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Klimawandel und Sicherheit: Kommen schnee- und eisfreie Winter?
Meteorologe warnt: Autofahrer müssen sich auf plötzliche Winterverhältnisse und lange Kälte einstellen

RobGal

Hitzerekorde im Sommer, anhaltende Dürre bis in den Herbst trotz starken Regens, dazu steigende Durchschnittstemperaturen und der letzte Gletscher in Deutschland nur noch ein karges „Toteisfeld“: Können sich die Autofahrer künftig auf schnee- und eisfreie Winter freuen? Können die Räum- und Streufahrzeuge in den Straßenmeistereien eingemottet werden? „Nein“, sagt Friedrich Föst, „im Gegenteil, es ist sogar mit zunehmenden Wetterextremen auch im Winter zu rechnen“. Er empfiehlt den Autofahrern und Straßenmeistereien, sich auf urplötzlich eintretende Winterverhältnisse einzustellen – und fordert darüber hinaus die Einrichtung eines „Sommerdienstes“.
Föst sollte es wissen, er ist Meteorologe bei den „Wetterfröschen“ der „Wettermanufaktur“, eines 2017 gegründeten kleinen Unternehmens in Berlin, das Gemeinden und die Privatwirtschaft zur Wetterentwicklung unter anderem im Verkehrsbereich berät. Ihre 12- und 24-Stunden-Prognosen träfen „zu 90 Prozent zu“, bekundet Föst stolz.

„Klimawandel bedeutet die Häufung hoher Temperaturen“, erläutert Föst, und nicht, dass der Winter verschwinde. Die Meteorologen stellten in der letzten Saison sogar historisch neue Schneerekorde fest, in den Alpen wie im Flachland und bereits zu Beginn der kalten Jahreszeit und nicht erst, wenn der Winter sich im Februar und März „eingewöhnt“ hat. „Kalte Winter und Klimawandel schließen sich nicht aus“, hebt Föst hervor. Die Natur entwickelt sich in Gegensätzen.

Ein neues Phänomen wird Föst zufolge der „stundenweise Winter“ werden, mit plötzlichem Schneefall und abrupter Glättebildung. Die Ursache dafür liegt im globalen Zusammenspiel komplexer Faktoren. Der Ausgangspunkt: schmelzende arktische Gletscher. Durch das fehlende Weiß der Eis- und Schneemassen werden die Sonnenstrahlen nicht mehr reflektiert, sondern von dem nun in Erscheinung tretenden, dunklen Ozean aufgenommen und als Wärme gespeichert. „In der Folge gleichen sich die Temperaturen an der Arktis und am Äquator an“, erläutert Föst weiter, und das beeinflusse die „Jetstream“ genannten Starkwinde in der höheren Sphäre.

Dieser „Strahlstrom“ wirkt quasi wie eine Trennlinie zwischen warmer und kalter Luft. Das Dramatische: Durch die Temperaturangleichung von Arktis und Äquator hat er sich zu verändern begonnen: Der Jetstream „läuft“ nun nicht mehr schnell in West-Ost-Richtung um die Erdkugel herum, sondern wird langsamer und dehnt sich zudem stärker in Nord-Süd-Richtung aus. Mit Folgen für das Wetter: „Die Hoch- und Tiefdruckgebiete verweilen nun länger in unserem Raum“, schlussfolgert Föst, „und bringen oftmals anhaltende Trockenheit oder langanhaltende Regenfälle und Starkregen“.

Und wie passen extrem kalte Winter in dieses Bild? Föst: Der Jetstream sorgt nicht nur für lange Sommer, sondern auch für lange Winter, etwa in Skandinavien. Dadurch gelangen kalte Luftmassen auch zu uns nach Mitteleuropa. Wird diese kalte Luft nun auch noch durch das Nordpolarmeer mit Feuchtigkeit angereichert, ist kalter Niederschlag die Folge: Es schneit, „und das nicht zu knapp“, weiß Föst. Die Schneelandschaft ihrerseits kühlt die über ihr befindliche Luft ab. „So entstehen neue Minusrekorde.“

Und wie kommen die Schneerekorde zustande? „Durch die insgesamt steigenden Temperaturen nimmt die warme Luft viel Wasserdampf auf“, legt Föst dar. Das berge potentiell viel Schnee. Meteorologen hätten in den letzten Jahren häufig beobachtet, dass aus stärkerem Regen im Winter „rasch Schnee wurde“, sogar „Starkschneefälle“, die binnen einer Viertelstunde mehrere Zentimeter Neuschnee brachten – ein Graus für die Autofahrer und für den Winterdienst.

Damit die Verkehrsteilnehmer von dem so blitzschnellen wie starken Wintereinbruch nicht überrascht werden, sollten sich die für den Winterdienst zuständigen Straßen- und Autobahnmeistereien sorgsam vorbereiten, rät Föst eindringlich. Vor allem durch gute Wetterprognosen, angemessenes technisches Gerät in ausreichender Anzahl und weitsichtig angelegte Einsatzpläne, die alle Eventualitäten berücksichtigen.

Etwas ähnliches rät Friedrich Föst auch für den Sommer: „Überhitzte Fahrbahnen mit der Gefahr sogenannter Blow-ups (Aufplatzen der Straßendecke), knochenharte Böden, die den Starkregen nicht aufnehmen können und für Überflutungen sorgen“, das alles stelle neue Herausforderungen dar, die keine Einzelphänomene bleiben würden, weshalb der Meteorologe für die Einrichtung eines „Sommerdienstes“ analog zum Winterdienst plädiert.
Quellen
    • Foto: © VRD - Fotolia.com | Text: Kristian Glaser (kb)