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Auch nicht genutzte Kraftfahrzeuge müssen versichert sein
Europäischer Gerichtshof Luxemburg Rechtssache C-80/17

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Hin und wieder legen nationale Gerichte Rechtssachen zur Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. So war es auch, dass ein portugiesisches Gericht die Frage der Haftung bei einem Verkehrsunfall zu entscheiden hatte, der durch ein abgestelltes, aber nicht stillgelegtes Kraftfahrzeug verursacht wurde. Eine Haftpflichtversicherung für das auf einem Hof abgestellte Fahrzeug gab es nicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg entschied, dass auch ungenutzte und auf Privatgelände abgestellte Kraftfahrzeuge versichert sein müssen.
In Portugal hatte eine Fahrzeug-Eigentümerin ihr Kraftfahrzeug wegen der aufgetretenen gesundheitlichen Probleme nicht mehr benutzt und es daher in ihrem Hof abgestellt, ohne es aber offiziell stillzulegen. Ohne ihr Wissen und ohne ihre Erlaubnis setzte sich im November 2006 ihr Sohn in das Fahrzeug, fuhr davon und nahm noch zwei Fahrgäste mit. Er verursachte einen Verkehrsunfall mit dem Fahrzeug. Er selbst und die beiden weiteren Insassen wurden tödlich verletzt. Der portugiesische Automobil-Garantiefonds zahlte den Angehörigen der beiden Insassen Entschädigungen. Anschließend forderte er von der Fahrzeugeigentümerin rund 440.000,-- €, da sie ihrer Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung nicht nachgekommen sei. Die Fahrzeugeigentümerin argumentierte hingegen, dass sie für den Schaden nicht verantwortlich sei und es habe auch keine Versicherungspflicht bestanden, weil sie ihr Fahrzeug auf ihrem privaten Grundstück abgestellt habe. Die Richter bei dem EuGH schlossen sich dieser Sichtweise nicht an.

Wenn Kraftfahrzeuge nicht offiziell stillgelegt sind und noch fahrbereit sind, muss nach Ansicht der erkennenden Richter des EuGH eine Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug bestehen. Das gilt insbesondere, wenn das Fahrzeug zwar auf Privatgelände abgestellt, aber nicht abgemeldet oder stillgelegt ist. Insoweit war die Fahrzeugeigentümerin, die auch Halterin war, verpflichtet, für das abgestellte, aber nicht stillgelegte Kraftfahrzeug die gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Ihr kann zwar für den Unfall selbst keine zivilrechtliche Verantwortung vorgeworfen werden, aber sie kann für die durch das Fahrzeug verursachte Schäden verantwortlich gemacht werden, weil sie verpflichtet war, eine Kfz-Versicherung abzuschließen bzw. weiter zu unterhalten, auch wenn sie das Fahrzeug abgestellt hat.

Fazit und Praxishinweis: Die Richter des EuGH haben so ziemlich genau entschieden, wie die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland ist. Wenn ein Fahrzeug noch fahrbereit ist, muss es versichert sein, auch wenn es auf privatem Gelände abgestellt ist. Denn auch hier gehen von dem Kraftfahrzeug die typischen Gefahren eines Kraftfahrzeuges aus. Es kann, weil es noch fahrbereit ist und für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist, jederzeit im öffentlichen Straßenverkehr fahren und dort die typischen Gefahren verbreiten. Nur, wenn das Fahrzeug abgemeldet ist, ist es nicht mehr für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen. Dann darf es auch nicht mehr im öffentlichen Verkehrsraum bewegt werden. Im Interesse der Opfer und Geschädigten ist der Entscheidung zuzustimmen.
Quellen
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