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Die Unfallzeitung hatte bereits mehrfach über die Dieselfahrverbote in deutschen Städten berichtet. Bekanntlich hatte das Bundesverwaltungsgericht im Sprungrevisionsverfahren gegen die Städte Stuttgart und Düsseldorf die Ansichten der jeweiligen Verwaltungsgerichte bestätigt, wonach in beiden Städten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zulässig sind. Auch das Verwaltungsgericht Aachen hatte der Stadt Aachen auferlegt, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu erlassen, allerdings ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen noch nicht rechtskräftig.
Rechtskräftig ist aber das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde. Insoweit ist die Stadt Düsseldorf, aber auch die Stadt Stuttgart, verpflichtet, Fahrverbote auf bestimmten Straßen zu verhängen, wenn in kürzerer Zeit keine andere Möglichkeit besteht, die Grenzwerte für Stockoxide zu unterschreiten. Die Stadt Aachen hatte in dem gegen sie gerichteten Verwaltungsrechtsstreit erklärt, dass vor 2025 keine Besserung erfolgen wird. Daher erwägt die Stadtverwaltung Aachen, ab 2019 die gerichtlich angeordneten Fahrverbote zu verhängen. Der Stadtstaat Hamburg hat bereits – ohne Gerichtsurteil – zwei Straßen für unsaubere Dieselfahrzeuge gesperrt. Die Stadtverwaltung in Düsseldorf hat trotz der rechtskräftigen Entscheidung bisher keine sichtbaren Anstalten vorgenommen, um das gerichtlich ausgesprochene Dieselfahrverbot für die Corneliusstraße umzusetzen. Die Unfallzeitung hatte bereits am 15.3.2018 gefragt, ob das gerichtlich angeordnete Fahrverbot mit Zwangsmaßnahmen vollstreckt werden muss. Nachdem der Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, aber auch der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, nichts von einem Dieselfahrverbot halten, droht nunmehr die zwangsweise Durchsetzung des Düsseldorfer Urteils.

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer Rechtsstaat. So sieht es Art. 20 GG vor. Die Staatsgewalt wird durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt, Art. 20 Abs. 2 GG. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden, Art. 20 Abs. 3 GG. Das bedeutet, dass in der Bundesrepublik das Prinzip der Gewaltenteilung gilt. Die vollziehende Gewalt, also die Verwaltungen, sind an Recht und Gesetz und die Rechtsprechung gebunden. Denn aus Recht und Gesetz, wie es in Art. 20 Abs. 3 GG heißt, sind die verurteilten Verwaltungen verpflichtet, den Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nachzukommen. Das gilt aber nicht nur für die vollziehende Gewalt, sondern gegenüber Jedermann. Auch der verurteilte Bürger ist verpflichtet, einem Gerichtsurteil Folge zu leisten. Sollte er dem nicht nachkommen, kann das Urteil durch gerichtlichen Zwangsmaßnahmen vollstreckt werden. So kann der Gläubiger eines rechtskräftig festgestellten Zahlungsurteils den Gerichtsvollzieher beauftragen, die gerichtlich festgestellte Geldsumme bei dem rechtskräftig verurteilten Schuldner beizutreiben. Aber nicht nur Privatpersonen, sondern auch juristische Personen unterliegen der Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen. Auch die vollziehende Gewalt, z.B. Stadtverwaltungen, sind an Recht und Gesetz gebunden. Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung kann auch gegen sie das Urteil vollstreckt werden.

In der Regel sind hier Zwangsmaßnahmen, wie Zwangsgelder oder Zwangshaft, angezeigt. Sobald eine gerichtliche Entscheidung rechtskräftig ein Tun, Dulden oder Unterlassen anordnet, kann der Gläubiger vom Gericht die Erteilung einer Vollstreckungsklausel beantragen. Mit dieser Vollstreckungsklausel, die dem Gläubiger die Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt, kann die Zwangsvollstreckung aus der gerichtlichen Entscheidung betrieben werden. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf betreffend das Fahrverbot auf der Corneliusstraße rechtskräftig. Mit der Rechtskraft konnte die Vollstreckungsklausel beantragt werden. Nach Angaben der Klägerseite ist diese Vollstreckungsklausel erteilt. Es bedarf noch der Zustellung des vollstreckbaren Urteils. Es ist davon auszugehen, dass die beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Entscheidung zwischenzeitlich, immerhin sind in der Zwischenzeit mehr als drei Monate vergangen, der Stadt Düsseldorf zugestellt worden ist. Damit sind dann alle Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung des Fahrverbotes geschaffen. Unverständlich ist, dass die Stadt Düsseldorf dem nicht nachkommt und es offenbar auf eine Zwangsmaßnahme gegen sie ankommen lässt. Hamburg hat es vorgemacht, dass es auch freiwillig gehen kann.


Die Deutsche Umwelthilfe als Klägerin in diesem verfahren wirft der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und dem Ministerpräsidenten Laschet (CDU) vor, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu ignorieren. Die Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatten in den beiden Sprungrevisionsverfahren gegen die Städte Stuttgart und Düsseldorf beispielhaft dargestellt, dass kommunale Dieselfahrverbote verhängt werden können. Zur Reinhaltung der Luft sind sie von den betreffenden Städten durchaus als mögliche Lösungen ins Auge zu fassen. Armin Laschet (CDU) hatte als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen erklärt, dass die vom Gericht ausgesprochenen Dieselfahrverbote unverhältnismäßig und rechtswidrig seien. Diese Ansicht habe er als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen auch den nachgeordneten Bezirksregierungen in Köln, Düsseldorf, Arnsberg, Münster und Detmold mitgeteilt. Diese Ansicht eines Ministerpräsidenten ist jedoch rechtsstaatswidrig, da sie gegen die Gewaltenteilung verstößt. Wie bereits oben ausgeführt, kontrolliert die Rechtsprechung die vollziehende Gewalt.

Wenn also das höchste deutsche Verwaltungsgericht die in den Verfahren gegen die Städte Stuttgart und Düsseldorf ergangenen Urteile bezüglich der ausgeurteilten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge bestätigt, so sind die verurteilten Verwaltungen gehalten, die Urteile umzusetzen. Da nach Angaben des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums die Stickoxid-Grenzwerte erst etwa 2020 oder sogar noch später eingehalten werden können, sei das Umweltministerium beauftragt, bis zum 1.1.2019 neue Luftreinhaltepläne aufzustellen. Damit wird offenbar auf Zeit gespielt. Seit Ende Februar ist das Düsseldorfer Urteil rechtskräftig und jetzt nach vier Monaten werden erst neue Luftreinhaltepläne aufgestellt, wobei das Umweltministerium bis Anfang 2019 Zeit habe. Das ist entschieden zu lang. Die betreffenden Anlieger und Bürger einer Stadt haben ein Recht auf saubere Luft. Das grundgesetzlich verbriefte Recht ist höherrangig als irgendwelche wirtschaftlichen Interessen der Automobilindustrie, die zugegebener Weise zwar ein großer Arbeitgeber ist, aber Vorrang muss die Gesunderhaltung der Bevölkerung haben. Auf die Einhaltung der verfassungsmäßigen Rechte hat Herr Laschet bei seiner Vereidigung als Ministerpräsident einen Eid abgelegt. Auch er ist als Ministerpräsident an Recht und Gesetz gebunden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts bindet daher die Stadt Düsseldorf. Sie hat jetzt dafür zu sorgen, dass die Luft an der Messstelle an der Corneliusstraße sauberer wird und unter den Grenzwert sinkt. Das ist im konkreten Straßenbereich nur dadurch zu erreichen, dass unsaubere Dieselfahrzeuge, wie in Hamburg, ausgesperrt werden.

Sollte die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen dem unrühmlichen Beispiel von München folgen, so ist auch in Düsseldorf die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Die Staatsregierung in Bayern hat es – verfassungswidrig – verweigert, dass Dieselfahrverbote umgesetzt werden. Sie hat lieber die Zwangsvollstreckung gegen sich betreiben lassen. Das erkennende Verwaltungsgericht hatte auf den Zwangsvollstreckungsantrag der Klägerin ein Zwangsgeld gegen den Freistaat Bayern verhängt. Besser wäre es gewesen, wenn das Gericht Zwangshaft angeordnet hätte, damit den rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen Nachdruck verliehen werden kann. In Nordrhein-Westfalen ist der Klägerin daher – im Sinne einer saubereren Luft – anzuraten, auch im Falle Düsseldorf die Zwangsvollstreckung zu betreiben und zu beantragen, Zwangshaft anzuordnen. Damit endlich das gerichtlich ausgesprochene Dieselfahrverbot durchgesetzt wird, erscheint die Zwangshaft auch verhältnismäßig. Der Verfassungsgrundsatz der Gewaltenteilung gilt auch für die nordrhein-westfälische Landesregierung und ihren Ministerpräsidenten.

Es ist allerdings zu befürchten, dass es bei den Dieselfahrverboten zu einer never ending story kommen wird. Die Unfallzeitung wird noch manchen Bericht über die Dieselfahrverbote, die unweigerlich kommen müssen, veröffentlichen müssen. Immerhin sind bundesweit rund 70n Städte betroffen und in Nordrhein-Westfalen etliche Großstädte und alle Städte im Ruhrgebiet. Nachdem der Himmel über der Ruhr bereits sauberer geworden ist, ist es jetzt an der Zeit, dass auch die Luft an den Hauptverkehrsstraßen in den großen Städten und Ballungsräumen sauberer werden.
Quellen
    • Foto: VRD