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OLG Frankfurt zu einem Unfall zwischen Linksabbieger und Überholer
OLG Frankfurt am Main Berufungsurteil vom 26.1.2016 – 7 U 189/13 –

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Die Parteien streiten über die Haftung eines Verkehrsunfalles, der sich im November 2011 gegen 15.00 Uhr im Ort O im Landgerichtsbezirk Frankfurt am Main ereignete. Die Klägerin, die Halterin und am Unfalltage auch Fahrerin des Pkw war, befuhr mit diesem die A-Straße. In Höhe des Hauses mit der Hausnummer … wollte sie nach links in das Grundstück mit der Hausnummer … abbiegen. Die Klägerin behauptet, vor dem Abbiegen den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt zu haben. Zur gleichen Zeit beabsichtigte der hinter ihr herfahrende LKW-Fahrer den Pkw zu überholen. Die Fahrzeuge kollidierten. Die Pkw-Eigentümerin verlangt von der Kfz-Haftpflichtversicherung des LKW Schadensersatzansprüche geltend.
Das in erster Instanz zuständige Landgericht Frankfurt hörte den Lkw-Fahrer informatorisch an und holte ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen D. ein. Das Landgericht Frankfurt wies mit Urteil vom 28.6.2013 – 2-28 O 295/12 – die Klage ab. Die dagegen erhobene Berufung blieb ohne Erfolg.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegenüber der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung kein Schadensersatzanspruch zu. Die vom Landgericht zu Lasten der Klägerin vorgenommene Haftungsverteilung mit ihrer alleinigen Haftung ist nach Ansicht des Senates sachgerecht. Allein die höhere Betriebsgefahr des LKWs rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie tritt hinter den groben Verkehrsverstößen der Klägerin gänzlich zurück. Nach den Feststellungen des LG Frankfurt am Main, an die sich der Senat gebunden fühlt, hat die Klägerin sich entgegen § 9 StVO nicht ordnungsgemäß zum Linksabbiegen eingeordnet. Bei Beachtung der erforderlichen Rückschaupflicht hätte die Klägerin den Unfall durch Abbrechen des Abbiegevorgangs vermeiden können. Auch hat die Klägerin nicht beweisen können, dass sie rechtzeitig den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hatte. Angesichts dessen hat das LG Frankfurt am Main auch zu Recht einen eigenen haftungsbegründenden Sorgfaltsverstoß des beklagten Lkw-Fahrers verneint. Es liegt keine unklare Verkehrslage im Sinne des § 5 StVO vor.

Eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, das heißt, wenn die Verkehrslage unübersichtlich ist. Bei einer Verlangsamung des Vorausfahrenden kommt es insoweit auf die konkrete Verkehrssituationund die Örtlichkeit an. Nur wenn diese geeignet sind, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen, kommt eine unklare Verkehrslage in Betracht (vgl. OLG München Urt. v. 9.11.2012 – 10 U 1860/12 -; KG KGR Berlin 2003, 169). Im konkreten Fall fuhr die Klägerin nach den Feststellungen der Beweisaufnahme am rechten Fahrbahnrand. Der beklagte Lkw-Fahrer hatte sich mit diesem zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet. Er konnte nicht damit rechnen, dass die Klägerin mit ihrem Pkw plötzlich nach links zum Abbiegen ansetzen würde.

Fazit und Praxishinweis: Wer nach links in eine Straße oder in ein Grundstück abbiegen will, muss das rechtzeitig durch betätigen des linken Fahrtrichtungsanzeigers ankündigen und sich unter Verringerung der Fahrgeschwindigkeit zur Fahrbahnmitte hin einordnen. Das hatte die Klägerin in dem konkreten Fall nur unzureichend getan, so dass bei der Abwägung der verschiedenen Haftungsquoten von einem Alleinverschulden der Abbiegenden auszugehen war. Die Betriebsgefahr des kollidierenden Lkws trat hinter den groben Verkehrsverstößen der Abbiegenden zurück. Beim Abbiegen ist es auch besonders wichtig, den nachfolgenden Verkehr genau zu beobachten und gegebenenfalls den Abbiegevorgang abzubrechen.
Quellen
    • Foto: rcx - Fotolia.com