Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Scheuer unter Druck: Auch keine Maut kann teuer sein
Der Verkehrsminister verursachte Kosten in Millionenhöhe, bevor das Urteil zur Pkw-Maut gefallen war | Entschädigungsforderungen der Maut-Betreiber zu erwarten | Opposition droht mit Untersuchungsausschuss

RobGal

Die vom Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig erklärte Pkw-Maut kann den Steuerzahler noch teuer zu stehen kommen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte, als der Ausgang des von Österreich betriebenen Gerichtsverfahrens noch nicht abzusehen war, bereits Personalstellen in den Behörden schaffen lassen, Berater waren hinzugezogen und Geld für Sachmittel ausgegeben worden. Allein diese Posten belasten den Bundeshaushalt mit 53,6 Millionen Euro, wie Medien aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Bundestag zitieren. Seit dem Urteil des EuGH, der die Pkw-Maut wegen der Diskriminierung ausländischer Autofahrer einkassierte, sind das nutzlose Ausgaben, alles muss nun auch noch abgewickelt werden. Doch das ist längst nicht alles.
Die für den Betrieb des Mautsystems beauftragten Unternehmen Kapsch Trafficcom, ein österreichischer Telematikanbieter, und CTS Eventim, ein Münchener Entwickler von Ticketsystemen, könnten von der Bundesregierung Entschädigung fordern. Ihre bisherigen Leistungen einschließlich der Sachmittel und entgangener Gewinne bei einer ursprünglich auf zwölf Jahre angelegten Laufzeit werden nach Informationen des „Spiegels“ auf einen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt. Bei den Mautbetreiber-Verträgen kommt es auf die juristische Beurteilung der Kündigungsgründe an. Scheuer ließ die Verträge unmittelbar nach Bekanntwerden des EuGH-Urteils kündigen. Dabei soll das Ministerium das Argument einer „Schlechtleistung“ angebracht haben, weil das verantwortliche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit den bisherigen Dienstleistungen nicht zufrieden gewesen sei und Nachbesserungen gefordert habe. Gleichzeitig heißt es, dass sich der Bund mit den erbrachten Leistungen in der dafür vorgesehenen Frist einverstanden gezeigt habe. Das lässt juristische Zweifel an der ordnungsgemäßen Kündigung aufkommen. Ein von den Firmen angestrengtes Gerichtsverfahren scheint naheliegend zu sein.

Mit einem solchen Prozess hat die Bundesregierung nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Ein von ihr angestrengtes Schiedsverfahren gegen Toll Collect wegen des verspäteten Beginns der Lkw-Maut 2005, wodurch der öffentlichen Hand erhebliche Geldbeträge entgangen waren, wurde erst im vergangenen Jahr beigelegt und kostete den Bund und das Unternehmen für Anwälte, Gutachter und Schiedsrichter einen dreistelligen Millionenbetrag.

„Fakten geschaffen und unnötige Ausgaben verursacht“

Den insgesamt dicksten Finanzbrocken könnten aber die ausbleibenden Einnahmen aus der Pkw-Maut ausmachen, die dringend für das marode Straßennetz benötigt werden und bereits fest eingeplant sind. Nach Angaben der Bundesregierung macht das dadurch entstandene Loch im Haushalt 350 bis 500 Millionen Euro aus. Nach inoffiziellen Informationen könnte es sich auch um eine Milliarde Euro handeln.

Oppositionsabgeordnete aus dem Haushalts- und Verkehrsausschuss mussten erst Druck ausüben, bevor der Verkehrsminister ihnen die Verträge zur Einsicht überließ. Dabei handelt es sich jedoch um mehrere tausend Seiten starke Dokumente, woraus zu kopieren den Parlamentariern ebenso untersagt ist wie daraus öffentlich zu zitieren. Nach einer nichtöffentlichen Befragung des Ministers im Verkehrsausschuss beschwerten sich Abgeordnete, dass nichts Neues herausgekommen sei. Nun fordern die Grünen, dass ihnen auch Rechtsgutachten und andere Unterlagen des Ministeriums vorgelegt werden, damit sie sich ein umfassendes Bild machen können.

Hauptkritikpunkt der Opposition ist, dass der Bundesverkehrsminister ohne Rechtssicherheit Fakten geschaffen und unnötige Ausgaben verursacht habe. Die Unionsfraktion verteidigt Scheuers Vorgehen. Die Bundesregierung habe den Auftrag gehabt, den politischen Willen des Parlaments umzusetzen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der verkehrspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion. Außerdem hätten EU-Kommission und der Generalanwalt beim EuGH grünes Licht für die Pkw-Maut gegeben. Der Minister habe daher „den klaren Auftrag“ gehabt, „für einen pünktlichen Start der Maut zu sorgen und die Einnahmen zu sichern“.

Grüne, FDP und Linke erwägen nun die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses.
Quellen
    • Foto: © benqook – fotolia.com | Text: Text: Olaf Walther (kb)