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Auf der Bundesautobahn A 6 kam es zwischen einem Lkw und einem Lieferwagen zu einer Kollision. Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig. In dem Lieferwagen war allerdings eine Dashcam angebracht, die nicht permanent lief, sondern nur in besonderen Situationen eingeschaltet wurde. Da die Aussagen der Fahrer der beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge unterschiedlich war und jeder die Schuld am Zustandekommen des Unfalls dem jeweils anderen zuschob, wurde die Aufnahme der Dashcam als Beweismittel verwertet. Auch Zeugen wurden im Wege der Beweisaufnahme gehört. So wurde auch die Lkw-Fahrerin als Zeugin gehört.
Der Eigentümer des Lkws klagt vor dem örtlich zuständigen Landgericht Frankenthal gegen die Haftpflichtversicherung des Lieferwagens auf Schadensersatz, weil der Lieferwagen auf seinen Lkw aufgefahren sei.

Soweit die Lkw-Fahrerin als Zeugin des Klägers ausgesagt hat, dass der Unfall passiert sei, als sie schon eine gewisse Zeit und Strecke auf der linken Spur gefahren sei, war die Aussage der Zeugin einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Bereits aufgrund der Aussage eines unbeteiligten Zeugen hatte die erkennende Zivilkammer erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der Aussagen der Lkw-Fahrerin. Nach Inaugenscheinnahme der Dash-Cam-Aufnahme vermochte die Kammer der Aussage der Zeugin nicht mehr zu folgen, denn die Aufnahmen auf der Dashcam zeigten, dassdie Lkw-Fahrerin die Unwahrheit gesagt hat.

Die Bilder zeigten eindeutig, dass sie bereits eine längere Wegstrecke und eine längere Zeit auf der linken Fahrspur gefahren ist. Andererseits bewiesen die Aufnahmen auch, dass der beklagte Fahrer des Lieferwagens die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h um 42 km/h überschritten hatte.Bei der Aufnahme der Dashcam handelt es sich im vorliegenden Fall unter Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten ausnahmsweise um ein zulässiges Beweismittel. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die Aufnahmen mittels einer sogenannten Dash-Cam vor dem Hintergrund des Datenschutz- und Persönlichkeitsrechtes grundsätzlich als problematisch an-zusehen sind. Nach ständiger Rechtsprechung hängt jedoch die Verwertbarkeit mittels solcher Kameras gewonnenen Aufnahmen von den jeweils schutzwürdigen Interessen der Parteien ab, die gegeneinander abzuwägen sind (BVerfG NJW 2002, 3619; BGH NJW 1995, 1955; BAG NJW 2003, 3436; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 241; KG NJW 2002, 2799; Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 286 Rn. 15, 15a, 15c).

Ein Beweisverwertungsverbot liegt im vorliegenden Fall nicht vor. Für ein Beweisverwertungsverbot besteht eine Indizwirkung, wenn das Beweismittel unter Verstoß gegen einfachgesetzliche Normen erlangt worden ist. Solche Beweismittel sind nur ausnahmsweise verwertbar, nämlich dann, wenn der durch die einfachgesetzliche Norm geschützten Sphäre berechtigte Interessen gegenüberstehen. Bei einer permanenten und anlasslosen Überwachung des Straßenverkehrs durch eine in einem Fahrzeug installierte Kamera kommen grundsätzlich Verstöße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Betracht. Im zu entscheidenden Fall war die Dashcam allerdings nicht permanent eingeschaltet. Unter Berücksichtigung all der Aspekte der Rechtsprechung und Literatur und der Umstände dieses Rechtsstreites erachtet die Kammer die Verwertung der Dash-Cam-Aufnahme als Augenscheinsobjekt im Sinne des § 371 ZPO, der allerdings analog anzuwenden ist, im vorliegenden Fall aufgrund der jedenfalls überwiegenden Interessen der Beklagten für zulässig.

Fazit und Praxishinweis: Wenn dem erkennenden Gericht eine lückenlose Aufklärung des Unfallhergangs – trotz durchgeführter oder wegen der durchgeführten Beweisaufnahme – nicht möglich ist, dürfte im Verkehrszivilrecht die Verwertung von Dash-Cam-Aufnahmen zulässig sein. Es ist aber immer eine Güterabwägung der beteiligten Interessen vorzunehmen. Einerseits das betroffene Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten und andererseits das Aufklärungsinteresse des Geschädigten.
Quellen
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