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Luftqualität: Umweltzonen wirken
In einer Untersuchung kommen Wissenschaftler zum Ergebnis, dass Umweltzonen die Zahl der Krankheitsfälle reduzieren

RobGal

Die Wirksamkeit von Umweltzonen auf die Luftqualität in Städten hat das in Bonn ansässige Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in einer aktuellen Studie nachgewiesen. „Durch einen signifikanten Rückgang der Belastung mit Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) in Umweltzonen deutscher Städte ist auch die Zahl diagnostizierter Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den betreffenden Gebieten zurückgegangen“, lautet das Fazit der Wissenschaftler.
Sie werteten Krankenhausdaten zur Häufigkeit typischer Erkrankungen über einen vergleichsweise langen Zeitraum von elf Jahren zwischen 2006 bis 2016 aus. Dabei bezogen sie auch die zwei Jahre vor der Einrichtung der bundesweit ersten Umweltzonen ein. In einem weiteren Schritt berechneten die Forscher, zu welchem Anteil Umweltzonen das Einzugsgebiet des jeweiligen Hospitals ausmachten. Als dritten Parameter zogen sie die Entwicklung der Luftqualität in den Städten heran, wozu sie auf Ergebnisse der offiziellen Messstationen des Umweltbundesamtes zugriffen.

Mit ihrem Ansatz können die Forscher nicht nur die zeitlichen Veränderungen in der Luftqualität erfassen. Das Neue ihrer Studie ist vielmehr, so die IZA-Wissenschaftler, dass sie auch Feststellungen treffen können, wie sich die Schadstoffbelastungen in den Umweltzonen und in den umherliegenden Gebieten entwickeln. Auf diese Weise lasse sich beispielsweise auch die Schadstoffkonzentration von Ausweichstrecken ermitteln. Zudem können die Forscher qualitative Aussagen treffen. Denn mit Hilfe der herangezogenen Krankenhausdaten lassen sich auch Aussagen zur Wirkung der Umweltzonen auf die Gesundheit der dort lebenden Menschen treffen.

Das Ergebnis der wissenschaftlichen Untersuchung ist recht eindeutig: Wird das Areal der Umweltzone im Einzugsgebiet eines Krankenhauses um 20 Prozent erhöht, geht die Zahl der Patienten mit koronaren Herzkrankheiten (vor allem Arteriosklerose) um 5,3 Prozent zurück. Das sind immerhin 30 Menschen weniger pro Jahr, die sich in einem durchschnittlichen Krankenhaus behandeln lassen müssen. Bei den chronischen Erkrankungen der Atemwege, etwa Asthma, reduziert sich die Zahl der Fälle um 4,4 Prozent, was neun Krankenhausaufenthalte weniger im Jahr bedeutet, so die Bonner Wissenschaftler.

Stickoxide sind im Zuge des Dieselskandals in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In höherer Konzentration schädigen sie die Atemwege und gelten als mitverantwortlich für sauren Regen, die Erderwärmung und Sommersmog. Sie befinden sich im Dieselabgas und können durch sogenannte SCR-Katalysatoren (mit Adblue-Harnstofflösung) in den Fahrzeugen stark reduziert werden.

Feinstaub, das größere Problem?
Einige Wissenschaftler halten jedoch Feinstaub für das größere Problem. Die allerkleinsten Partikel gelangen beim Einatmen bis zu den Lungenbläschen und können von dort in den Blutkreislauf vorstoßen, worauf sie sich in den Organen anreichen. Das kann Asthma oder eine Art Raucherlunge zur Folge haben, aber auch Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hervorrufen.

Im Straßenverkehr ist Feinstaub im Abgas von Dieselmotoren (Dieselruß) und von modernen direkteinspritzenden Benzinmotoren enthalten, sofern sie nicht mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind. Bei Ottomotoren ist ein solcher Filter wenn überhaupt nur bei aktuellen Modellen vorhanden. Weitere Feinstaubquellen bildet der Abrieb der Reifen, der Bremsbeläge und des Straßenbelags. Über deren Ausmaß, Verteilung und tatsächliche Auswirkungen liegen derzeit noch nicht genügend Erkenntnisse vor.

Zur Reduzierung von Feinstaub und Stickstoffdioxid wurden bislang Umweltzonen in rund sechzig deutschen Städten eingerichtet, vor allem im Westen, Südwesten und Süden des Landes. Hier dürfen Autos fast ausschließlich nur mit der „grünen Plakette“ in die Innenstadt fahren. Für Diesel-Pkw heißt das zum Beispiel, dass sie mindestens die Abgasnorm Euro 4 erfüllen müssen. Bei Euro 3 benötigen sie einen Partikelfilter. Für Benziner reicht in der Regel Euro 1.

Von der Umweltzone zu unterscheiden sind Dieselfahrverbote, die seit kurzem wegen Überschreitung der Schadstoffkonzentration regional begrenzt veranlasst werden. Beispielweise gibt es in Hamburg Fahrverbote auf zwei unterschiedlichen Straßenabschnitten, aber keine Umweltzone.

Der Nutzen von Umweltzonen wurde von Anfang an in Frage gestellt. Automobilklubs kritisierten bei der Einführung den hohen Verwaltungsaufwand und dass die Kosten zur Schadstoffreduzierung auf die Verbraucher abgewälzt würden. Andere Maßnahmen, wie die Förderung alternativer Antriebe und die Stärkung von ÖPNV, Fuß- und Radverkehr, seien besser und wirksamer, meinte etwa der ADAC.
Quellen
    • Foto: © Pixel - Fotolia.com | Text: Beate M. Glaser (kb)