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Bewölkt: Zukunftssorgen der Automobilindustrie
Europäischer Autoherstellerverband fordert staatlichen Aufbau von E-Ladestationen | Skeptischer Blick auf die Konjunktur

RobGal

Die Internationale Automobilausstellung (IAA), die bis zum 22.9.19 in den Frankfurter Messehallen lief, ist die weltgrößte ihrer Art und findet unter bewölktem Himmel statt: Die Branche ist deutlich schwächer vertreten, es fehlen nahezu alle namhaften Automarken aus Frankreich, Italien und Japan.
Die Autowirtschaft steht ferner unter scharfer Beobachtung der Öffentlichkeit wegen ihrer zahlreichen Versäumnisse. Und trotz etlicher neuer Elektroautos, die auf der IAA vorgestellt werden, liegt ein Schwerpunkt auf PS-starken Modellen, darunter nicht wenige aus dem umstrittenen Segment der SUV, die nach wie vor stark angeboten und verkauft werden. Überdies stockt die internationale Konjunktur, zusätzlich wird die Autoindustrie durch die Handelskonflikte und den anstehenden Brexit beeinträchtigt. Der Wettbewerb ist hart, und es stehen strategisch relevante Entscheidungen zu neuen Technologien und Geschäftsmodellen an.

Carlos Tavares, der Chef des französischen Autokonzerns PSA (Peugeot, Citroën, DS, Opel, Vauxhall), ist Vorsitzender des Verbandes europäischer Automobilhersteller, ACEA. In dieser Funktion stellte er auf der IAA die an die EU gerichtete Forderung eines „umfassenden Plans“ auf, „um den Übergang zur emissionsfreien Mobilität“ zu ermöglichen.

Die Industrie sei willens, so Tavares, schnellstmöglich eine Mobilität ohne Emissionen zu schaffen. Das zeigten die vielen neuen Elektromodelle. Nun sei der Staat gefordert. Konkret verlangt der Autolobbyist staatliche Kaufanreize und die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur.

Nach ACEA-Berechnungen gab es im vergangenen Jahr 145.000 Ladestationen für Elektroautos in Europa. Der Verband schätzt, dass bis 2030 gut 2,8 Millionen Ladepunkte nötig sind, um die „ehrgeizigen CO2-Ziele“ der EU zu erreichen. Bei der Bildung der Ladeinfrastruktur müsse laut Tavares auch die ungleiche regionale Verteilung berücksichtigt werden, denn derzeit seien drei von vier Ladepunkten in Europa in der Bundesrepublik, in Frankreich, Großbritannien oder in den Niederlanden zu finden. Außerdem weist der ACEA-Präsident darauf hin, dass ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen wie in den mittel- und osteuropäischen Ländern, aber auch in Griechenland, Italien und Spanien, den Erwerb der immer noch teuren Stromer nachweislich behindere.

Einen ganz anderen Akzent setzt der Europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA). Dessen Präsident Roberto Vavassori, Vorstandsmitglied des italienischen Bremsanlagenherstellers Brembo, wies in Frankfurt darauf hin, dass die fehlenden Ladestationen nur eines von mehreren Probleme sei. Vavassori spricht sich gegen den Einsatz von Steuergeldern für das Ladenetz aus und bevorzugt stattdessen die Entwicklung eines Geschäftsmodells für E-Tankstellen – auch in Konkurrenz zur chinesischen Industrie auf diesem Gebiet.

Die Automobilzulieferer leiden besonders unter der schwächelnden Weltkonjunktur. Große Unternehmen wie Bosch, Continental, Schaeffler und ZF reagieren bereits mit Investitionskürzungen und Kurzarbeit, auch Werksschließungen drohen. Continental-Chef Elmar Degenhart konstatiert gegenwärtig eine Krise, die nicht schönzureden sei. Für den Reifen- und Technologiekonzern mit Sitz in Hannover schließt Degenhart betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus. Vor diesem Hintergrund setzt CLEPA-Präsident Vavassori auf die finanzielle Unterstützung für Forschung und Entwicklung durch den Staat, auch um im Wettbewerb mit anderen Weltregionen zu bestehen.
Zu fragen bleibt jedoch, warum sich die Industrie nicht am Aufbau öffentlicher Ladestationen beteiligen kann und ob Investitionskürzungen und Entlassungen geeignet sind, die Klimaprobleme zu lösen und die Konjunktur zu beleben.
Quellen
    • Foto: © Shmel - Fotolia.com | Text: Olaf Walther (kb)