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Auf der Bundesautobahn in Hessen bildete sich nach einem Verkehrsunfall ein Stau. Die sich der Unfallstelle nähernden Kraftfahrzeuge bildeten für die Rettungsfahrzeuge eine Rettungsgasse. Der spätere Kläger wechselte mit seinem Fahrzeug auf die rechte Fahrspur und ordnete sich weit rechts ein und überfuhr dabei die weiße durchzogene Seitenbegrenzungslinie. Knapp auf dem Seitenstreifenkollidierte er mit einem Polizeifahrzeug, das das Blaulicht eingeschaltet hatte. Allerdings war das Martinshorn nicht eingeschaltet.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Ersatz seines Schadens. Er ist der Ansicht, dass die Polizei die gebildete Rettungsgasse unter Einsatz von Licht- und Schallsignalen hätte nutzen müssen. Die Klage blieb auch vor dem OLG Frankfurt ohne Erfolg.

Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu. Der Kläger hat nämlich den Unfall selbst dadurch verursacht, dass er beim Wechsel von dem mittleren Fahrstreifen auf die rechte Fahrspur mit dem von ihm geführten Kraftfahrzeug über die Seitenbegrenzungslinie hinaus auf den Seitenstreifen geriet und dort mit dem im Einsatz befindlichen Polizeifahrzeug kollidierte. Damit hat der Kläger gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung gemäß § 2 I 1 StVO verstoßen. Der Seitenstreifen ist grundsätzlich nicht als Fahrbahn zu nutzen. Entgegen der Ansicht des Klägers mussten die Polizeibeamten für ihre Einsatzfahrt zur Unfallstelle auf der Bundesautobahn nicht die bereits gebildete Rettungsgasse benutzen. Die Fahrt auf dem Seitenstreifen als solche wirkt nicht haftungsbegründend, da sie keinen Verstoß gegen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung darstellt.

Die Polizeibeamten waren eindeutig auf einer Einsatzfahrt. Damit waren sie gemäß § 35 I StVO von den Vorschriften dieser Verordnung befreit. Denn nach § 35 I StVO ist unter anderem die Polizei von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenndas zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben dringend geboten erscheint. Das wird von dem erkennenden Senat in diesem Fall bejaht. Die Befreiung von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung tritt auch dann ein, wenn das Sonderrechtsfahrzeug weder Einsatzhorn noch Blaulicht führt oder diese zwar vorhanden, aber nicht betätigt werden. Bei Einsatzfahrten darf gemäß 38 II StVO auch blaues Blinklicht alleine verwendet werden.

Dem Kläger kann auch noch ein weiterer Schuldvorwurf gemacht werden. Er hat aus Unachtsamkeit das auf dem Seitenstreifen mit circa 45 km/h bis maximal 50 km/h fahrende Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht nicht bemerkt. Damit hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt vermissen lassen. Es kann den Kläger auch nicht entlasten, indem er behauptet, das Polizeifahrzeug nicht gesehen zu haben, da es durch Lastkraftwagen verdeckt gewesen wäre. Gerade dann hätte der Kläger sorgfältig sein Fahrmanöver einrichten müssen. Er durfte keinesfalls über die Begrenzungslinie hinaus fahren. Der Seitenstreifen ist grundsätzlich nicht als Fahrbahn zu benutzen. Die Benutzung des Seitenstreifens durch die Polizei war in der Eisatzfahrt begründet gedeckt.

Fazit und Praxishinweis: Der Seitenstreifen auf der Bundesautobahn und autobahnähnlichen Schnellstraßenist keine Fahrbahn. Sie dient als Pannenstreifen. Lediglich bei eindeutigen Einsatzfahrten durch Polizei- oder sonstige Rettungsfahrzeuge ist dieser von Notfallfahrzeugen im Einsatz zu befahren. Dabei ist es gleichgültig, ob auf den Fahrbahnen eine Rettungsgasse gebildet worden ist oder nicht. Beim Wechsel der Fahrspuren, um die Rettungsgasse zu bilden oder sie zu erweitern, ist besondere Vorsicht walten zu lassen, da von hinten immer mit Einsatzfahrzeugen gerechnet werden muss. Es ist daher besonders wichtig, bereits frühzeitig die Rettungsgasse zu bilden. Dann sind spätere Fahrmanöver auch nicht mehr notwendig.
Quellen
    • Foto: vege - Fotolia.com