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Herbstzeit – Wildunfallzeit

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Jedes Jahr das Gleiche: Herbstzeit ist Wildwechselzeit. Herbstzeit ist Zeit der Wildunfälle. Unfallforscher der deutschen Versicherer haben festgestellt, dass der Monat Oktober der unfallträchtigste Wildunfallmonat ist. Besonders in den frühen Morgenstunden und bei beginnender Dunkelheit ereignen sich die meisten Wildunfälle. Während dieser Zeit sind Zusammenstöße mit Rehen, Wildschweinen und anderen Wildtieren für Kraftfahrzeugführer eine besondere Gefahr.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden pro Jahr zwischen zwei- bis dreitausend Menschen durch Unfälle mit Wildbeteiligung verletzt und bis zu dreißig Menschen getötet. Bei diesen hohen Zahlen ist Vorbeugung das Gebot der Stunde. Die Unfallzeitung zeigt auf, wie Wildunfälle vorgebeugt werden können und was zu tun ist, wenn es trotzdem zu einem Unfall mit Wild gekommen ist.


1. Vorbeugung:

Bei der Vorbeugung sind nicht nur der Staat und der Träger der Straßenbaulast der durch Waldgebiete führenden Straßen gefragt. Es kommt auch auf jeden einzelnen Kraftfahrzeugführer an. Der Staat und der Träger der Straßenbaulast können durch eine Reihe von technischen Möglichkeiten versuchen, Wildunfälle zu vermeiden. Aber auch jeder einzelne Fahrer kann etwas tun, um möglichst Wildunfälle zu vermeiden.

a.) vorbeugende Maßnahmen durch den Staat:

Zu den vorbeugenden Maßnahmen der öffentlichen Hand gehören der Bau von Wildbrücken, Wildtunneln, Duftzäunen oder das Anbringen von Reflektoren. Auch das Aufstellen der bekannten Wildwechsel-Verkehrszeichen gehört dazu. Durch Wildtunnel oder Wildbrücken werden die wechselnden Tiere auf ihren angestammten Fährten belassen. Sie wechseln nach wie vor an dieser oder jener Stelle die Straße, allerdings jetzt nicht mehr auf der gleichen Ebene, sondern tiefer oder höher. Durch das Anbringen von Reflektoren kann das Wild davon abgehalten werden, gerade im Zeitpunkt der Annäherung eines Fahrzeugs die Straße zu überqueren. Durch die Duftzäune sollen die Tiere gehindert werden, gerade an dieser Stelle die Straße zu überqueren.

b.) vorbeugende Maßnahmen durch den Kraftfahrer:

Die wirksamste Prävention ist allerdings der Faktor Mensch. Jeder einzelne Fahrer kann etwas tun, damit Wildunfälle möglichst vermieden werden. In Deutschland gibt es rund 30.000 Zonen, in denen Wildtiere vermehrt die Straßen überqueren. Diese Straßenbereiche sind mit Verkehrszeichen ausgeschildert. Sobald das Verkehrszeichen mit dem springenden Rehbock auftaucht, ist angepasstes Fahren dringend angesagt. Aber auch ohne das entsprechende Verkehrszeichen sollte jeder Autofahrer am Rande von Wäldern, Wiesen und Feldern die Geschwindigkeit drosseln und besonders sorgfältig fahren. Dies gilt insbesondere während der frühen Morgenstunden und bei einbrechender Dämmerung. Denn gerade zu diesen Zeiten wechseln Wildtiere häufig. Dabei ist angepasste, reduzierte Fahrgeschwindigkeit von großer Bedeutung. Es macht schon einen großen Unterschied aus, ob ein Autofahrer mit 80 km/h oder mit 50 km/h gegen ein wechselndes Wildschwein fährt. Denn die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit um 30 km/h verkürzt den Bremsweg um annähernd 40 Prozent. Und das sind unter Umständen die entscheidenden Meter bis zum Aufprall auf das Wildschwein. Erkennt der Autofahrer ein Wildtier am Straßenrand oder gar auf der Fahrbahn, so sollte der Fahrer eines Kraftfahrzeuges nach Ansicht der Unfallforscher hupen und abbremsen. Durch das Hupsignal können die Tiere am Wirkungsvollsten vertrieben und am Überqueren der Straße gehindert werden. Während der Dunkelheit sollte auf jeden Fall ein Aufblenden des Fahrlichts vermieden werden. Denn dann sind die Tiere geblendet und bleiben wie versteinert stehen. Wo ein Tier am Straßenrand erscheint, kommen meist weitere hinterher. Wildtiere sind in der Regel Rudeltiere. Wildschweine leben von Natur aus in Rotten.

2. Verhalten nach einem Wildunfall:

Wenn hupen und abbremsen nicht mehr helfen, um einen Zusammenprall mit dem Wildtier zu vermeiden, sollte der Autofahrer keineswegs versuchen, dem Tier auszuweichen. Denn durch ein Ausweichmanöver kann es zu größeren Schäden kommen. Der Kraftfahrer verliert unter Umständen die Gewalt über das Fahrzeug, gerät in den Gegenverkehr oder stößt gegen einen Straßenbaum. Deshalb ist es richtiger, abzubremsen, hupen, das Lenkrad festhalten und geradeaus weiterfahren. Wenn es dann zum Zusammenstoß mit dem Wildtier gekommen ist, muss auf jeden Fall angehalten werden. Das Warnblinklicht ist einzuschalten. Bevor man auf die Straße tritt, ist die im Fahrzeuginnern befindliche Warnweste überzuziehen. Erst dann darf die Fahrbahn betreten werden. Sodann ist in ausreichendem Abstand die Unfallstelle mit dem Warndreieck zu sichern. Anschließend ist die Polizei über den Unfall zu informieren. Das tote oder verletzte Wildtier sollte auf keinen Fall angefasst werden. Das wird die Polizei dem zuständigen Förster oder Jagdpächter übergeben. Unter keinen Umständen sollte das überfahrene Wild in den Kofferraum gelegt und mitgenommen werden. Das ist eine Straftat, nämlich Wilderei. Das Aneignungsrecht an den Wildtieren hat der Jagdpächter, auch wenn die Tiere herrenlos sind. Nach dem Unfall ist die Kaskoversicherung zu informieren. Dafür sind Lichtbilder der Fahrzeugbeschädigungen und des Wildtieres erforderlich. Wegen der Einzelheiten wird sich die Versicherung auch an die den Wildunfall aufnehmende Polizeidienststelle wenden.

3. In welchen Fällen zahlt die Versicherung:

Grundsätzlich zahlt die Teilkaskoversicherung bei Wildunfällen. Aber nicht jeder Wildunfall ist ein versichertes Risiko. Eine Eintrittspflicht der Versicherung ist regelmäßig gegeben bei Unfällen mit Haarwild. Das sind Hirsche, Rehe, Wildschweine, Füchse, Marder, Dachse oder Hasen. Nicht versichert sind Zusammenstöße mit Pferden, Kühen, Ziegen oder Schafen, denn das sind keine Wildtiere. Auch Vögel sind grundsätzlich nicht versichert, obwohl es sich bei Adler, Habicht, Sperber und anderen um Wildtiere handelt. Denn das ist Federwild. Die Unfallzeitung hatte auch schon über einen kuriosen Unfall mit einer Kollision mit einem Eichhörnchen berichtet. Andererseits wäre eine Kollision mit einem Seehund wieder ein versichertes Risiko. Aber wer kollidiert schon auf der Straße mit einem Seehund?

Was passiert aber, wenn der Autofahrer dem plötzlich auf der Straße stehenden Reh ausgewichen ist und dabei in den Straßengraben gefahren ist? Zahlt auch dann die Versicherung. Bei der Vollkaskoversicherung ist das eigentlich unproblematisch. Aber auch in der Teilkaskoversicherung ist ein Ausweichmanöver abgedeckt, wenn dadurch größerer Schaden vermieden wird. Der Kraftfahrer bzw. der Fahrzeugeigentümer ist aber gegenüber der Teilkaskoversicherung in der Nachweispflicht (vgl. BGH IV ZR 321/95). Es muss tatsächlich nachgewiesen werden, dass er einen Zusammenstoß mit einem Hirsch, einem Wildschwein bzw. einem Reh zu vermeiden suchte. Günstig ist, wenn sich Haare des Wildes noch am Fahrzeug befinden. Ansonsten soll sich der Geschädigte bei der Polizei, die den Unfall aufgenommen hat, um eine Wildunfallbescheinigung bemühen. Diese wird auch vom zuständigen Förster oder Jagpächter ausgestellt.

Fazit: Fahren Sie immer vorsichtig. Dies gilt besonders während der Herbstzeit. Denn Herbstzeit ist Wildunfallzeit. Angepasste Geschwindigkeit ist besonders wichtig. Gerade dann, wenn durch das entsprechende Verkehrszeichen vor Wildwechseln gewarnt wird.
Quellen
    • Foto: © Vera Kuttelvaserova – Fotolia.com