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Es ist eigentlich eine schadensersatzrechtliche Banalität, dass der Geschädigte nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall zur Feststellung und Beweissicherung seiner Unfallschäden und zur Feststellung der Schadenshöhe ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben darf. Dieses Recht hat er wegen der Waffengleichheit sogar, wenn der eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer seinerseits ein Gutachten in Auftrag gibt.
Die Kosten eines Gutachtens, das nach einem fremd verschuldeten
Kfz-Unfall der Geschädigte zur sachverständigen Feststellung des
Schadens, des Fahrzeugzeitwertes sowie der voraussichtlichen
Instandsetzungskosten erstellen lässt, sind erstattungsfähig (so OLG
Karlsruhe NJW 1968,1333 = VersR 1969, 191). Mit diesem Urteil ist
erstmalig festgestellt worden, dass der Geschädigte berechtigt ist, ein
Gutachten eines qualifizierten Kfz-Sachverständigen in Auftrag geben zu
dürfen. Die Kosten des Gutachtens hat nach § 249 BGB der Schädiger zu
tragen. Dieses Urteil hat sich die Rüge der versicherungsfeindlichen
Tendenz eingebracht (so Fleischmann in seiner Urteilsanmerkung in VersR
1969, 193). Trotzdem war es der Ursprung einer bis heute durchgehenden
Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung des OLG Karlsruhe wurde fortgesetzt
durch das OLG Stuttgart mit Urteil vom 30.1.1974 (OLG Stuttgart DAR
1974, 189 = NJW 1974, 951).

Danach sind die Kosten eines vom Geschädigten zur
Unfallschadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens vom
Schädiger regelmäßig auch dann zu ersetzen. Das Kammergericht Berlin hat
entschieden, dass die Kosten eines vom Geschädigten eingeholten
Gutachten auch dann zu erstatten sind, wenn dem Schädiger bereits ein
Gutachten vorliegt (KG VersR 1977, 155). Das Kammergericht hat in dem
vorerwähnten Urteil auf das Urteil des BGH vom 6.11.1973 – VI ZR 27/73 –
(BGH NJW 1974, 34 = DAR 1974, 17) verwiesen. Darin hat der BGH ohne
weitere Begründung die grundsätzliche Ersatzfähigkeit der einschlägigen
Sachverständigenkosten festgestellt. Dort heißt es, allerdings an
versteckter Stelle, dass der Herstellung nach § 249 BGB zunächst die
Instandsetzungsarbeiten an dem Unfallfahrzeug selbst dienen
einschließlich der vorher durchgeführten Begutachtung des Fahrzeugs
durch einen Sachverständigen. Mit der Einstufung der
Sachverständigenkosten als unmittelbaren Sachschaden - und nicht als
Sachfolgeschaden – hat der BGH in seinem Urteil vom 29.1.1985 ( BGH DAR
1985, 154 = MDR 1985, 483) diesen Standpunkt bestätigt.

Letztlich ergibt sich auch aus dem Sachverständigenkosten-Urteil des BGH
vom 23.1. 2007 – VI ZR 67/06 – (= BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann),
dass der Geschädigte berechtigt ist, ein Gutachten über die
Unfallschäden an seinem verunfallten Kfz. In Auftrag zu geben. In diesem
urteil hat der BGH ausgeführt, dass der Geschädigte grundsätzlich die
Kosten des von ihm beauftragten Kfz-Sachverständigen erstattet verlangen
kann, denn die Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar
verbundenen und gem. § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen,
soweit eine vorherige Begutachtung zur Geltendmachung der
Schadensersatzansprüche erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. auch BGH
NJW 2005, 356 = DS 2005, 108; BGH NJW-RR 1989, 953, 956). Ebenso können
die Sachverständigenkosten zu dem nach § 249 II 1 BGB erforderlichen
Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur
tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und
zweckmäßig ist (vgl. BGH NJW 1974, 34 = VersR 1974, 90; BGH NJW 1985,
1845 L = VersR 1985, 441, 442; BGH DS 2005, 108 = NJW 2005, 356;
Wortmann VersR 1998, 1204, 1210f.).

Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der
Mittel zur Schadensbehebung frei (vgl. BGH NJW 2003, 2085; BGHZ 155, 1 =
BGH NJW 2003, 2086; BGH DS 2006, 193; BGH NJW 1989, 3009). Er darf zur
Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner
Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. BGH NJW
2005, 1112 = VersR 2005, 558, 559), so dass er im Regelfall berechtigt
ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des
Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH DS 2007, 144, 145; Hörl NZV 2003,
305, 306f.; Wortmann ZfS 1999, 1, 2; derselbe VersR 1998, 1204, 1210).
Aus diesem letzten Satz ergibt sich, dass der Geschädigte auch nach der
Rechtsprechung des BGH berechtigt ist, einen Gutachter seiner Wahl zu
beauftragen.

Auch aus der Dispositionsfreiheit, die sich aus § 249 II BGB ergibt,
kann das Recht der freien Sachverständigenwahl hergeleitet werden. Denn
der Geschädigte darf zur Schadensbeseitigung - und dazu gehört auch die
vorhergehende Schadensfeststellung - grundsätzlich den Weg einschlagen,
der aus seiner subjektiven Sicht seinen Interessen am besten geeignet
erscheint. Insoweit darf er entscheiden, wann, wo, wie und ob er den
Schaden beseitigt oder beseitigen läßt. Da die vorhergehende
Begutachtung des Unfallfahrzeuges zur Durchführung der
Schadensbeseitigung erforderlich und zweckmäßig ist, ist der Geschädigte
auch bei der Begutachtung des Schadensbildes frei und kann den
Sachverständigen auswählen, der am ihm am meisten geeignet erscheint.