
Rückblick 2019 und Ausblick 2020: Der internationale Automarkt sackt abEin Bündel von Ursachen | VDA-Prognose: Krise hält 2020 an
Mattes findet an der Lage nichts zu beschönigen. Er führt die negative Entwicklung auf die Verquickung mehrerer Ursachen zurück. An erster Stelle nennt er die insgesamt rückläufige Welt-konjunktur; des Weiteren wirkten sich die Handelskonflikte der USA gegen China und Europa sowie der Brexit dämpfend aus – laut britischem Automobilverband SMMT ist mit einem Rückgang der dortigen Autoproduktion um 14,4 Prozent zu rechnen. Als weitere Ursache für die schwierige Lage nennt Mattes die Herausforderungen eines „fundamentalen Strukturwandels“. Das verlange der Autoindustrie enorme Investitionen bei gleichzeitig nachlassender Geschäftsentwicklung ab. „In vielen Unternehmen ist die Anspannung zu spüren“, meint der VDA-Präsident.
Diese knifflige Entwicklung wirkt sich auch auf die Prognose für 2020 aus. Weltweit erwartet der VDA eine weitere Schrumpfung des Autoabsatzes um ein Prozent auf 78,9 Millionen Fahrzeuge. Für China, die USA und Europa werden Rückgänge um zwei bis drei Prozent vorhergesagt. Von den internationalen Unsicherheiten ist insbesondere die hiesige Autobranche betroffen, weil sie sehr stark auf den Export orientiert und davon abhängig ist. Immerhin gehen drei von vier produzierten Fahrzeugen ins Ausland. Der Anstieg im heimischen Absatz (plus vier Prozent auf 3,57 Millionen Einheiten) werde die Verluste im Export (minus zwölf Prozent auf 3,5 Millionen Pkw) nicht ausgleichen können, musste Mattes konstatieren. Für das nächste Jahr geht er davon aus, dass der Export und die Produktion von Pkw gehalten werden können, „wenn es gut läuft“. In der Bundesrepublik sieht er einem Neuzulassungsminus von vier Prozent (auf 3,43 Millionen) entgegen.
Arbeitsplätze in Gefahr
Damit würden sich, bei gängiger Unternehmenspolitik, große Auswirkungen auf die Beschäftigung ergeben. Zwar ist die Gesamtzahl der Mitarbeiter während der ersten drei Quartale dieses Jahres gelinde auf 835.300 Personen gestiegen. Der VDA prognostiziert aber bis zum Jahresende eine Reduzierung, die sich im kommenden Jahr noch verstärken werde. Mehrere Autohersteller und große Zulieferer kündigten bereits an, während der nächsten Jahre in erheblicher Zahl Arbeitsplätze abzubauen. Darunter befinden sich so prominente Unternehmen wie Audi, Bosch, BMW, Continental, Daimler und Ford.
Darüber hinaus drohen im Zuge der Umwandlung zur Elektromobilität weitere Arbeitsplätze gestrichen zu werden – für E-Autos werden zwar höherqualifizierte Tätigkeiten gebraucht, gleichzeitig sind die Stromer weniger arbeitsintensiv herzustellen. Der VDA-Präsident erwartet in dem Zeitraum von 2020 bis 2030 allein in diesem Produktionsbereich einen Abbau von 70.000 Stellen. Zur Abfederung fordert Mattes von der Bundesregierung niedrigere Gewinnsteuern für die Unternehmen und günstigere Strompreise. Ebenso sprach er sich für reduzierte Lohnkosten (soll heißen: Abzüge bei den Löhnen und Sozialabgaben) sowie den Abbau internationaler Handelshemmnisse aus.
Bedacht sei an dieser Stelle, dass Autos keine Autos kaufen und dass Steuern auch für die öffentliche Infrastruktur (Verkehrswege, Ladestationen) sowie für die Qualifikation der Beschäftigten eingesetzt werden. Eine kräftige Inlandsnachfrage ist geeignet, den schwächelnden Export zu kompensieren. Der strukturelle Umbruch macht gänzlich neue Konzepte und Organisationsformen für das Verkehrssystem von morgen erforderlich. Nicht nur auf Hildegard Müller als künftige VDA-Präsidentin warten 2020 große Herausforderungen.