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Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte zur Feststellung der Schadenshöhe einen anerkannten Kfz-Sachverständigen in Halle. Dieser ermittelte den voraussichtlichen Reparaturaufwand auf 1.109,62 €. Seine Gutachterkosten berechnete er mit 486,27 €, worauf die Beklagte lediglich 100,-- € zahlte. Die eintrittspflichtige Allianz Versicherung AG verweigerte die Erstattung der weiteren Sachverständigenkosten in Höhe von. 398,27 € mit der Begründung, dass ein Bagatellschaden vorliege und daher ein Gutachten nicht erforderlich gewesen sei.
Der Geschädigte trat seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung derrestlichen Sachverständigenkosten an den Gutachter ab, der die Forderung aus abgetretenen Recht rechtshängig machte. Das angerufene Amtsgericht Halle (Saale) gab der Klage statt.

Die Klage hat Erfolg. Die beklagte Allianz Versicherung AG ist einstandspflichtig, da bei dem Betrieb des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs ein anderes Fahrzeug beschädigt wurde. Der Höhe nach schuldet die Beklagte den vollen Kostenrechnungsbetrag von 486,27 €. Denn die Gutachterkosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit eine Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann). Ebenso können die Gutachterkosten zu dem nach § 249 II 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 528/12).

Ob die Erstellung eines Schadensgutachtens zur zweckentsprechenden Rechtverfolgung ausnahmsweise einmal nicht erforderlich ist, bestimmt sich aus der Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen (BGH Urt. v. 30.11.2004 – VI ZR 365/03 – Rn. 17) unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten (BGH Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 471/12 Rn. 19; BGH DS 2007, 144). Ein Indiz für die Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens bildet der durch das Gutachten festgestellte Reparaturaufwand (BGH Urt. v. 30.11. 2004 – VI ZR 365/03 Rn. 18). Der Kfz-Sachverständige H. hat in seinem Gutachten die Reparaturkosten mit 1.109,62 € angegeben. Dieser Betrag liegt eindeutig über dem vom BGH festgelegten Betrag von 715,81 €. Damit war der Geschädigte berechtigt, einen Kfz-Sachverständigen seiner Wahl einzuschalten.

Fazit und Praxishinweis:
Nachdem der BGH revisionsrechtlich die Bagatellschadensgrenze von umgerechnet 715,81 € nicht beanstandet hat, gilt nach wie vor die fließende Grenze. Der Betrag darf keineswegs starr gesehen werden. Auf jeden Fall lag der vom Gutachter ermittelte Betrag von 1.109,62 € eindeutig über dem Bagatellschadensbetrag. Dem Geschädigten konnte daher bei der Beauftragung des Kfz-Sachverständigen kein Verstoß gegen die Schadensgeringhaltungspflicht vorgeworfen werden. Im Übrigen beachten auch die Ausführungen zum Bagatellschaden in FAQ in dieser Unfallzeitung.
Quellen
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