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Rückblick: Vom Debakel zum Erfolg
Daimler hat zumindest einmal bewiesen, wie man mit einer technischen Blamage umgeht und am Ende sogar einen Erfolg daraus macht - vor über 20 Jahren war es der „Elchtest“ der A-Klasse

RobGal

Im Oktober sind es einundzwanzig Jahre her, dass beim legendär gewordenen „Elchtest“ eine A-Klasse umkippte. Das damals kleinste und jüngste Mercedes-Modell hielt es bei dem Fahrdynamiktest eines schwedischen Journalisten, bei dem das plötzliche Ausweichen bei 65 km/h simuliert wurde, nicht auf den Rädern. Das hatte weitreichende Folgen. Daimler-Benz verdiente an dem kompakten Mercedes zum Ende des Jahres 1997 nach offiziellen Angaben 300 Millionen Mark weniger, als ursprünglich errechnet. Trotz zahlreicher bereits vorliegender Kaufverträge musste man die Produktion stoppen, 4.000 Käufer sprangen ab.
Weil es nach Meinung des Stuttgarter Herstellers keine schnellere Lösung gab, den Wagen auf den Rädern zu halten, entschloss man sich zur kostenlosen Nachbesserung durch Einbau des elektronische Stabilitätsprogramm (ESP, auch Fahrdynamikregelung genannt). Weitere Sicherheitsdetails verhalfen dem A-Typ zu mehr Stehvermögen. Dazu gehörten eine straffere Feder- und Dämpferabstimmung, eine verbreiterte hintere Spurweite, ein tiefergelegtes Fahrwerk und breitere Reifen. Ursprünglich sollten ESP wie auch die Antriebsschlupfregelung (ASR) als Ausstattungsextras erst ab Herbst 1998 für die A-Klasse angeboten werden. Der vorgesehene Preis dafür sollte zwischen 1.500 und 1.800 Mark betragen. Daraus wurde nach dem Elchtest-Desaster nichts.

Wenige Monate später, im Januar 1998, rollte dann die Serienfertigung der technisch deutlich verbesserten Auflage des A-Modells an. Ursprünglich sollte der Wagen bereits ab dem letzten Quartal 1997 vom Band laufen, doch der Überschlag warf die Pläne um. Die Geschichte geriet für Daimler-Benz zunächst zum Debakel. Hohn und Spott in Öffentlichkeit und Fachwelt musste der Stuttgarter Premiumhersteller über sich ergehen lassen. „Kleinster Kipper der Welt“ und „Purzel“ waren nur einige Spitznamen, die feixende Beobachter ersannen.

Doch ein zupackendes und sachorientiertes Krisenmanagement ermöglichte es Mercedes, die Krise zu wenden und daraus sogar einen Erfolg zu machen. Denn mit dem ESP in der A-Klasse wurde die Sicherheitstechnik in die Kompaktwagenklassen eingeführt, die erst im März 1995 ihre Weltpremiere im Mercedes-Coupé S 600 gefeiert hatte und bis dahin nur den Oberklassemodellen von Daimler-Benz vorbehalten war. So ebnete die A-Klasse der Sicherheitstechnik den Weg in alle Mercedes-Modelle und erhöhte den Druck auf die Wettbewerber nachzuziehen. Die Sicherheitsentwicklung im Automobilbau wurde beschleunigt und sicherte wie nebenbei auch neue Arbeitsplätze beim ESP-Hersteller Bosch. Damit hat Daimler zumindest einmal bewiesen, wie man mit einer technischen Blamage umgeht.
Quellen
    • Foto: Mercedes-Benz | Text: Beate M. Glaser (kb)