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Bekanntlich hatte am 27.2.2018 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als höchstes deutsches Verwaltungsgericht in den Revisionsverfahren betreffend die Städte Stuttgart und Düsseldorf entschieden, dass grundsätzlich auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zulässig sind. Wenige Tage nach dem Urteilsspruch erklärte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet (CDU), dass er Dieselfahrverbote in Nordrhein-Westfalen für unverhältnismäßig halte und es deshalb in Nordrhein-Westfalen – und damit auch in Düsseldorf trotz des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts – kein Dieselfahrverbot geben würde.
Er würde die ihm weisungsgebundene Bezirksregierung Düsseldorf anweisen, kein Dieselfahrverbot zu verhängen. Diese Äußerung hat die Klägerin, die Deutsche Umwelthilfe, mit Recht aufgebracht. Sie will nunmehr die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreiben. Das ist auch das gute Recht der Klägerin. Nur wenn gerichtliche Urteile auch mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden können, haben sie ihren Sinn. Urteile, die nicht vollstreckt werden können, machen keinen Sinn.

Wie ist das Verhalten des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten zu bewerten?

Nachdem bereits das Verwaltungsgericht Düsseldorf in dem Verwaltungsrechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe gegen Düsseldorf entschieden hatte, dass zur Luftreinhaltung auf bestimmten Straßen – hier der Corneliusstraße in Düsseldorf – auch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zulässig sind, wurde seitens der beklagten Stadt Düsseldorf gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie die Unfallzeitung am 1.3.2018 berichtete, das Urteil des Verwaltungsgerichts bestätigt und grundsätzlich Dieselfahrverbote für zulässig erachtet. Da die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat ist, in dem die Gewaltenteilung herrscht, hat die ausführende Gewalt grundsätzlich die Entscheidungen der rechtsprechenden Gewalt zu beachten. Insoweit gelten grundsätzlich Urteile für und gegen jedermann, auch gegen juristische Personen und öffentlich-rechtliche Körperschaften, wie Städte und Gemeinden, aber auch Bundesländer. Es ist daher völlig unverständlich, wie ein Ministerpräsident eines Bundeslandes sich weigern kann, ein Urteil des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts anzuerkennen. Die Politik und die Kraftfahrzeughersteller haben immer wieder, auch noch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, betont, dass sie keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge haben wollen. Auf dieser Linie scheint der nordrhein-westfälische Ministerpräsident zu liegen. Aber das ist zu kurz gedacht. Die für die Grenzwertüberschreitungen Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Das sind in erster Linie der Bundesverkehrsminister und die Kraftfahrzeughersteller.

War es ein Fehler der Politik, gegenüber der Autoindustrie zu großzügig gewesen zu sein?

Die Politik hat viel zu lange weggeschaut, als es um betrügerisch eingebaute Softwares ging, die nur einen sauberen Wagen vorgaukelten, obwohl tatsächlich gesundheitsgefährdende Stickoxide aus dem Auspuff kamen. Die Abgasskandale der VW-Dieselfahrzeuge in den USA waren bereits bekannt. Es sickerte durch, dass auch in Europa manipulierte Dieselfahrzeuge auf den Markt kamen. Die Politik und insbesondere der Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) haben zu lange zugewartet, als bereits die Überschreitung der Stickoxidgrenzwerte in Stuttgart, München, Düsseldorf, Essen und Dortmund bekannt waren. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sterben jährlich rund 6.000 Menschen infolge zu hoher Stickoxidbelastungen. Nach den Angaben der Europäischen Union sind dies sogar rund 10.400 vorzeitige Todesfälle. Man kann daher von einem geradezu tödlichen Politikversagen reden, wenn die Politik vor derart hohen Todeszahlen die Augen verschließt. Diese Zahlen werden zwar von der Automobilindustrie relativiert, gleichwohl bleibt die Gesundheitsgefährdung bestehen, da tatsächlich die Grenzwerte auf bestimmten Straßen überschritten werden, was auch von der Automobilindustrie letztlich nicht bestritten wird. Die Politik hätte schon längst die erteilte allgemeine Betriebserlaubnis für die manipulierten Dieselfahrzeuge entziehen müssen. Das Kraftfahrtbundesamt hätte die Betriebserlaubnis für die manipulierten Dieselfahrzeuge entziehen und die entsprechenden Fahrzeuge stilllegen müssen, da die allgemeine Betriebserlaubnis nur aufgrund von vorgetäuschten geringeren Werten auf dem Prüfstand erteilt wurde. Damit ist die allgemeine Betriebserlaubnis erschlichen worden. Auch insoweit hat der Bundesminister für Verkehr versagt. Bei ihm und der gesamten Bundesregierung dürfen sich die rund zwölf Millionen Halter betroffener Dieselfahrzeuge bedanken, wenn ihre Fahrzeuge nunmehr gewisse Wertverluste erleiden. Umso wichtiger ist es nun für die neu gebildete Bundesregierung, die Automobilindustrie aus ihrer Verantwortung nicht entkommen zu lassen.

Die von den Automobilherstellern angekündigten Software-Updates sind lediglich billige Placebos. Notwendig ist eine rigorose Nachrüstung auf Kosten der Automobilhersteller nach dem Verursacherprinzip. Nur so lassen sich faktische Enteignungen verhindern. Das Geld für die Nachrüstungen ist bei den Automobilherstellern vorhanden. Das zeigen die jüngsten Zahlen des VW-Konzerns. Trotz des Dieselskandals konnte VW seinen Nettogewinn mehr als verdoppeln. Eine Hardware-Umrüstung ist auch technisch machbar. Das hat der ADAC bewiesen. Mit einer Hardware-Nachrüstung lässt sich daher bei annähernd sechs Millionen Fahrzeugen mit Euro-5-Motor eine drastische Reduzierung des Schadstoffausstoßes erreichen. Die Politik muss die Automobilhersteller nur zwingen, die Nachrüstung durchzuführen. Als Druckmittel dazu reicht es, anzudrohen, dass bei fehlender Nachrüstung entsprechende Fahrzeuge stillgelegt werden können. Die Unfallzeitung hatte bereits darüber berichtet, dass einzelne Städte, z.B. Bochum, Stilllegungen von nicht nachgerüsteten Dieselfahrzeugen durchgeführt haben. Der in Bochum betroffene Autobesitzer hat bereits erklärt, dass er keinen VW-Diesel mehr kaufen wird. Die Hersteller, die sich jetzt zügig mit Nachrüstungen beeilen, werden ihr Ansehen bei den potentiellen Kunden, aber auch bei den Altkunden, verbessern können, was sich bei den Verkaufszahlen widerspiegeln wird. Die Automobilindustrie hat es daher jetzt selbst in der Hand. Die Nachrüstverweigerung macht ihr ramponiertes Ansehen nicht besser. Da hilft es auch nicht, dass die Politik bisher in das gleiche Horn tutet. Zwar sind die Hardware-Nachrüstungen teurer als die Software-Updates. Aber dass es zu teureren Nachrüstungen kommen muss, hat sich die Automobilindustrie selbst zuzuschreiben. Wer mit Schummel-Softwares ein sauberes Kraftfahrzeug vorgaukelt, muss im Falle des Aufkippens für die Schäden eintreten. Denn immerhin wurden mit den Schummel-Softwares nicht nur die Käufer, sondern auch der Staat betrogen. Die Politik, und damit auch der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, ist gut beraten, sich nunmehr auf die Seite der gesundheitsgefährdeten Bürger zu stellen. Sollte aber diesbezüglich weiterhin eine Verweigerungshaltung eingenommen werden, ist eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts unumgänglich.

Müssen Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts kommen?

Beharrt die Politik, insbesondere die in Nordrhein-Westfalen darauf, dass es in diesem Bundesland keine Dieselfahrverbote geben wird, so wird nicht nur das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, mit dem auch für Düsseldorf grundsätzlich Fahrverbote für Dieselfahrzeuge für zulässig erachtet wurden, ignoriert, was eindeutig ein verfassungsrechtlicher Verstoß gegen die Beachtung der Gewaltenteilung ist, sondern auch ein Rechtsbruch begangen. Bekanntlich hatte das durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen bestätigte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf die Bezirksregierung verpflichtet, schnellst möglichst für die Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte zu sorgen. Dafür sind auch die Anordnungen von Fahrverboten für bestimmte Dieselfahrzeuge erlaubt. Das wurde auch von dem Bundesverwaltungsgericht so bestätigt. Damit der Urteilsspruch auch durchgesetzt werden kann, ist die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil notwendig. Dass Zwangsmaßnahmen zulässig sind, ist in Bayern zu erkennen. In Bayern hatte die Deutsche Umwelthilfe im Streit um Dieselfahrverbote ein Zwangsgeld von 25.000,-- € und sogar Zwangshaft gegen die bayerische Umweltministerin Scharf (CDU) beantragt. Das örtlich zuständige Verwaltungsgericht München verhängte Ende Januar 2018 dann ein Zwangsgeld von 4.000,-- €. Zur Begründung des verhängten Zwangsgeldes führte das Verwaltungsgericht München aus, dass das Zwangsgeld als Zwangsmaßnahme erforderlich war, weil der Freistaat Bayern entgegen der gerichtlichen Verpflichtung kein Dieselfahrverbot in München plane. Soweit sollte es in Düsseldorf nicht kommen. Die dortige Regierung sollte sich an dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts orientieren und jetzt die Bezirksregierung in Düsseldorf anweisen, den Luftreinhalteplan aufzustellen und zu verabschieden, sowie zu regeln, wie das – zulässige – Dieselfahrverbot kontrolliert werden kann. Dass dafür eventuell besondere Kennzeichnungen der betreffenden Kraftfahrzeuge notwendig sind, dürfte auf der Hand liegen. Insoweit ist der Bundesgesetzgeber aufgerufen, eine bundeseinheitliche Regelung zu treffen, um einen Flickenteppich einzelner landesrechtlicher Regelungen zu vermeiden.

Die Gesundheit der Bevölkerung muss eindeutig im Vordergrund stehen.

Dass in rund 70 Städten in der Bundesrepublik Deutschland an verschiedenen Kontrollpunkten die Grenzwerte für Stickstoffoxide überschritten werden, steht außer Streit. Die vorliegenden Messwerte sprechen eine deutliche Sprache. Dass überhöhte Stickstoffoxidwerte auch gesundheitsgefährdend sind, dürfte auch unstreitig sein. Das ist auch der Automobilindustrie bekannt gewesen. Nicht umsonst wurden mit Schummel-Softwares den Autokäufern saubere Kraftfahrzeuge vorgegaukelt. Auf die durch Stickstoffoxide getöteten Bürger hatte die Unfallzeitung bereits in dem Beitrag vom 1.3.2018 hingewiesen. Es ist daher dringend erforderlich, dass die Stickoxidwerte bei bestimmten Dieselfahrzeugen schnellst möglichst gesenkt werden und die Luft in bestimmten Straßen in den betreffenden 70 Städten sauberer wird. Daher ist eine sofortige Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in den betroffenen Städten Düsseldorf und Stuttgart dringend erforderlich. Aber auch in den anderen Städten sind die gesundheitsgefährdenden Dieselfahrzeuge sofort auszusperren, wobei Ausnahmeregelungen auch vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumt wurden. Wenn es nicht anders geht, weil sich Politik und Automobilhersteller beharrlich weigern, für saubere Umwelt zu sorgen, müssen auch weiterhin Klagen zur Aufstellung von Luftreinhalteplänen bei den zuständigen Verwaltungsgerichten erhoben werden und entsprechende Verpflichtungsurteile ergehen. Der Städte- und Gemeindetag als Dachverband der Kommunen könnte auf die Länder einwirken, dass es nicht zu entsprechenden Verpflichtungsurteilen kommen muss, für die letztlich wieder die Bürger die Gerichts- und Anwaltskosten zu tragen haben. Sollte es dann auch immer noch nicht zu entsprechenden Luftreinhalteplänen kommen, müssen eben Zwangsmaßnahmen ergriffen werden. Urteile müssen eben auch vollstreckt werden können, wenn der Schuldner zu der ausgeurteilten Verpflichtung freiwillig nicht bereit ist.
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