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Der Geschädigte eines für ihn unverschuldeten Verkehrsunfalls beauftragte den späteren Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Für die Erstellung des Schadensgutachtens berechnete der Kfz-Sachverständige 660,20 € netto. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die berechneten Sachverständigenkosten um 114,82 €. Dieser Differenzbetrag ist Gegenstand des Rechtsstreits aus abgetretenem Recht vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Aschaffenburg. Die Klage hatte Erfolg.
DerAnspruch des Klägers folgt aus den §§ 7 I StVG, 249, 398 BGB. Der Geschädigte kann die berechneten Sachverständigenkosten in voller Höhe von 660,20 € gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung geltend machen, denn die berechneten Sachverständigenkosten sind erforderliche Kosten zur Ermittlung der Schadenshöhe in Bezug auf den zugrunde liegenden Verkehrsunfall. Der Geschädigte war vor Auftragserteilung an den Kfz-Sachverständigen nicht verpflichtet, Preisvergleiche unter den Sachverständigen anzustellen. Da den Geschädigten keine Erkundigungspflicht bezüglich der Sachverständigenkosten trifft, er auch keine Markforschung nach dem preisgünstigsten Sachverständigen zu betreiben braucht und der Geschädigte mit der Vorlage der Sachverständigenkostenrechnung seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe genügt, belegt die Rechnungshöhe die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten im Rahmen der Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO (BGH DS 2014, 1947ff. Rn. 7 und 8). Danach ist ein Grund für eine Schadenskürzung durch die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung nicht ersichtlich.

Es besteht auch kein Grund für Zweifel an der Berechtigung des Ansatzes einer Relation von Schadenshöhe zu den Sachverständigenkosten. Dass die beklagte Kfz-Versicherung ihr eigenes HUK-COBURG –Honorartableau heranzieht, wie sich aus dem Abrechnungsschreiben ergibt, spricht nicht gegen die Anwendbarkeit der vom Kläger angeführten BVSK-Tabelle. Das HUK-COBURG-Honorartableau stellt nur den Wunsch und die Bemühungen der beklagten HUK-COBURG dar, durch Marktmacht die von ihr gewünschten Preisvorstellungen gegenüber unabhängigen Sachverständigen durchzusetzen. Dass eine Aufteilung der Sachverständigenkosten in ein Grundhonorar und in Nebenkosten erfolgt, wie sie auch der Kläger vorgenommen hat, entspricht der gesetzlichen Aufteilung für gerichtlich bestellte Sachverständige in § 8 JVEG. Dass der Kläger die Restwertermittlung aus dem Grundhonorar herausgenommen hat, ist nachvollziehbar, denn diese fallen nicht immer an, sondern nur in einzelnen Fällen. Das erkennende Gericht erachtet die zumindest analoge Anwendbarkeit der Bestimmungen des JVEG auf die Nebenkosten im Rahmen der Schadenshöhenschätzung für gegeben an (so auch: LG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2014 – 13 S 41/13 - ).

Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des JVEG sind die in der Rechnung aufgeführten Positionen nicht zu beanstanden. Das gilt für Foto-, Schreib-, Porto-, Fahrtkosten usw. Damit waren Abzüge, wie sie die beklagte HUK-COBURG vorgenommen hat, nicht berechtigt. Der Kläger kann daher die von der beklagten Kfz-Versicherung bislang nicht ausgeglichenen Restbeträge in Höhe von 114,82 €verlangen. Sie war entsprechend zu verurteilen.

Fazit und Praxishinweis: Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ist der Geschädigte vor Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen seiner Wahl zur Feststellung der Schadenshöhe und des Schadensumfangs nicht verpflichtet, eine Art Marktforschung zu betreiben und Sachverständigenpreise zu vergleichen. Er darf den für ihn ohne weiteres erreichbaren Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragen. Der Geschädigte genügt mit der Vorlage der Rechnung des Sachverständigen seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe. Dabei belegt die Rechnungshöhe im Rahmen der Schadenshöhenschätzung die Erforderlichkeit der angefallenen Kosten zur Wiederherstellung (BGH DS 2014, 1947: enger: BGH BeckRS 2016, 11737, das nur für beglichene Sachverständigenkosten gelten soll). Anders als hinsichtlich des Grundhonorars des Kfz-Sachverständigen kann hinsichtlich der angefallenen Nebenkosten nach der jüngsten BGH-Entscheidung (BeckRS 2016, 11737) das JVEG Anhaltspunkte zur Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO liefern. Andererseits hat der BGH (in DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann) die Übertragung der Grundsätze des JVEH auf Privatgutachter als nicht angebracht erachtet.
Quellen
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