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Amtsgericht weist HUK-COBURG Allgemeine Versicherung in ihre Schranken
AG Aschersleben Urteil vom 31.5.2016 – 3 C 635/15 (IV)

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Zugegeben: Das Urteil ist bereits etwas älter. Aber es ist gleichwohl immer noch beachtlich. Es geht um das Kürzungsverhalten der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung nach einem durch ihren Versicherungsnehmer verursachten Verkehrsunfall. Zunächst hat die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG vorgerichtlich 75 Prozent der Schadensposition Sachverständigenkosten erstattet. Dabei hat sie vorgerichtlich weder die Wirksamkeit der Abtretung noch die Eigentümerstellung des Geschädigten bestritten.
Erst als er vom Geschädigten hinzugezogene Kfz-Sachverständige aus abgetretenem Recht den Restbetrag rechtshängig machte, bestritt die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG sowohl die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung als auch die Eigentümerstellung des Geschädigten. Mit beiden Argumenten scheiterte die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung vor dem Amtsgericht Aschersleben.

Im Bereich des Amtsgerichts Aschersleben kam es zu einem für den Geschädigten unverschuldeten Verkehrsunfall, bei dem sein Kraftfahrzeug beschädigt wurde. Die alleinige Schuld am Zustandekommen des Verkehrsunfalls trägt der Fahrer des Kraftfahrzeuges, das bei der beklagten HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG haftpflichtversichert war. Obwohl die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG in vollem Umfang einstandspflichtig war, regulierte sie vorgerichtlich die Sachverständigenkosten nur zu 75 Prozent. Der Geschädigte hatte mit dem von ihm hinzugezogenen Sachverständigen eine Honorarvereinbarung sowie eine Abtretungsvereinbarung getroffen. Aus abgetretenem Recht klagte der Kfz-Gutachter die restlichen 25 Prozent bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Aschersleben ein. Im Prozess bestritt die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung jetzt die Eigentümerstellung des Geschädigten und die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung. Die Klage war allerdings in vollem Umfang erfolgreich.

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung des restlichen abgetretenen Schadensersatzanspruchs aus den §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB zu. Die Beklagte hat auf die Schadensposition Sachverständigenkosten vorgerichtlich lediglich 75 Prozent der vom Sachverständigen berechneten Kosten erstattet. Allerdings haftet die Beklagte zu 100 Prozent für die Folgen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls. Bei der vorgerichtlichen Regulierung gemäß ihrem Abrechnungsschreiben vom 28.1.2013 hat die Beklagte weder die Eigentümerstellung des Geschädigten noch die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung bestritten. Die von der Beklagten erbrachte Zahlung stellt daher ein deklaratorisches Anerkenntnis mit der Folge dar, dass die Beklagte mit allen Einwendungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur für die Zukunft ausgeschlossen ist, die sie bei der Teilregulierung bereits kannte oder mit denen sie zumindest rechnen musste (BGH NJW-RR 2004, 1475). Folglich ist es nicht nur widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich, sondern auch rechtsunerheblich, dass die Beklagte nunmehr die Unbestimmtheit der Abtretungsvereinbarung rügt und die Unterzeichnung der Abtretungsurkunde sowie die unfallbedingte Schädigung des Eigentums des Geschädigten bestreitet.

Das erkennende Gericht hält die Abtretungsvereinbarung für hinreichend bestimmt, da sie sich ausdrücklich auf die Gutachterkosten und die Höhe der Kosten bezieht, die problemlos der Sachverständigenkostenrechnung entnommen werden können. Auch kann sich der Kläger berechtigterweise auf die gesetzliche Vermutung des § 1006 I 1 BGB mit der Folge berufen, dass die Beklagte darzulegen und nachzuweisen hat, dass der Geschädigte nicht der Eigentümer des beschädigten Kraftfahrzeugs war. Das ist nicht erfolgt. Die Beklagte hat ihre Leistungskürzung allein mit dem pauschalen Einwand begründet, dass die berechneten Sachverständigenkosten den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung übersteigen würden und nicht dargelegt worden sei, dass sich der Geschädigte nach einem preisgünstigeren Sachverständigen erkundigt hätte. Aber auch dieser Einwand ist rechtsunerheblich. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass ein Geschädigter grundsätzlich nicht zu einer Marktforschung nach einem preisgünstigen Sachverständigen verpflichtet ist. Zudem ist er auch nicht verpflichtet, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (OLG München 10 U 579/15 -). Allein die relativ geringfügige Hauptforderung zeigt, dass die vereinbarten Sachverständigenkosten einschließlich der Nebenkosten ganz offensichtlich nicht überhöht sind. Die zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen getroffene Honorarvereinbarung ist für den Erstattungsanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger damit maßgeblich (BGH Urt. v. 4.4.2006 – X ZR 122/05 - = BGH ZfS 2006, 564).

Fazit und Praxishinweis: Dieses Urteil zeigt einmal mehr, wie die HUK-COBURG Allgemeine Versicherung AG von ihren Versicherungsnehmern verursachte Schäden an gegnerische Kraftfahrzeugeigentümern reguliert. Zunächst wird ein Teil der Schäden anstandslos reguliert in der Hoffnung, dass auf den Restbetrag verzichtet wird. Wird allerdings auch der gekürzte Betrag gerichtlich geltend gemacht, werden alle nur denkbaren Gesichtspunkte ins Feld geführt, um die gekürzte Forderung zu rechtfertigen. Dabei waren durch die vorgerichtliche – anstandslose – Regulierung sowohl die Eigentümerstellung des Geschädigten als auch die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung unbestritten geblieben. Insoweit hat die eintrittspflichtige die Richtigkeit anerkannt. Es ist treuwidrig, sich später nicht mehr daran festhalten lassen zu wollen, § 242 BGB.
Quellen
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