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Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hatte der Geschädigte den späteren Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt. Gleichzeitig hatte der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten an den Sachverständigen abgetreten.
Die beklagte HUK-COBURG hat nur einen Teil der Sachverständigenkosten reguliert. Der Differenzbetrag von 118,11 € ist Gegenstand des Rechtsstreits. Das zunächst angerufene Amtsgericht Neubrandenburg hat mit Urteil vom 23.12.2015 – 101 C 159/14 – die Klage abgewiesen, allerdings die Berufung zugelassen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg.

Die Berufung ist zulässig und begründet, denn die Einwendungen der beklagten Kfz-Versicherung sind in der Sache nicht gerechtfertigt. Fest steht und wird auch von keiner der Parteien bezweifelt, dass der Geschädigten dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens zustand, der durch die Abtretung auf den Kläger übergegangen ist. Denn diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 IBGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann).

Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 II 1 BGB nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sogenannte subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH Urt. v. 22.7.2014 – VI ZR 357/13 -).

Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch dieVorlage der Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Diese Rechnung bildet bei der nach § 287 ZPO gebotenen Schadensschätzung ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 II 1 BGB (BGH, a.a.O.). Allerdings ist der tatsächlich in Rechnung gestellte Betrag nicht mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Liegen die von dem Sachverständigen berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden.

Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 I ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen. Die Schätzung darf nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (BGH, a.a.O.). Die von dem klagenden Kfz-Sachverständigen hier in Rechnung gestellten Nebenkosten bewegen sich sämtlich im Rahmen der BVSK Honorarbefragung 2013. Dies ist jedenfalls ein starkes Indiz dafür, dass die geltend gemachten Forderungen sich im Rahmen des Üblichen halten.

Fazit und Praxishinweis: Der Geschädigte eines für ihn unverschuldeten Verkehrsunfalls hat grundsätzlich Anspruch auf Erstattung der berechneten Sachverständigenkosten, wenn eine vorherige Begutachtung erforderlich und zweckmäßig ist (BGH DS 2007, 144; BGH DS 2014, 90). Was erforderlich und zweckmäßig ist, richtet sich nach der Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Kfz-Sachverständigen. Die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten bilden dabei ein Indiz für die Erforderlichkeit der berechneten Kosten. Nur wenn die Kosten für den Geschädigten erkennbar deutlich über den branchenüblichen Preisen liegen, kann dieser nicht mehr volle Erstattung der berechneten Beträge beanspruchen (BGH DS 2014, 90). Die Beweislast für die Erkennbarkeit der Überhöhung liegt allerdings bei dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung .
Quellen
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