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In alten KB-Ausgaben geblättert – 1898 produzierte Opel seine erste Motorkutsche
1862 als Nähmaschinenfabrik gegründet, stellte Opel vor 120 Jahren seinen ersten Wagen her

RobGal

„Die Automobilproduktion wurde gegen den Willen unseres Großvaters aufgenommen“, hatte Enkel Georg 1962 bei der 100-Jahr-Feier des Unternehmens gesagt. Der Großvater war Adam Opel, geboren 1837, von Beruf Schlosser und später Nähmaschinenfabrikant in Rüsselsheim. Der war auf die „Stinkkutschen“ gar nicht gut zu sprechen. Er meinte, dass aus ihnen nie mehr werde als ein Spielzeug für Millionäre, „die nicht wissen, wie sie ihr Geld wegwerfen sollen“ – damit hatte er nichts im Sinn, wie der kraftfahrt-berichter im Frühjahr 1968 beim Rückblick auf das erste Opel-Auto von 1898 bemerkte.
Adam Opel starb bereits 1895, und drei Jahre später (1898) kamen seine fünf Söhne wegen eines Überangebots an Nähmaschinen auf dem Markt in finanzielle Schwierigkeiten. Etwas Neues musste her. Sie kannten die Motorkutschen von Daimler und Benz und hatten in Paris die Motorwagen der französischen Hersteller gesehen: des Automobilpioniers Panhard & Levassor (1965 von Citroën übernommen), von Peugeot und der damals überaus erfolgreichen Marke De Dion-Bouton. Die Idee, selbst „Motorwagen“ zu bauen, ließ die Opel-Brüder danach nicht mehr los. Die Entscheidung fiel im Opel-Krisenjahr 1897 bei der ersten deutschen Autoausstellung in Berlin. Bei dieser Motorwagenpräsentation waren nur vier Hersteller vertreten: Carl Benz, Gottlieb Daimler, der Elektroautobauer Kühlstein und der Großherzoglich Anhaltinische Hofwagenfabrikant Lutzmann aus Dessau.

Mit Lutzmann kamen die Brüder Wilhelm und Fritz Opel ins Gespräch und dann zum Vertragsabschluss: Die Opels übernahmen das Dessauer Unternehmen und stellten Lutzmann als Direktor ein. Doch ihre Enttäuschung über den Zustand der „Hofwagenfabrik“ war groß. Sie entpuppte sich als bescheidene Werkstatt, die in ihren Ausmaßen sogar Opels erste Schlosserei in einem ausgedienten Kuhstall unterbot. Beim Umzug nach Rüsselsheim verlädt Lutzmann auch seinen Hofwagen und fährt damit zum Schrecken der Rüsselsheimer Bevölkerung die paar Meter vom Bahnhof zur Opel-Fabrik. Dort bleibt das knatternde und stinkende Ungetüm stehen und ist nicht mehr in Gang zu bringen. Monate später, wir schreiben immer noch das Jahr 1898, konnte der erste Opel-Lutzmann zur Probefahrt starten. Sie endete aber bereits nach dreihundert Metern im schwarzen Qualm: „Der Motor hatte sein Leben ausgehaucht“, schrieb der kb (kraftfahrt-berichter).

Die Opel-Brüder hatten von Lutzmann bald genug. Sie entließen ihn mit einer Abfindung, überarbeiteten und verbesserten den „Patentmotorwagen“ und bauten ihn nach gründlichem Studium aller Einzelteile fortan selbst. Als Markenzeichen hatten sie eine dunkelrote runde Plakette gewählt. Das erste Emblem trug ringsum den Text „Motorwagenfabrik – Rüsselsheim“ mit dem Schriftzug „Opel“ in der Mitte. Der berühmte Blitz wurde erst 1963 eingeführt.

Der wassergekühlte Einzylindermotor im Heck des Motorwagens leistete 4 PS, angeworfen wurde er mit dem Schwungrad. Der erste Opel besaß eine Lenkradschaltung sowie zwei Vorwärts- und einen Rückwärtsgang. In der Ebene erreichte er eine Geschwindigkeit von 18 bis 20 km/h, mit dieser Leistung konnte er den nahegelegenen Taunus erklettern. Der Wagen kostete mit Vollgummireifen 4.000 Mark, mit luftgekühlter Pneumatik 4.300 Mark. Zum Vergleich: Der damalige Reichskanzler erhielt im Monat 4.000 Mark, ein Hamburger Hafenarbeiter aber verdiente durchschnittlich nur 61 Mark und hätte fünfeinhalb Jahre schuften müssen, um sich das Gefährt anschaffen zu können.
Im gleichen Jahr 1898, in dem der erste Wagen das Rüsselsheimer Werk verließ, widmeten sich die Opel-Brüder mit dem „Motorwagen System Lutzmann“ auch dem Rennsport. Der frisierte Opel-Rennwagen schaffte im ersten deutschen Bergrennen den Königsstuhl bei Heidelberg mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h. In der Ebene erreichte der Renner sogar 45 km/h, berichtete die Opelchronik 1968 voller Stolz.

Aufstieg, Höhepunkte und Probleme, wieder in die Gewinnzone zu gelangen

Die Fabrikate aus Rüsselsheim konnten aber mit den technisch weiter entwickelten Konkurrenten aus Frankreich nicht mithalten, daher musste die Produktion zwischenzeitlich eingestellt werden. 1902 ermöglichte die kurzzeitige Zusammenarbeit mit dem französischen Automobilhersteller Darracq, der später zur Gründung von Alfa Romeo in Italien beitragen sollte, zur Wiederaufnahme der Autoproduktion.

Opel setzte die Autoproduktion auch während des Ersten Weltkriegs fort und führte vergleichs-weise früh, nämlich 1924, die Fließbandproduktion ein und machte die Autos damit für breitere Schichten erschwinglich. Im März 1929 übernahm der US-amerikanische Autokonzern General Motors (GM) den deutschen Autobauer, was auch während der Nazi-Zeit so blieb: Man arrangier-te sich mit den neuen Machthabern und führte die Autofabrikation in Rüsselsheim fort, auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

In den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts war Opel mit den erfolgreichen Modellen Kadett, Ascona, Rekord und der KAD-Oberklassereihe (Kapitän, Admiral, Diplomat) zwischen-zeitlich sogar Marktführer in Deutschland. In den 80er Jahren führte eine strikt durchgesetzte Sparpolitik zu Qualitätsmängeln, in der Folge kam es zu Imageproblemen und sinkendem Absatz. Nach anhaltenden Problemen, Opel wieder in die Gewinnzone zu führen, noch verschärft durch die Finanzkrise 2008, verkaufte GM im August 2017 Opel an die französische PSA-Gruppe (Peugeot-Citroën).

Heute unterhält Opel neben dem Hauptwerk in Rüsselsheim Produktionsstätten an acht europäischen Standorten und beschäftigt 35.600 Mitarbeiter, davon in Deutschland über 19.000. Die Produktpalette reicht vom Kleinstwagen über SUV bis zum mittelgroßen Transporter. Der Mittelklässler Insignia ist derzeit das Flaggschiff der Marke mit dem Blitz im Logo.
Quellen
    • Foto: © mojolo - Fotolia.com | Text: Beate M. Glaser (kraftfahrt-berichter)