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US-Zölle auf Autos: Die Kritik an US-Präsident Trump wächst
US-Politiker befürchtet Verlust von Arbeitsplätzen und volkswirtschaftliche Schäden - General Motors warnt von Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit

RobGal

Frei von rechtlichen Erwägungen und diplomatischen Bedenken, losgelöst von der Reflexion ökonomischer Zusammenhänge, auch nicht eingedenk politischer Folgen hat US-Präsident Donald Trump – per Twitter – angekündigt, den Import von Autos und Autoteilen mit Zöllen von mindestens zwanzig Prozent zu belegen.
Die Europäische Union habe die USA lange genug ausgenutzt, lautete Twitter-typisch die kurze Begründung. Damit würde auf den bereits eskalierenden Handelsstreit mit China sowie im Stahlkonflikt mit der EU eine ähnlich brisante Kontroverse mit der europäischen Automobilbranche folgen.

Trump wendet sich gegen die Zölle, welche die EU auf Fahrzeuge aus US-amerikanischer Produktion erhebt. Pkw und leichte Lkw werden bislang mit Zollaufschlägen von zehn bis 14 Prozent belegt, während die Vereinigten Staaten 2,5 Prozent für Pkw und 25 Prozent für Pickups und leichte Transporter in Rechnung stellen. Wenige Tage vor der konkreten Ankündigung hatte sich Trump mit den Worten zitieren lassen: „Es ist furchtbar, was sie uns antun. Sie senden ihre Mercedes hierher, wir können unsere Autos nicht hinschicken.“ Das Handelsdefizit der USA gegenüber der EU betrage 151 Milliarden Dollar.

US-Handelsminister Wilbur Ross wurde daher beauftragt, in einem eigens dazu eingeleiteten Verfahren die angestrebten Schutzzölle, die auch als „Strafzölle“ bezeichnet werden könnten, zu begründen. Bis Anfang August soll dieser Prozess mit einem Prüfbericht abgeschlossen sein. Die juristische Basis bildet ein Gesetz aus dem Jahr 1962, das dem Präsidenten erlaubt, die heimische Industrie zu schützen, sofern die nationale Sicherheit durch Importkonkurrenz empfindlich bedroht ist. Ein hartes Kriterium, das bei einem solchen Prüfverfahren belastbar geprüft werden muss.

Ein Bumerang für die US-Autohersteller?
Mittlerweile haben viele Unternehmen verschiedener Länder, zudem Lobbyorganisationen und Privatpersonen kritische Stellungnahmen an das US-Handelsministerium gesendet. Selbst aus der heimischen Wirtschaft kommen ablehnende Stimmen. So erklärte der größte Autobauer des Landes, General Motors (GM), dass die vorgesehenen Zölle die eigene Wettbewerbsfähigkeit unterliefen, weil sie die Kosten für die Beschaffung von Autoteilen aus der ganzen Welt nach oben treiben würden. GM sei dann nicht mehr in der Lage, mit Autoherstellern aus Niedriglohnländern zu konkurrieren. Es drohten die Schrumpfung des Konzerns und der Verlust von Arbeitsplätzen in den USA, machte GM klar. Außerdem befürchtet man in der Konzernzentrale in Detroit, dass andere Länder mit Vergeltungsmaßnahmen antworten könnten, die dem Autohersteller schaden würden.

Widerspruch kommt selbst aus Trumps eigener Partei, den Republikanern. Einige ihrer Senatoren äußerten sich ablehnend zu Trumps Plänen. Ausgesprochen heftig trat die Gouverneurin von Alabama, Kay Ellen Ivey, gegen die Zölle auf. Diese schadeten den ansässigen Unternehmen, die Tausende Bürger aus Alabama beschäftigten und mit Milliarden Dollar Umsatz zur Volkswirtschaft des südöstlichen Bundesstaates beitrügen. Mercedes-Benz errichtete 1993 seine erste US-amerikanische Fabrik dort. Alabama ist traditionell von der Agrarwirtschaft geprägt, inzwischen aber der drittgrößte Autostandort der Vereinigten Staaten. Von dort aus werden Fahrzeuge in mehrere Länder exportiert. Ein durch die Zölle hervorgerufenes Absinken der Ausfuhren wäre geeignet, Tausende von Arbeitsplätzen zu gefährden.

Ähnlich sieht es bei BMW aus. Der Münchener Autobauer betreibt in South Carolina, an der Ostküste, sein weltweit größtes Werk. Dessen Kapazität soll nach derzeitigen Planungen auf 450.000 Einheiten jährlich ausgebaut werden. BMW erzielt einen höheren Ausfuhrwert als die US-Riesen GM und Ford und exportiert aus den USA mehr Fahrzeuge als importiert werden. In einem Schreiben an Handelsminister Ross prognostiziert BMW, dass die Erhebung von Zöllen nicht zu mehr Wirtschaftswachstum in den USA führen werde.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handels-kammertag (DIHK) wiesen darauf hin, dass bundesdeutsche Autoproduzenten in den USA jährlich 800.000 Autos bauten, von denen nahezu zwei Drittel ins Ausland gingen. Davon hänge die Beschäftigung von fast 120.000 Menschen ab.

Eskalationsstufen und ein Lösungsansatz
Die Europäische Union kündigte bereits konkrete Gegenmaßnahmen an, die nach eigenen Berechnungen einen Schaden für die US-Wirtschaft in Höhe von umgerechnet elf bis zwölf Milliarden Euro ausmachen werde. Die Folgen ähnlicher Reaktionen anderer Länder nicht einberechnet.

Der US-Präsident denkt bereits über eine neue Eskalationsstufe nach. Die Welthandelsorganisation habe die Vereinigten Staaten zuletzt unfair behandelt, viele Streitfälle vor der WTO seien verloren worden, moniert Trump. Laut US-Medienberichten gab er einen Gesetzentwurf in Auftrag, mit dem die USA praktisch aus der WTO austreten würden, obwohl Trump diesen Schritt stets dementierte. Durch das Gesetz soll der US-Präsident ermächtigt werden, Zölle auf Waren aus jedem beliebigen Land zu verhängen, auch jenseits die WTO-Obergrenzen.

Eine Lösung könnte sich aus direkten Gesprächen Anfang Juli zwischen dem US-Botschafter in der Bundesrepublik, Richard Grenell, und den Vorstandschefs von BMW, Continental, Daimler und VW abzeichnen. Beteiligt war daran auch der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), der vormals Ford in Deutschland vorsaß. Bei dem Treffen haben die Automanager Zeitungsberichten zufolge die Möglichkeit erwogen, sich für den Abbau von EU-Zöllen für Autoimporte aus den USA stark zu machen.

Wie man sieht, ist die Weltwirtschaft verflochten, und der Wettbewerb bedarf einer vernünftig moderierten Regulierung. Mit Twittern kommt man da nicht weiter.
Quellen
    • Foto: © chesky - Fotolia.com | Text: Olaf Walther/Kristian Glaser (kb)