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Unfallrettung: Erste Hilfe und Krankenhausverordnung verzahnt
Durch neue Technologien soll Erstversorgung verbessert werden | Klinikärzte werden bereits aus dem Krankenwagen über den Zustand des Unfallopfers informiert und helfen telemedizinisch

RobGal

Nach einem schweren Verkehrsunfall können Minuten oftmals über Leben und Tod entscheiden: Je schneller Sanitäter und Ärzte bei den Verunglückten sind, um so wahrscheinlich glückt die Behandlung. In den siebziger Jahren gelang im Kampf gegen die exorbitant vielen Unfalltoten ein entscheidender Durchbruch, als man die medizinische Erstversorgung von Unfallopfern näher an den Ort des Geschehens brachte: durch Einführung der Rettungshubschrauber („gelbe Engel“), durch bessere Ausstattung der Rettungswagen und Krankenhäuser und nicht zuletzt durch besonders geschulte Fachkräfte.
Heute sollen neue technologische Möglichkeiten der Digitalisierung und Vernetzung dafür sorgen, dass verunglückte Verkehrsteilnehmer noch besser und schneller versorgt werden: indem die Grenze zwischen Erst- und Krankenhausversorgung tendenziell überwunden wird. Das würde einen erheblichen Zeit- und vor allem Qualitätsgewinn in der medizinischen Versorgung der Verletzten schaffen.

Genau darum geht es beim Forschungsprojekt „Momentum“, das für „Mobile Medizintechnik für die integrierte Notfallversorgung und Unfallmedizin“ steht und an dem 14 Partner aus Wissenschaft, Technologie und medizinischer Versorgung beteiligt sind; federführend ist das Innovationszentrum für computerassistierte Chirurgie (ICCAS) der Universität Leipzig. Ihr Ziel ist, die Zeit von der Erstversorgung am Unfallort bis zur Übergabe der relevanten Informationen über den Zustand des Patienten an das Krankenhaus zu verkürzen. Zu diesem Zweck sollen die Handlungsabläufe am Unfallort, im Rettungswagen und in der Klinik besser aufeinander abgestimmt werden.

„Wir entwickeln zum einen eine Technologie, die alle Medizingeräte im Rettungswagen miteinander kommunizieren lässt“, sagt Thomas Neumuth, Projektleiter und Medizinprofessor an der Universität Leipzig. „Zum anderen bringen wir die Patientendaten in kürzester Zeit in die Notaufnahme der Klinik.“ Erste Diagnoseverfahren, zum Beispiel Ultraschall, könnten nicht erst im Krankenhaus, sondern bereits am Unfallort eingesetzt und die Resultate an die Ärzte in der Notaufnahme gesendet werden. Noch bevor der Patient dort eintrifft.

Gegenstand des Momentum-Projekts ist zudem, wie sich die besonders schnelle 5G-Mobilfunktechnik einsetzen lässt, um die Geräte im Krankenwagen miteinander zu vernetzen. Die so gesammelten Daten zum Zustand des Patienten sollen ferner aus dem Krankenwagen visualisiert an die Klinik übermittelt werden. Die Krankenhausärzte ihrerseits könnten erste Einschätzungen treffen und ihren Kollegen im Krankenwagen Empfehlungen zur Behandlung geben, eventuell auch telemedizinisch. Nicht zuletzt kann sich die Notaufnahme genau auf die Verletzungen des Patienten vorbereiten und eine nahtlose Weiterbetreuung in die Wege leiten. Das birgt auch die Möglichkeit, die Handlungsabläufe vom Unfallort bis zum Krankenhaus zu verzahnen und besser aufeinander abzustimmen.

Bereits zum Projektstart stehen die Momentum-Beteiligten vor dem Problem, dass die medizinischen Geräte unterschiedlicher Hersteller nicht miteinander kompatibel sind. Daher müssen nun auch noch technische Standards entwickelt werden, die eine Gerätevernetzung überhaupt erst sicherstellen. Eine weitere Herausforderung liegt in der schlechten Mobilfunkabdeckung auf dem Land. „Wir müssen Lösungen finden, wie wir mit schlechter Netzwerkinfrastruktur vor Ort umgehen“, sagt man an der Leipziger Universität. Denn es ist alles andere als unproblematisch, wenn sich die Mediziner überlegen müssten, welche Daten wegen der schlechten Mobilfunkverbindung noch übertragen werden können und welche nicht. „Vielleicht lässt sich dann nur die Herzrate an die Klinik senden und nicht die komplette EKG-Kurve“, so ein ICCAS-Mitarbeiter.
Quellen
    • Foto: Archiv Unfallzeitung | Text: Beate M. Glaser (kb)