings auch nicht ein. Der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Abweichung vom regulären Weg zwischen Arbeits- und Wohnort verkehrsbedingt erfolgen muss, weil etwa eine Straße gesperrt ist und Umleitungen zu fahren sind. Eine weitere Ausnahme besteht, wenn der Umweg deshalb erfolgt, weil die Anfahrt des regulären Bahnhofs aufgrund bahntechnischer Probleme nicht möglich ist und ein Aussteigen erst am nächsten Bahnhof möglich ist. Diese Ausnahmen liegen nicht vor. Auf jeden Fall ist das verbotswidrige Überqueren der Gleise nicht mehr mit dem regulären Heimweg gedeckt.

Fazit und Praxishinweis: Die gesetzliche Wegeunfallversicherung erfasst nur den direkten Weg des Arbeitnehmers zwischen Wohn- und Arbeitsort. Um- und Abwege sind nicht mehr unfallversichert, es sei denn, diese sind verkehrsbedingt erforderlich, weil Straßen gesperrt oder Bahnhöfe nicht anzufahren sind. Auf gar keinen Fall ist das verbotene Überqueren von Bahnanlagen unfallversichert. Nicht umsonst waren Hinweisschilder vor dem Verbot des Überquerens der Gleise, wie es das obige Hinweiszeichen darstellt.
Quellen
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