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Bekanntlich fand vom 23. bis 25. Januar 2019 der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar statt. Eines der Themen in den Arbeitsgruppen war die Verhinderung von Lkw- und Bus-Unfällen. Die Unfälle mit Beteiligung von Lastkraftwagen und Reisebussen waren auch vermehrt Gegenstand der Berichterstattung hier in der Unfallzeitung, denn die Zahl der durch Lkws und Busse verursachen Auffahrunfälle hat Jahr für Jahr zugenommen.
Das liegt einmal sicherlich auch am zugenommenen Verkehrsaufkommen auf bundesdeutschen Autobahnen, aber auch am Leistungs- und Zeitdruck und der Unaufmerksamkeit der Brummi- und Busfahrer. Aber auch bewusste Verkehrsverstöße, wie überhöhte Geschwindigkeit und zu geringer Sicherheitsabstand sind Ursachen für schwere und schwerste Auffahrunfälle mit Toten und Schwerverletzten. Auch hierüber hat die Unfallzeitung wiederholt berichtet. Nun hat sich auch der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag dieses Themas angenommen. Wir geben die Referate und die Ergebnisse und Empfehlungen des Arbeitskreises VI (Lkw- und Busunfälle) nachstehend bekannt:

Referenten dieses Arbeitskreises waren Herr Dr. Guido Belger, Leiter der Rechtsabteilung des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung e.V, Herr Siegfried Brockmann, Leiter er Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Herr Thomas Fuhrmann-Bäcker vom Bundesministerium für Verkehr Abteilung Straßenverkehr und Fahrzeugtechnik sowie Herr Dr.-Ing. Manfred Schuckert, Leiter der Abteilung Emission und Sicherheit der Daimler AG. Die Referenten führten im Einzelnen folgendes aus:

1. Der Vortrag des Herrn Dr. Belger vom Bundesverband Güterkraftverkehr gab einen Überblick über das vielschichtige Thema der Lkw-Unfälle vor dem Hintergrund der Faktoren Fahrzeugtechnik, Infrastruktur und Mensch aus der Sicht des Bundesverbandes des Güterkraftverkehrs. Der Vortrag kam zu dem Ergebnis, dass es eine einzige Lösung des Problems der Lkw- und Busunfälle nicht gibt. Es würden viele Faktoren mitspielen, die zu den Lkw- und Busunfällen führen. Fahrzeugtechnik, Infrastruktur und Mensch müssen letztlich unfall- und gefahrmindernd zusammenwirken. Nur durch die Kombination aller Faktoren lasse sich die Zahl der Unfallopfer spürbar und auf Dauer senken. Dazu ist erforderlich, dass die Fahrerassistenzsysteme, insbesondere Notbremsassistenten und elektronische Abbiegeassistenten konsequent eingesetzt und weiterentwickelt werden müssen. Um die Verkehrssicherheitsrisiken zu reduzieren, brauche es neben fahrzeugspezifischen Systemen aber auch eine gut ausgebaute und dem wachsenden Verkehrsaufkommen angepasste Infrastruktur, so das Argument es Herrn Belger. Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit müssten zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten bundesweit genügend Lkw-Parkplätze zur Verfügung gestellt werden. Die jetzige Anzahl sei entschieden zu gering. Zur Steigerung der Verkehrssicherheit und zur Vermeidung von Lkw- und Busunfällen sind Unfallpräventionsmaßnahmen in Form der Verkehrserziehung, Schulung der Fahrer mit Fahrassistenzsystemen und Aufklärungskampagnen im Hinblick auf Müdigkeit und Ablenkung am Steuer dringend erforderlich.

2. Der zweite Referent, Herr Brockmann von der Unfallforschung des GDV, wies in seinem Vortrag zu Lkw- und Busunfällen darauf hin, dass das Unfallgeschehen mit Lastkraftfahrzeugen überwiegend durch Unfälle am Stauende und beim Abbiegen geprägt sind. Bei den Lkw-Unfällen am Stauende zeigt sich, das Lastwagen ohne Lenkrad- oder Bremsbetätigung auf das Stauende auffahren. Das liegt nach Ansicht des Referenten an dem Arbeitsplatz der Lkw-Fahrer. Wer über mehrere Stunden monotoner Fahrt ohne Beschäftigung ist, muss entweder schläfrig werden oder sich ablenken. Beides ist gleichermaßen im Ernstfall fatal. Umso wichtiger sei daher die Unterstützung des Lkw- oder Busfahrers durch technische Assistenten, die Hindernisse rechtzeitig und zuverlässig erkennen und im Notfall den Fahrer aufmerksam machen und sogar selbständig eine Notbremsung einleiten. Auch bei den Abbiegeunfällen ist es nach Ansicht des Referenten erforderlich, dass Assistenten vor Radfahrern oder Fußgängern im toten Winkel warnen. Die Vorschrift, dass Lkws und Busse mittlerweile vier Außenspiegel haben müssen, hat offenbar nicht bewirkt, dass es immer noch zu Abbiegeunfällen mit Toten oder Schwerverletzten kommt. Es müsse daher in Abbiegeassistent in Bussen und Lkws gesetzlich vorgeschrieben werden. Speziell bei Bussen müssen in Zukunft Materialien eingebaut werden, die Brände in Bussen vermeiden.

3. Der dritte Referent, Herr Fuhrmann-Bäcker vom Bundesverkehrsministerium, betonte, dass für sein Ministerium der Schutz der am Verkehr teilnehmenden Verkehrsteilnehmer höchste Priorität habe. Unfallvermeidung sei daher besonders wichtig. Besondere Bedeutung haben für das Bundesverkehrsministerium dabei die Unfälle am Stauende und Abbiegeunfälle. Der Bundesminister für Verkehr setzt sich nach Angaben des Referenten deshalb besonders für die verpflichtende Ausrüstung mit Abbiegeassistenten und für höhere Anforderungen bei den Notbremsassistenten ein.

4. Als vierter Referent wies Herr Dr.-Ing. Schuckert von der Daimler AG darauf hin, dass letztlich jeder Unfall einer zu viel ist. Das gelte insbesondere für Unfälle mit Beteiligung schwerer Lastfahrzeuge und Omnibussen. Er wies auf die Entwicklungen der Fahrassistenzsysteme in Daimler-Fahrzeugen hin. Allgemein war auch er, wie Dr. Belger als erster Referent, der Meinung, dass Fahrer besonders mit den Fahrassistenzsystemen geschult werden müssen und auch weitergebildet werden müssen.

Fazit: Herrn Belger ist insoweit zuzustimmen, dass es eine einheitliche Lösung der Vermeidung der immer häufiger werdenden Lkw- und Busunfälle nicht gibt. Die Unfallzeitung hatte ja auch bereits darauf hingewiesen, dass Ursache für Lkw- oder Busauffahrunfälle meist unzureichender Sicherheitsabstand oder zu hohe Geschwindigkeit oder Unaufmerksamkeit ist. Auch damit war bereits gesagt, dass es immer mehrere Umstände gibt, die zu einem Auffahrunfall führen. Alle Umstände müssen möglichst schnell ausgemerzt werden. Assistenzsysteme können dabei helfen. Es bedarf daher einer gesetzlichen Vorschrift, dass die Bremsassistenzsysteme permanent eingeschaltet bleiben müssen. Das eigenmächtige Abschalten muss unter Strafe gestellt werden. Abbiegeunfälle müssen durch geeignete Assistenz- und Überwachungssysteme reduziert bzw. unmöglich werden. Es ist daher auch wichtig, dass die Fahrer von Lkws und Reisebussen über die vorhandenen und weiterentwickelten Assistenzsysteme laufend geschult werden müssen. Abstands- Notbrems- und Abbiegeassistenzsysteme müssen ab sofort in Lkws und Omnibusse eingebaut werden. Es liegt jetzt an der Politik, die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages in gesetzliche Bestimmungen zu gießen. Auf jeden Fall können die Auffahrunfälle, die Jahr für Jahr zunehmen (die Unfallzeitung berichtete darüber), so nicht weiter hingenommen werden können. Es ist an der Zeit, dass die Politik Versprechen wahr macht. Die Unfalltoten am Stauende und an abbiegenden Straßen mahnen.
Quellen
    • Foto: GOSLAR marketing GmbH