
BGH entscheidet zu Unfall auf einem nicht von Schnee geräumten Gehweg in MünchenBGH – VIII. Zivilsenat – Urteil vom 21.2.2018 – VIII ZR 255/16 –
Die Revision ist unbegründet. Ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, ist regelmäßig nicht verpflichtet, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehweges zu räumen und zu streuen. Zwar ist ein Vermieter aus dem Mietvertrag, in dessen Schutzbereich auch der Kläger als damaliger Lebensgefährte der Mieterin mit einbezogen war, verpflichtet, dem Mieter und dessen Besuch während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zu dem Anwesen zu gewähren, § 535 I BGB. Dazu gehört es grundsätzlich auch, dass die Wege auf dem Grundstück von Hauseingang bis zum öffentlichen Gehweg gestreut und geräumt werden, damit kein Mieter oder dessen Besuch zu Fall kommt. Das ergibt sich auch aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 I BGB. In dem Streitfall ist der Kläger allerdings nicht auf dem Grundstück der Beklagten, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter seinen Mietern gegenüber obliegende, sich aus dem Mietvertrag ergebende, Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich regelmäßig nur auf den Bereich des Grundstücks. Entsprechendes gilt für die allgemeine, sich aus dem Deliktsrecht ergebende, Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers. Eine derartige Verkehrssicherungspflicht auf dem öffentlichen Gehweg besteht grundsätzlich nur dann, wenn die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde auf den Anlieger, bzw. Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, übertragen worden ist. Im Streitfall lag die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen der Beklagten aber eindeutig bei der Stadt München als Streitverkündete dieses Rechtsstreits. Eine Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht über das Grundstück des Vermieters hinaus kommt nur ausnahmsweise bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände in Betracht, die hier allerdings nicht vorliegen. Das OLG München als Berufungsgericht hat daher mit Recht als dem Kläger zumutbar angesehen, dass er mit der gebotenen Sorgfalt und vorsichtig den schmalen nicht geräumten Streifen auf dem öffentlichen Gehweg überquert, um dann auf den von der Stadt München geräumten Streifen zu gelangen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Fazit und Praxishinweis: In diesem konkreten Schadensfall hat der für Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH die der Stadt als Eigentümerin des öffentlichen Gehwegs obliegende Verkehrssicherungspflicht räumlich genau gegen die dem anliegenden Eigentümer obliegende Verkehrssicherungspflicht abgegrenzt. An der Grundstücksgrenze des Anwesens des Anliegers endet grundsätzlich die Verkehrssicherungspflicht des an den öffentlichen Gehweg unmittelbar angrenzenden Eigentümers. In dem konkreten Fall war es so, dass die Stadt München die Schneeräum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg besaß. In verschiedenen Ortssatzungen bürdet die entsprechende Gemeinde allerdings die Räum- und Streupflicht auf dem öffentlichen Bürgersteig dem unmittelbar angrenzenden Anlieger auf. Dann muss der Anlieger auch den Gehweg vor seinem Eigentum im Winter bei Schneefall oder Glatteis streuen und räumen.