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Der Kläger ist Kfz-Sachverständiger. Als solcher fertigte er im Auftrag mehrerer Auftraggeber Schadensgutachten nach Verkehrsunfällen, bei denen die beklagte HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse eintrittspflichtiger Versicherer war. In insgesamt zehn Fällen kürzte die Beklagte die berechneten Kosten des Klägers in Höhe von insgesamt 684,85 €. Diesen Betrag klagte der Sachverständige aus abgetretenem Recht vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Bochum ein. Die Beklagte wandte ein, dass die vom Kläger berechneten Kosten insgesamt überhöht seien, was schon leicht aus einem Vergleich mit den Beträgen aus dem Honorartableau der HUK-COBURG ersichtlich sei. Die Klage hatte zum überwiegenden Teil Erfolg.
Die Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht ein weiterer Betrag von 630,85 € zu. Jeder Geschädigte darf nach einem Verkehrsunfall einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe beauftragen und von der Beklagten als Haftpflichtversicherer nach § 249 II 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen.

Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Seiner Verpflichtung zur Schadensgeringhaltung kommt der Geschädigte nach, wenn er einen ihm zumutbaren Weg der Schadensbehebung wählt, nämlich einen ihn in seiner ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen beauftragt. Er ist nicht verpflichtet, vor der Beauftragung des Sachverständigen zunächst eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen anzustellen (vgl. BGH NJW 2014, 1947 m.w.N.). Seiner Darlegungslast kommt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des Sachverständigen nach.

Die Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages im Sinne des § 249 II 1 BGB. Das gilt auch dann, wenn der Geschädigte die Rechnung nicht bezahlt hat. Nach der Abtretung haftet er nach wie vor noch bezüglich der Ausgleichung. Das einfache Bestreiten der Erforderlichkeit der berechneten Beträge durch die Beklagte reicht nicht, die geltend gemachte Schadenshöhe infrage zu stellen.

Die Beklagte hätte vielmehr darlegen und beweisen müssen, dass die Geschädigten jeweils erkennen konnten, dass der Kläger nicht mehr branchenübliche Preise berechnet. An einer derartigen Darlegung fehlt es im Vortrag der Beklagten ganz. Auch der Hinweis der Beklagten auf die Beträge in dem von ihr selbst erstellten Honorartableau hilft ihr nicht weiter. Maßgeblich ist nicht der Vergleich mit dem eigenen Honorartableau, denn es ist nicht dargetan, weshalb die jeweiligen Geschädigten, und auf die kommt es an, diese Beträge des HUK-COBURG-Honorartableaus hätten kenn müssen. Auch die im Übrigen erhobenen Einwendungen der Überhöhung der einzelnen Nebenkosten greifen nicht durch. Maßgeblich bei der Schadenshöhenschätzung ist nämlich der Gesamtbetrag der Rechnung.

Fazit und Praxishinweis: Mit überzeugender Begründung hat das erkennende Gericht der Klage im überwiegenden Teil statt gegeben. Dabei hat das Gericht bei seiner Entscheidung zu Recht auf die Erforderlichkeit der berechneten Sachverständigenkosten abgestellt. Denn mit der Vorlage der Rechnung, gleichgültig ob bezahlt oder nicht, hat der Geschädigte zunächst schlüssig den erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 BGB dargelegt. Wenn der Schädiger meint, der Geschädigte habe gegen seine Schadensgeringhaltungspflicht verstoßen, so ist er darlegungs- und beweisbelastet für diese Behauptung. Ein Vergleich mit den Beträgen des von der HUK-COBURG selbst erstellten Honorartableaus ist nicht möglich, da es dem deutschen Recht fern ist, dass der Schädiger die Preise für die Wiederherstellung bestimmt. Immerhin ist der Geschädigte Herr des Wiederherstellungsgeschehens.

Im Übrigen hat der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (=BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann) entschieden, dass weder der Schädiger noch das Gericht zu einer Preiskontrolle berechtigt ist, wenn der Geschädigte die Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat. Mit der Beauftragung eines qualifizierten Kfz-Sachverständigen seiner Wahl hat der Geschädigte das Erforderliche zur Feststellung des Schadensumfangs und der Schadenshöhe getan. Eine Verletzung der Schadensgeringhaltungspflicht im Sinne des § 254 II BGB kann ihm daher regelmäßig nicht vorgeworfen werden.
Quellen
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