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Klare Kante: VW wendet sich gegen Rechtsextremismus im Betrieb
Betriebsvereinbarung zwischen Leitung und Betriebsrat von VW wendet sich gegen Fremdenfeindlichkeit am Arbeitsplatz | Arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht

RobGal

Auf dem Werksgelände von Volkswagens Stammsitz in Wolfsburg fielen dem IG-Metall-Vertrauensmann Viktor Kalschek im vergangenen Jahr Mitarbeiter mit T-Shirts und der Aufschrift „C 18“ auf. Das Kürzel steht für „Combat 18“, den Namen einer militanten Neonazi-Organisation, deren Zahl auf die Initialen von Adolf Hitler weisen. Kalschek bemerkte außerdem Mitarbeiter in Sommerbekleidung mit dem Text „nicht nur von der Sonne braun“.
Seine Intervention auf einer VW-Betriebsversammlung führte nun dazu, dass die Betriebsvereinbarung zu „Partnerschaftlichem Verhalten am Arbeitsplatz“ ergänzt wurde. Darin heißt es neu: „Äußerungen, Verhaltensweisen und Symbole, die fremdenfeindlich, extremistisch, antisemitisch oder auf andere Weise menschenverachtend sind oder damit im Zusammenhang stehen, widersprechen Respekt und Toleranz und verstoßen gegen die Grundsätze dieser Betriebsvereinbarung.“

Die zwischen der Unternehmensleitung und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung besteht seit 2007. In der Präambel wird „jede Art von Diskriminierung“ als eine „schwerwiegende Störung des Arbeitsfriedens“ bezeichnet, die das Persönlichkeitsrecht jedes einzelnen verletzt und „im Widerspruch zu den in den Konzernleitlinien verankerten Werten wie z. B. Respekt“ steht. Jeder Beschäftigte und das Unternehmen sind demnach verpflichtet, „Diskriminierungen zu unterbinden und ein partnerschaftliches Klima zu fördern“. Verstöße werden mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Abmahnung oder Versetzung geahndet und können bis zur Kündigung reichen. Die Vereinbarung ist für alle VW-Standorte und Mitarbeiter gültig.

Die Betriebsvereinbarung soll alle Mitarbeiter sensibilisieren und ermuntern, gegen menschen-verachtenden Äußerungen und Verhaltensweisen einzuschreiten und ihnen damit vorzubeugen. IG-Metall-Vertrauensmann Olaf Winkler betont, dass VW wie andere Unternehmen auch ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, weshalb Rechtsextremismus und -populismus verstärkt beachtet werden müssten. Ein „Massenphänomen“ gebe es bei VW aber nicht. Viktor Kalschek, der Initiator der erweiterten Betriebsvereinbarung, stellt jedoch fest: Die Szene wird mutiger.

An den VW-Werksstandorten in Salzgitter, Wolfsburg und Zwickau erzielte die AfD beispielsweise überdurchschnittlich hohe Wahlergebnisse. Besonders vor den nahenden Urnengängen zu den Landtagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen tobt in der AfD ein Streit, wie nationalistisch und rassistisch die Partei öffentlich auftreten soll und wie beschönigend oder gar verherrlichend sie gegenüber der braunen Geschichte und der Nazi-Diktatur sein darf. Björn Höcke, der AfD-Vorsitzende in Thüringen, hatte auf einem „Kyffhäuser-Treffen“ des völkischen „Flügels“ zu einem Sturz der AfD-Parteileitung nach den Landtagswahlen aufgerufen. Dagegen wenden sich viele Parteimitglieder in einem öffentlichen Brief.

„Diesem Beispiel folgen“
Bislang gelang es rechtsextremen Gruppen bei VW nicht, im populistischen Contra zur IG Metall bei Betriebsratswahlen Erfolge zu erreichen. Das soll auch so bleiben. Die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe des Landes Niedersachsen, das mit seiner strategischen Sperrminorität eine gestaltende Kraft innerhalb des Konzerns – neben dem starken Betriebsrat – darstellt, begrüßte die Betriebsvereinbarung. Weitere Unternehmen sollten „diesem Beispiel folgen“, empfahl Doris Schröder-Köpf (SPD).

Volkswagen ist ein internationaler und vielgestaltiger Automobilhersteller. Im Zuge der allgemeinen Krise und der besonderen Schwierigkeiten durch den Abgasskandal hat die Marke im ersten Halbjahr 2019 weltweit zwar 120.000 Fahrzeuge oder 3,9 Prozent weniger abgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Im Juni legte Volkswagen jedoch um 1,6 Prozent zu, vor allem weil das Geschäft in China um 14,2 Prozent anzog. Für das zweite Halbjahr geht das Management wieder von einer positiven Absatzentwicklung aus.

Die VW-Betriebsvereinbarung „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ ist ein gutes Beispiel für eine humane Kultur im Arbeitsleben.
Quellen
    • Foto: Volksawagen | Text: Olaf Walther (kb)