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VW-Krise: Betriebsversammlung unter Druck aus den USA
Sorgenvolle Reden / Betriebsratsvorsitzender Osterloh weist Einschnitte bei Tarifverträgen zurück / Neues Ungemach aus den USA / Phaeton-Produktion läuft aus, Nachfolger in China

RobGal

Mehr als 20.000 Mitarbeiter versammelten sich Anfang der Woche in der traditionellen Werkshalle 11 von Volkswagen in Wolfsburg. Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh bezog sich in seiner Rede auf die drohenden hohen Strafzahlungen und Entschädigungen aus den USA wegen der Abgasmanipulationen, die den Konzern stark belasten könnten. Bei Gefährdung der Zukunftsfähigkeit des Autoherstellers wären auch dramatische soziale Folgen an allen VW-Standorten nicht ausgeschlossen, warnte der Gewerkschafter.
Er plädierte an die US-Behörden, diese soziale und beschäftigungspolitische Dimension im Auge zu haben. Gleichzeitig brachte Osterloh zum Ausdruck, dass der Betriebsrat Einschnitte in bestehende Tarifverträge nicht hinnehmen werde. Dabei lobte er, dass die Mitarbeiter in den Stammwerken eine "Anerkennungsprämie" erhalten werden, obwohl der Konzern infolge der Abgasaffäre 2015 keine Gewinne gemacht hat.

Volkswagen-Chef Matthias Müller wies vor der Belegschaft darauf hin, dass sich einige Probleme erst in den kommenden Jahren klären ließen. Dazu gehöre das Ausmaß der finanziellen Konsequenzen, die schmerzhaft sein würden, wie er ankündigte. Das Problem der manipulierten Dieselmotoren soll für die VW-Kunden noch in diesem Jahr gelöst werden, sagte Müller. Bei den Konsequenzen aus der Abgasaffäre bekräftigte der VW-Vorsitzende noch einmal seine Forderung nach schlankeren Unternehmensstrukturen und einer neuen Strategie. VW müsse konzeptionell, in der Praxis und in der öffentlichen Wahrnehmung genauso eigenständig werden wie Audi oder Porsche.

VW-Markenchef Herbert Diess sprach im nichtöffentlichen Teil über konkrete Konsequenzen. Die werden mit Sicherheit unter scharfer Beobachtung des Betriebsrates stehen. In eine ähnliche Richtung wie Bernd Osterloh sprach auch Stephan Weil (SPD), der als niedersächsischer Ministerpräsident über Sitz und Stimme im Aufsichtsrat des Konzerns verfügt. Er hob die positive Bedeutung der starken Mitbestimmung im Betrieb und die gute Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und dem Miteigentümer Niedersachsen hervor. Nachdrücklich wies er darauf hin, dass dies nicht durch den Dieselskandal berührt werde. Er gab der Hoffnung Ausdruck, dass 2016 das Jahr der Konsolidierung für VW sein wird.

Derweil droht VW in den USA neues Ungemach. Das Justizministerium kündigte überraschend eine Klage auf der Grundlage eines eigentlich für Banken vorgesehenen Gesetzes an, weil bei der Finanzierung der manipulierten Autos Schaden entstanden sein könnte. Zudem hat sich der Leiter von VW in den USA, Michael Horn, nach Konzernangaben einvernehmlich und aus privaten Gründen von seinem Posten zurückgezogen. In der Öffentlichkeit wird gemunkelt, dass er angesichts der großen Probleme und auch wegen möglicher juristischer Folgen für seine Person aufgegeben habe. Sein Interimsnachfolger ist der Chef für Nordamerika, Hinrich Woebcken, der als ehemaliger BMW-Manager für einen Neustart steht.

Außerdem soll nach Medienberichten die Produktion des VW Phaeton in den nächsten Tagen auslaufen. Das Oberklassemodell stand von Anfang als untypisch für Volkswagen in der Kritik und weil es dem Audi A8 Konkurrenz macht. Als eine Art Nachfolger kann die neue Oberklasselimousine VW Phideon gelten, die von einem Gemeinschaftsunternehmen in China gefertigt und nur dort angeboten wird. Aus dem Reich der Mitte waren bis zuletzt viele Phaeton-Bestellungen gekommen. Ob und wann ein neuer Phaeton erscheinen und ob es ihn nur als Elektroauto geben wird, ist wegen der Querelen in Folge des Dieselskandals noch offen.
Quellen
    • Text: Olaf Walther/Kristian Glaser (Kb)
    • Foto: Hersteller