Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Im Schadensersatzprozess bemessen sich Sachverständigenkosten nach Bandbreiten der VKS-BVK-Honorartabelle
AG Neubrandenburg Urteil vom 21.3.2018 – 104 C 143/17 –

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Gerade bei den Kosten des vom Geschädigten nach einem Verkehrsunfall eingeschalteten Sachverständigen gibt es mit den eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherern immer wieder Streit um die Höhe der auszugleichenden Beträge. Immer wieder müssen unschuldig geschädigte Kfz-Eigentümer die von den Kfz-Haftpflichtversicherern vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten einklagen, wollen sie nicht auf einem eigenen Schaden sitzen bleiben. So war es auch bei dem Sachverhalt, der dem Urteil des AG Neubrandenburg vom 21.3.2018 zugrunde lag. Das angerufene Gericht hat bei der Bemessung der Sachverständigenkosten die Honorarumfrage des VKS-BVK zugrunde gelegt.
Im August 2016 verursachte der Fahrer des bei der HUK 24 AG versicherten Kraftfahrzeugs einen Verkehrsunfall, bei dem das Kraftfahrzeug des späteren Klägers beschädigt wurde. Der Geschädigte zog zur beweissichernden Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen hinzu. Auf die Rechnung des Sachverständigen vom 17.8.2016 zahlte die eintrittspflichtige HUK 24 AG nur einen um 106,85 € gekürzten Betrag. Mit dieser Schadensabrechnung konnte und wollte sich der Geschädigte nicht zufriedengeben. Er klagte den gekürzten Schadensbetrag bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Neubrandenburg gegen die HUK 24 AG und deren Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner ein. Die Klage hatte Erfolg.

Die Klage auf Restschadensersatz ist zulässig und begründet. Die Beklagten waren als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 106,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.09.2016 zu zahlen. Die Beklagten haben nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 VVG die für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten und auch die angefallenen Gutachterkosten zu ersetzen. Das Gericht sieht als übliche Vergütung und nach richterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO entsprechend der BVSK-Honorarbefragung 2015 in der Fassung von 2016 und den Grundsätzen der aktuellen BGH-Rechtsprechung die in der Rechnung des vom Geschädigten hinzugezogenen Sachverständigen vom 17.08.2016 aufgeführten Positionen insgesamt als erstattungsfähig an. Es gelten vorliegend die Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Preis und Leistung, welches der Kläger bei Auftragserteilung oder selbst bei Rechnungszugang hätte erkennen können, lag weder bei dem ihm in Rechnung gestellten Grundhonorar, noch bei den Nebenkosten vor. Diese liegen vielmehr in den Nebenkosten-Korridoren der VKS-BVK Honorarumfrage 2015 in der Fassung von 2016. Die Einwendungen der Beklagten waren daher unerheblich. Nach der erfolgten vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten waren somit auch die verbleibenden und mit der Klage geltend gemachten Sachverständigenkosten zuzusprechen.

Fazit und Praxishinweis: Zurecht hat das erkennende Gericht die Kosten des vom Geschädigten zur beweissichernden Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe eingeschalteten Kfz-Sachverständigen als erstattungsfähigen Schaden, der unmittelbar mit dem Unfallschaden zusammenhängt, angesehen. Der dem Geschädigten entstandene Gesamtschaden ist grundsätzlich vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer bei voller Haftung auch in vollem Umfang zu ersetzen. Bei voller Haftung ist auch voller Schadensersatz zu erbringen. Sollte es wegen der Höhe der Sachverständigenkosten zum Streit kommen, so ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers ist (vgl. OLG Naumburg DS 2006, 283ff.). Sollte das erkennende Gericht gleichwohl eine Preiskontrolle durchführen, die ihm im Schadensersatzprozess grundsätzlich untersagt ist (vgl. BGH DS 2007, 144 ff Rn. 13 m. Anm. Wortmann), so können die berechneten Kosten des Sachverständigen an den Bandbreiten der VKS-BVK-Honorartabelle gemessen werden.
Quellen
    • Foto: © Gerhard Seybert - Fotolia.com