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Ausblick auf den Verkehrsgerichttag 2020: Von Rasern und Rollern, von Schadenersetz und Bußgeld
In Goslar diskutieren Experten aktuelle Herausforderungen des Straßenverkehrs und Lösungen zu neuen Problemen des Verkehrsrechts

RobGal

Der kommende Verkehrsgerichtstag ist der 58. Er findet vom 29. bis 31. Januar 2020 statt, wie immer seit 1963 in Goslar. Regelmäßig reisen über 2.000 Fachleute aus allen Bereichen des Verkehrssektors an, nicht nur Juristen, sondern auch Mediziner, Psychologen und Verkehrswissenschaftler, zudem sind die Prüfgesellschaften und Automobilklubs vertreten, die Versicherer und Fahrlehrerverbände, die Politik und Verwaltung.
Die Idee zum Verkehrsgerichtstag hatten Anfang der 60er Jahre Juristen und Journalisten, die im Zuge der zunehmenden Motorisierung nach dem Krieg mit Sorge die steigende Zahl verkehrsrechtlicher Prozesse und neue Probleme registrierten. Die Rechtsordnung war zersplittert und stammte teils noch aus der NS-Zeit, bot also keinen adäquaten Rahmen mehr. Daher wurde 1961 das „Verkehrswissenschaftliche Seminar“ gegründet, das später „Deutsche Akademie für Verkehrswissenschaft – Deutsches Verkehrswissenschaftliches Seminar“ heißen sollte. Im Laufe der Zeit erfuhren die Fragestellungen des Verkehrsgerichtstages immer wieder Erweiterungen, so kamen beispielsweise verstärkt versicherungsrechtliche Fragen hinzu.

Die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages, die an öffentliche Debatten anknüpfen und denen zum Teil sehr kontroverse Debatten in den acht thematischen Arbeitskreisen vorausgehen, finden ihren Niederschlag in neuen Gesetzen und Verordnungen. Ein Beispiel ist das begleitete Fahren mit 17. Traditionell befasst sich der achte und letzte Arbeitskreis mit Fragen aus dem Reiserecht.

2020 wird einmal mehr die Verkehrssicherheit im Zentrum stehen, etwa der Umgang mit Rasern und die Kontroverse um die neuen Elektroroller. Aber auch rechtliche Frage im engeren Sinne wie Schadenersatzansprüche nach einem Unfall und Bußgeldverfahren werden Thema sein. Im einzelnen:

Arbeitskreis I: „Grenzüberschreitende Unfallregulierung in der EU“
Ein Geschädigter kann Schadenersatzansprüche in seinem Land geltend machen, auch wenn sich der Unfall im EU-Ausland ereignete. Allerdings sind die Gesetze dieses anderen Landes anzuwenden. Oft stimmen sie nicht mit den deutschen Bestimmungen überein. Das wirft Probleme auf. Darauf will der Arbeitskreis hinweisen und Lösungsvorschläge unterbreiten.

Arbeitskreis II: „Abschied von fiktiven Schadenersatz?“
Wer in einen Unfall verwickelt wird, kann sich entweder den Schaden reparieren lassen und die Kosten abrechnen oder er lässt sich die angenommenen Reparaturkosten auszahlen. Eine solche „fiktive Abrechnung“ muss ein Gutachter erstellen. Kritiker mutmaßen nun, dass sich Geschädigte durch die Spielräume, welche die Gutachter haben, bereicherten. In dem Arbeitskreis soll diskutiert werden, ob die fiktive Abrechnung überholt ist und künftig nur noch die unmittelbare Regulierung von Sachschäden zulässig sein soll.

Arbeitskreis III: „Nimmt die Aggressivität auf der Straße zu?“
Viele Verkehrsteilnehmer kritisieren eine zunehmende Aggressivität im Straßenverkehr. „Wird das ‚Hallo Partner, danke schön!’ anno 2020 zunehmend zum ‚Platz da, jetzt komm’ ich!’?“ lautet die Leitfrage in diesem Arbeitskreis. Es soll erörtert werden, ob die Rücksichtslosigkeit real zunimmt und ob die zuletzt vorgenommenen Verschärfungen der Strafgesetze gegen Raser und illegale Straßenrennen Wirkung zeigen. Dabei kommen auch „psychologische, juristische und infrastrukturelle Ansätze, die einem entspannten Verkehrsklima förderlich sein können“, zur Sprache.

Arbeitskreis IV: „Praxistauglichkeit des Bußgeldverfahrens“
Speziell die mit Verkehrssachen befassten Gerichte leiden unter Personalmangel und Zeitnot. Daher werden in der Fachwelt bereits Möglichkeiten zur Verfahrensstraffung erörtert. Andererseits haben Betroffene stets Anspruch auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren. Zudem müssen wegen kurzer Verjährungsfristen die Sachverhalte etwa bei Tempoverstößen zügig aufgeklärt werden. Über diese Herausforderungen wird im vierten Arbeitskreis zu sprechen sein.

Arbeitskreis V: „Elektrokleinstfahrzeuge“
Seit E-Roller zugelassen sind, hält die Kritik an rücksichtslosen und waghalsigen Fahrern an. Beklagt wird auch das unbedachte Abstellen der Fahrzeuge mitten auf Gehwegen. Der Arbeitskreis hat sich eine Bestandsaufnahme zu den rechtlichen Bestimmungen und zu ihrer Umsetzung vorgenommen. Erfahrungen aus dem Ausland sollen herangezogen werden, um Verbesserungen der Verkehrssicherheit zu debattieren.

Arbeitskreis VI: „Fahranfänger – neue Wege zur Fahrkompetenz“
Seit Jahren nimmt die Zahl der Fahrschüler, die durch die Prüfung fallen, zu. In Goslar soll das veränderte Lernverhalten junger Menschen reflektiert werden, die „heutzutage mit Hilfe von modernsten Lehr- und Lernmedien in meist kurzer Zeit, sehr komprimiert und zielgerichtet auf einen Prüftermin hin“ lernen, so der Arbeitskreis. Auf der Grundlage aktueller Forschungsergebnisse soll geprüft werden, ob Maßnahmen wie der Führerschein auf Probe oder das begleitete Fahren ab 17 wirksam und ausreichend sind.

Arbeitskreis VII: „Entschädigung von Opfern nach terroristischen Anschlägen“
Viele Opfer des Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz kritisieren die komplizierten und entwürdigenden Verfahren zu ihrer Entschädigung. Der Arbeitskreis will Möglichkeiten der Erleichterung diskutieren und ob über Geldleistungen hinaus auch andere Unterstützung erforderlich ist.

Arbeitskreis VIII: „Sicherheit und Passagierrechte auf Kreuzfahrten“
Ist die Sicherheit von Passagieren und Besatzung auf den immer größer werdenden Kreuzfahrtschiffen gewährleistet? Der Arbeitskreis hat sich eine Analyse vorgenommen und will danach Handlungsempfehlungen beschließen.
Quellen
    • Foto: Archiv Unfallzeitung | Text: Beate M. Glaser (kb)