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Am 12.7.2018 hatte die Unfallzeitung auf drohende Dieselfahrverbote ab Januar 2019 hingewiesen, denn das Land Baden-Württemberg hatte in seinem Luftreinhalteplan für die Stadt Stuttgart aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nachgebessert. Diese Nachbesserung reicht allerdings nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht aus. In Stuttgart können daher schon sehr bald am Neckartor an der vielbefahrenen Bundesstraße 14 strenge Dieselfahrverbote kommen.
Das zuständige Verwaltungsgericht sah es in dem Beschluss vom 27.7.2018 für nicht ausreichend an, dass die grün-schwarze Landesregierung aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar, über das die Unfallzeitung ebenfalls berichtete, erst im Januar 2019 ein ganzjähriges Dieselfahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge bis Euro 4 einführen wollte. Die ebenfalls unsauberen Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 sollten ausgespart bleiben. Das gefiel der Deutschen Umwelthilfe gar nicht. Sie beantragte bei dem zuständigen Verwaltungsgericht Stuttgart, dessen Urteil durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Februar 2018 rechtskräftig wurde, eine Verbesserung des Luftreinhalteplans und eine baldige Verwirklichung sowie im Falle einer Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld. Dem ist das Verwaltungsgericht Stuttgart jetzt durch Beschluss gefolgt. Das Land Baden-Württemberg muss den Luftreinhalteplan für seine Landeshauptstadt Stuttgart nachbessern und auch Fahrverbote für Dieselkraftfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 ermöglichen. Das muss laut Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart bis Ende August 2018 erfolgen. Für den Fall, dass das beklagte Land Baden-Württemberg dieser gerichtlich angeordneten Verpflichtung innerhalb der Frist nicht nachkommt, droht ein Zwangsgeld von 10.000,-- €.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Februar 2018 in den beiden Referenzrechtsstreiten betreffend die Städte Düsseldorf und Stuttgart entschieden, dass Fahrverbote für unsaubere Dieselfahrzeuge grundsätzlich möglich und zulässig sind, wenn andere Mittel kurzfristig zur Luftreinhaltung nicht ausreichen. Die Verhängung von Dieselfahrverboten muss also verhältnismäßig sein. Während die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen unter Ministerpräsident Laschet (CDU) jegliche Form von Dieselfahrverboten ablehnt, ist auf jeden Fall die grün-schwarze Landesregierung unter Führung des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann einsichtig und hat für Anfang Januar 2019 ein Dieselfahrverbot für selbstzündende Kraftfahrzeuge bis zur Abgasnorm Euro 4 beschlossen.

Ein Verbot der Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 sollte vermieden werden. Es sollte erst die geplante Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und der Elektromobilität bis Mitte nächsten Jahres abgewartet werden, ob sich die Luftqualität verbessert hat. Erst wenn das nicht ausreicht, um die Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickoxid einzuhalten, sollte der Luftreinhalteplan für Stuttgart nach den Vorgaben des Verwaltungsgerichts Stuttgart und des Bundesverwaltungsgerichts fortgeschrieben werden. Das reicht natürlich nicht, um der vom Gericht geforderten alsbaldigen Luftreinhaltung zu genügen. Dementsprechend hatte die Deutsche Umwelthilfe als Klägerin den Antrag gestellt, als baldigst die Vorgaben aus dem Stuttgarter Verwaltungsgerichtsurteil, das durch das Bundesverwaltungsgericht im Sprungrevisionsverfahren bestätigt wurde und damit rechtskräftig ist, zu erfüllen. Dem ist das Verwaltungsgericht Stuttgart jetzt nachgekommen. Der Antrag der Klägerin war begründet. In der Begründung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist festgehalten, dass das beklagte Land Baden-Württemberg auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht befugt ist, die Erfüllung des im Urteil ausgesprochenen Dieselfahrverbots für unsaubere Dieselfahrzeuge teilweise auf einen späteren Zeitpinkt zu verschieben. Das beklagte Land muss den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt Stuttgart nachbessern und Fahrverbote auch für Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 ermöglichen. Sollte das Land Baden-Württemberg der gerichtlichen Verpflichtung nicht in der gesetzten Frist nachkommen, ist ein Zwangsgeld von 10.000,-- € angedroht.

Fazit: Die Bundesrepublik Deutschland ist bekanntlich ein sozialer Rechtsstreit. Kennzeichen der Rechtsstaatlichkeit ist die Gewaltenteilung. Dritte Gewalt – neben Legislative und Exekutive – ist die Rechtsprechung. Gerichtsentscheidungen binden auch die beiden anderen Gewalten. Si ist es in Artikel 20 des Bonner Grundgesetzes geregelt. Bei den zwischenzeitlich schon von verschiedenen Verwaltungsgerichten ausgesprochenen Dieselfahrverboten für unsaubere Dieselfahrzeuge sehen manche Landesregierungen keinen Handlungsbedarf. So hatte auch bereits das Verwaltungsgericht München ein Dieselfahrverbot ausgesprochen. Die bayerische Staatsregierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Seehofer (CSU) und dem jetzigen Ministerpräsodenten Söder (CSU) machen keine Anstalten, den Luftreinhalteplan für München nach den Vorgaben des Verwaltungsgerichts zu erfüllen. Das Verwaltungsgericht München hat bereits gegen das beklagte Bundesland Bayern ein Zwangsgeld von 4.000,-- € verhängt. Auch das hat bisher nicht gefruchtet. Dass die bayerische Landesregierung der gerichtlichen Verpflichtung nicht Folge leistet, ist durchaus auch als Rechtsbruch anzusehen. Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung will – trotz der Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Verwaltungsgerichts Aachen (die Unfallzeitung berichtete auch darüber!) und des Bundesverwaltungsgerichts – nichts von Dieselfahrverboten in Nordrhein-Westfalen wissen. Auch hier drohen Zwangsgelder. Nachdem aber die grün-schwarze Landesregierung auf jeden Fall die Einhaltung des rechtskräftigen Verwaltungsgerichtsurteils betreffend Stuttgart einsieht, hatte sie einen abgespeckten Luftreinhalteplan erlassen. Dieser war natürlich unzureichend, so dass aufgrund des beantragten Beschlusses das Gericht eine Nachbesserung verlangte und dafür – wegen der bereits abgelaufenen Zeit – eine relativ kurze Erledigungsfrist setzte und – zu Recht – für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 10.000,-- € verhängte.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist seit Februar 2018 bekannt. Bis heute, also ein halbes Jahr danach, hat nur Hamburg freiwillig ein Dieselfahrverbot für zwei besonders belastete Straßenabschnitte verhängt. Das ist angesichts der Gesundheitsgefährdung durch dieselbetriebene Kraftfahrzeuge zu wenig. Das Bundesverwaltungsgericht hat – zu Recht – darauf hingewiesen, dass die Gesundheit der Bevölkerung oberste Priorität genießt. Das Recht des Menschen auf körperliche Unversehrtheit ist höchstes Gut in der Bundesrepublik Deutschland. Daran haben sich auch Landesregierungen, sowohl in Bayern, in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie auch in anderen Bundesländern zu richten. Der Erhalt von Arbeitsplätzen oder die Interessen der Automobilwirtschaft sind hintenanzustellen. Lediglich die Gesundheit der Bevölkerung ist verfassungsrechtlich geschützt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat daher zu Recht die Einhaltung der gerichtlich ausgesprochenen – auf Gesetz gestützten – Verpflichtung angemahnt und ein Zwangsgeld verhängt. Der Bundesgesetzgeber ist nunmehr aufgerufen, den Druck auf die Automobilindustrie zu erhöhen. Es müssen ab sofort Hardware-Umtausche durch die Automobilhersteller – auf deren Kosten, denn sie sind die Verursacher - vorgenommen werden. Da die unsauberen Dieselfahrzeuge aufgrund von betrügerischen Manipulationen durch das Kraftfahrtbundesamt die allgemeine Betriebserlaubnis erhielten, ist es Sache des Bundesverkehrsministers, diese allgemeine Betriebserlaubnis zu widerrufen, da sie auf Betrug basiert. Das sollte allerdings das letzte Mittel sein, wenn die Automobilindustrie jetzt nicht freiwillig den Austausch der Hardware vornimmt. Ebenso sollte die Staatsanwaltschaft genauer die Vorstände der betroffenen Automobilhersteller unter die juristische Lupe nehmen. Immerhin steht der Verdacht des Betruges im Raum. Immer mehr Zivilgerichte sehen in den manipulierten Dieselfahrzeugen einen wandlungsfähigen Schaden, der zur Rückgängigmachung des Kaufvertrages über das manipulierte Dieselfahrzeug berechtigt. Der Druck auf die Dieselhersteller muss noch stärker werden.
Quellen
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