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Technische Sicherheit: „Ältere LKW werden auf Verschleiß gefahren“
TÜV-Report: Mehr Schwer-Lkw mit Mängeln | Kritik an „Pflegementalität“

RobGal

Auf den Straßen sind immer mehr Nutzfahrzeuge unterwegs. 5,8 Millionen registrierte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zum Jahresanfang. Darüber hinaus absolvieren die Brummis immer mehr Kilometer: 200.000 kommen bei einem durchschnittlichen Schwer-Lkw im Jahr zusammen. Doch die technische Sicherheit dieser Fahrzeuge hält mit den steigenden Belastungen nicht unbedingt Schritt. Darauf macht der TÜV-Verband (VdTÜV) aufmerksam.
Der VdTÜV wertete insgesamt 1,9 Millionen Hauptuntersuchungen im Nutzfahrzeugbereich (ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) aus. Im aktuellen „TÜV-Report Nutzfahrzeuge“ wird festgestellt, dass in den Jahren 2017 und 2018 deutlich mehr Schwer-Lkw (ab 18 Tonnen) durch die Hauptuntersuchung (HU) fielen als zuvor. Die Mängelquote stieg um 1,6 Prozentpunkte im Vergleich zur Untersuchung vor zwei Jahren auf jetzt 19,7 Prozent – während für die anderen Lkw-Gewichtsklassen durchweg Verbesserungen konstatiert werden konnten.

„Die Pflegementalität der Nutzer von Schwer-Lkw lässt mit dem Alter der Fahrzeuge nach“, kritisiert Richard Goebelt, VdTÜV-Bereichsleiter für Fahrzeug und Mobilität. Ältere Fahrzeuge würden „auf Verschleiß gefahren“, sagte er, „vor allem in boomenden Wirtschaftszweigen wie der Baubranche“. Bei den leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen, den Kleintransportern, wurden 20 Prozent der Fahrzeuge beanstandet. Diese Klasse ist die mit Abstand stärkste, stellt sie doch vier von fünf Lkw in Deutschland. Ihr Bestand hat sich in den letzten knapp zwanzig Jahren um über 40 Prozent auf jetzt 2,6 Millionen Fahrzeuge erhöht. Hauptgrund ist der Frachtverkehr durch den zunehmenden Versandhandel.

Bei den anderen beiden Lkw-Segmenten, zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen sowie zwischen 7,5 und 18 Tonnen, betrug der Rückgang bei den HU-Durchfallern vier und drei Prozentpunkte. In absoluten Zahlen: 18 und 19,5 Prozent der bei einer HU vorgestellten Fahrzeuge hatten hier erhebliche Mängel, mussten daher zur Reparatur und zur erneuten Kontrolle bei einer Prüfeinrichtung.

Nimmt man alle Lkw-Klassen zusammen, schaffte etwa jeder fünfte Lastwagen die jährlich verpflichtende HU nicht. Das ist eine Verbesserung, denn 2015 war noch jeder vierte Laster mit erheblichem Defekt aufgefallen. Dass die Fahrzeuge über alle Klassen hinweg trotz enorm gestiegener Beförderungsleistung technisch sicherer geworden sind, führt VdTÜV-Mann Goebelt auf eine höhere Prüfdichte und auf bessere Wartungs- und Leasingverträge zurück, weshalb die Fahrzeuge besser gepflegt würden. Immerhin blieben laut aktuellem TÜV-Report zwei Drittel aller untersuchten Lastwagen unbeanstandet, das waren fünf Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren.

Aus dem Verkehr gezogen

Allerdings entdeckten die Prüfer unter den 1,9 Millionen untersuchten Lastern 1.300 mit derart schweren Defekten, dass sie als verkehrsunsicher eingestuft und sofort aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Die häufigsten Mängel wurden an der Beleuchtung und an den Achsaufhängungen festgestellt, darüber hinaus fielen Korrosion und Probleme an den Bremsen auf.

Wie wichtig die technische Fahrzeugsicherheit ist, zeigt eine einzige Zahl: Insgesamt 3.687 Verkehrsunfälle mit Personenschaden ereigneten sich laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr, bloß weil ein Fahrzeug einen Defekt hatte – vermeidbares menschliches Unglück. Der TÜV-Verband schaut auch in die Zukunft. Nach Notbrems- und Spurhalteassistenten folgt 2022 als Pflichtprogramm für neue Lkw-Typen der Abbiegeassistent zum Schutz von Fußgängern und Radfahrern. Standards zur technischen Kontrolle dieser Systeme gibt es aber noch nicht. Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, merkt Goebelt an.

Eine weitere große Herausforderung besteht im Schutz vor Hackerangriffen, weil immer mehr Fahrzeuge vernetzt sind. International einheitliche Testmethoden oder Standards für die Genehmigung automatisierter Fahrfunktionen und deren Software fehlen derzeit noch, muss Goebelt einräumen. Er fordert: „Die Überprüfung digitaler Fahrzeugsysteme muss bereits im Genehmigungsprozess mitgedacht werden“, damit sie im Rahmen der regelmäßigen HU geprüft werden können.
Quellen
    • Foto: © JiSIGN - Fotolia.com | Text: Olaf Walther/Kristian Glaser (kb)