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Unternehmen: Dacia – Der Aufstieg
Unter dem Dach von Renault hat sich die rumänische Marke gemausert - Moderne Produktion und ein auf das Wesentliche reduziertes Angebot

RobGal

Nein, ein schickes Sandero-Cabrio war ebenso wenig zu entdecken wie ein ausgebuffter Logan mit Allradantrieb. Dafür hatte eine exklusive Schar von gut einem halben Dutzend deutscher Autojournalisten ausgiebig Gelegenheit, hinter die Kulissen von Dacia zu schauen. Hier, in Piteşti, rund 120 Kilometer nordwestlich der rumänischen Hauptstadt Bukarest, läuft unter anderem der Duster vom Stapel. Das kompakte SUV ist jetzt in der zweiten Generation auf dem Markt und stellt das Flaggschiff der Marke dar.
Dass Dacia einmal international erfolgreich werden würde, war dem Autohersteller nicht in die Wiege gelegt, als er 1966 gegründet wurde. Sein Name bezieht sich auf die römische Provinz Dakien, Ursprung des heutigen Rumäniens. Mit Renault holten sich die Osteuropäer einen starken Kooperationspartner ins Boot. Mit dem Dacia 1100, einem Lizenzbau des Renault 8, verließ 1968, vor genau fünfzig Jahren, das erste Modell die Werkshallen in der Großen Walachei. Auf den Mittelklässler folgten weitere Fahrzeuge, wie der vom Renault 12 abstammende Dacia 1300, ebenfalls ein Mittelklassewagen, der als erfolgreicher rumänischer Volkswagen galt, oder auch das erste leichte Nutzfahrzeug mit Dacia-Logo.

Mit dem Ende der ersten Zusammenarbeit mit Renault im Jahr 1978 begann auch Dacias Stern zu sinken. Die Fahrzeuge gerieten technisch gegenüber der modernen Automobilproduktion immer mehr ins Hintertreffen, die Verarbeitungsqualität ließ zu wünschen übrig. Die wirtschaftlichen Probleme des Sozialismus hinterließen auch bei den zwar noch auf dem Renault 12 basierenden, aber eigenständigen Modellvarianten mehr oder weniger deutlich Spuren.

Der Umschwung kam 1999. Renault stieg als Mehrheitseigner bei Dacia ein und baute seine Anteile in den nächsten Jahren immer weiter aus. Heute ist Dacia eine Renault-Tochter, produziert auf vier Kontinenten und ist in 44 Ländern vertreten, darunter seit 2005 auch auf dem deutschen Markt. Hier war die Logan Limousine mit 7.200 Euro der damals günstigste Neuwagen. Heute gibt es den Kompaktwagen ausschließlich als Kombi, Lieferwagen und Pick-up.

Stattliche 489 Millionen Euro steckte Renault binnen nur fünf Jahren in die Modernisierung der Werke. Heute präsentieren sich die Fertigungsstätten und auch das in der Nähe gelegene Test-center in Titu mit insgesamt 32 Kilometern Erprobungsstrecke und 600 Ingenieuren erstaunlich modern. Alle 54 Sekunden rollt in Piteşti ein neuer Dacia vom Band. Mit dem Einsatz von mehr als 800 Robotern gilt das Werk als hochgradig automatisiert. Dennoch ist auch jede Menge Handarbeit gefragt. Mit einem Anteil von 31 Prozent ist die Frauenquote unter den Beschäftigen, auch am Band, überdurchschnittlich hoch.

Von wegen Billigheimer!
Dass Dacia seine ursprüngliche Rolle vom technisch nicht unbedingt innovativen Billigheimer abgelegt hat, verdeutlicht ein Blick auf den neuen Duster. Das Design des wahlweise mit Front- oder Allradantrieb angebotenen SUV ist überaus gefällig, die im Innenraum verbauten Materialien, trotz eines hohen Anteils von Hartplastik, durchaus akzeptabel. Die Bedienelemente sind zweckmäßig und sinnvoll angeordnet. Vorbei sind die Zeiten, als man die Tasten für die elektrischen Fensterheber irgendwo hinter der Handbremse suchen musste.

Recht breit gefächert ist die Motorenpalette. Den 1,6 Liter großen Benziner mit 114 PS gibt es sogar mit Flüssiggasantrieb. Stattliche 125 PS leistet der 1,2 Liter große Benzindirekteinspritzer. Ein 1,5-Liter-Turbodieselmotor, ebenfalls mit Direkteinspritzung, steht in zwei Leistungsstufen von 90 und 109 PS zur Auswahl. In Verbindung mit Allradantrieb und der höchsten Ausstattungslinie kommt der stärkere Selbstzünder auf einen Preis von 18.900 Euro aufwärts.

Auf der Suche nach einem besonders preisgünstigen Neuwagen kommt der Käufer in Deutschland an Dacia kaum vorbei. Mit den Baureihen Sandero (Kleinwagen, ab 6.990 Euro) und Sandero Stepway (in SUV-Anmutung), Duster (Kompakt-SUV, ab 11.490 Euro), Dokker (Hochdachkombi, ab 8.990 Euro) und Dokker Stepway Celebration, Logan MCV (kompakter Kombi, ab 7.990 Euro) und Logan MCV Stepway, Lodgy (Kompaktvan, ab 9.990 Euro) und Lodgy Stepway sowie mit dem Lieferwagen Dokker Express (ab 8.556 Euro) sind die Rumänen in Deutschland breit aufgestellt und bieten in den jeweiligen Segmenten die niedrigsten Tarife an. In den ersten sechs Monaten 2018 verkaufte Dacia immerhin 39.200 Autos in Deutschland. Der Marktanteil beträgt 2,1 Prozent. Damit lässt die rumänische Marke sogar Peugeot (2,0 Prozent), Kia und Mazda (jeweils 1,8), Nissan und Citroën (je 1,6), Mitsubishi (1,4) sowie Suzuki (1,0) und Honda (0,7) hinter sich. In der markeninternen Hitliste führt der Sandero knapp vor dem Duster. Dahinter liegen Dokker, Logan MCV und Lodgy.

Eines hat Dacia aber selbst mit der tatkräftigen Unterstützung von Renault nicht geschafft und will es auch in Zukunft nicht erreichen, nämlich ein Statussymbol zu sein. Im Gegenteil, die Marke kokettiert in cleverer Weise gerade mit dieser Unzulänglichkeit, die eigentlich gar keine ist. Denn genau genommen wird dem Käufer damit in aller Regel nur mehr Geld aus der Tasche gezogen, ohne dafür eine nennenswerte Gegenleistung zu erhalten. Dacia sieht sich und seine Produkte als „Statussymbol für alle, die kein Statussymbol brauchen“.
Quellen
    • Foto: Dacia | Text: Thomas G. Zügner (kb)