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Streit um die Ökobilanz von Elektroautos
Studie des Ifo-Instituts bestreitet Klimavorteile der Stromer | Verkehrsministerium und VW verteidigen Elektroantrieb

RobGal

Unter dem Druck des Klimawandels und einer kritischen Öffentlichkeit sind die Autohersteller gehalten, die immer strenger werdenden Emissionsgrenzwerte und Abgastests zu erfüllen. Volvo beispielsweise will aus dem Dieselantrieb ganz aussteigen und in absehbarer Zeit nur noch Elektrofahrzeuge bauen, die außerdem nicht schneller als 180 km/h fahren. Volkswagen setzt mittel- bis langfristig ganz auf E-Autos, forciert deren Entwicklung und Bau mit einem großen Spar- und Investitionsprogramm und fordert vom Staat den schnellen Ausbau von Ladestationen sowie Kaufprämien und Steuernachlässe.
In diese Diskussion hat sich nun das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung mit einer Studie eingemischt, die unter der Federführung des Physikprofessor Christoph Buchal und unter Mitwirkung von Hans-Werner Sinn, des ehemaligen Institutsleiters, entstand. Die insgesamt drei Wissenschaftler stellen die Ökobilanz der reinen Elektroautos in Frage und kritisieren, dass sich die Klimapolitik der EU zu sehr auf den Elektroantrieb fokussiere.

In ihrer Arbeit stellten sie einen Vergleich zwischen einer Mercedes-Benz C-Klasse mit Dieselmotor und einem vergleichbaren Tesla 3 mit Elektroantrieb an. Dabei habe sich nach Angaben der Ifo-Wissenschaftler gezeigt, dass das Dieselmodell mit einem durchschnittlichen Ausstoß von 141 Gramm pro Kilometer des Treibhausgases Kohlendioxid (g/km CO2) insgesamt deutlich günstiger liege als der getestete Stromer, der auf 156 bis 181 g/km CO2 gekommen sei. Die Berechnungen berücksichtigten die Produktion, vor allem die mit hohem Energieaufwand hergestellte Batterie mit den schwierig zu gewinnenden Rohstoffe. Außerdem wurden die Fahrleistung und der Strommix einkalkuliert, der in Deutschland wegen des hohen Kohleanteils an der Energiegewinnung ungünstig für das Klima ausfällt.

Mit der Kritik zeigt sich Volkswagen nicht einverstanden und meldete sich mit einer eigenen Untersuchung zu Wort. Demnach kommt der aktuelle VW Golf mit Dieselmotor auf eine durchschnittliche CO2-Emission von 140 g/km über den gesamten Lebenszyklus, unter Einschluss der Produktion und einer Gesamtfahrleistung von 200.000 Kilometern. Der E-Golf erreiche dagegen einen Wert von nur 119 g/km CO2. Allerdings wurde der in der EU geltende Energiemix angelegt.

VW muss einräumen, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß des E-Golf signifikant auf 142 g/km steigt, sobald man den gegenwärtigen bundesdeutschen Energiemix zugrunde legt. Andererseits verbessert sich die Ökobilanz deutlich, betonen die Wolfsburger, wenn E-Autos mit Strom aus regenerativen Quellen versorgt werden. Ähnliche Verbesserungspotentiale gebe es bei der Batterietechnologie, in der Lieferkette und beim Recycling. Vorausgesetzt, die gesamte Energie werde aus regenerativen Quellen gewonnen, könne die CO2-Emission in der Nutzungsphase sogar auf 2 g/km sinken, hat Volkswagen errechnet.

Obwohl Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den VW-Plänen einer starken Konzentration auf den Elektroantrieb skeptisch gegenübersteht, distanzierten sich sein Haus und das Umweltministerium von der Ifo-Kritik an den Stromern. Dabei beziehen sie sich auf eine Untersuchung des Ifeu-Instituts, wonach die Kohlendioxid-Bilanz eines Elektroautos beim bundesdeutschen Strommix des Jahres 2016 drei Prozent besser ausfalle als bei einem Dieselauto, gegenüber einem Benziner betrage der Vorteil sogar zwölf Prozent. Demnach sind es vor allem die kleinen, vorwiegend in der Stadt benutzten E-Autos mit geringer Batteriekapazität, die das Klima weniger belasten als Autos mit Verbrenner.

Indes mehren sich Zweifel an der Ifo-Studie. Den Autoren wird vorgeworfen, für das getestete Elektroauto vergleichsweise ungünstige Annahmen und Szenarien verwendet zu haben und für das Dieselauto vorteilhafte. So kommt Markus Lienkamp, Professor für Fahrzeugtechnik an der TU München, in einer Expertise zu dem Ergebnis, dass die Ifo-Untersuchung „unwissenschaftlich gemacht“ worden sei.

Eine bessere Ökobilanz im Automobilbereich ist im Kampf gegen den Klimawandel und für eine gesunde Umwelt unbestritten nötig. Der politische Nachdruck und die technologische Innovation sind unhintergehbare Voraussetzungen für eine bessere Energiegewinnung und Produktion.
Quellen
    • Foto: © lassedesignen - Fotolia.com | Text: Olaf Walther (kb)