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Am 24.9.2012 gegen 5.18 Uhr befuhr der spätere Kläger mit seinem Motorroller in Hamm die Radbodstraße in nördlicher Richtung. Er beabsichtigte die Kreuzung Radbodstraße / Dortmunder Straße geradeaus zu überqueren. Er fuhr in den Kreuzungsbereich ein, als die Lichtzeichenanlage für ihn von Rot/Gelb auf Grün umwechselte.
Aus der Gegenrichtung näherte sich der beklagte Lkw-Fahrer mit seinem bei der ebenfalls beklagten Haftpflichtversicherung versicherten Sattelzug, der nach links in die Dortmunder Straße einbiegen wollte. Dabei musste er die Fahrbahn des Klägers queren. Im Kreuzungsbereich kam es zur Kollision des Motorrollers mit dem Sattelzug.

Der Rollerfahrer leitete eine Vollbremsung ein, geriet mit seinem Motorroller in eine Schräglage und kollidierte mit dem Unterfahrschutz des Sattelaufliegers. Er zog sich diverse, zum Teil schwere Verletzungen zu. Er verlor die Milz.Die ihm entstandenen Schäden, materielle Schäden in Höhe von ca. 13.500 € sowie ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 40.000 €, hat der Mopedfahrer im Prozess vom LKW-Fahrer und der mitverklagten Haftpflichtversicherung ersetzt verlangt. Das örtlich zuständige Landgericht Dortmund führte eine Beweisaufnahme durch. Dabei ergab sich, dass der Lkw-Fahrer in den Kreuzungsbereich einfuhr, als die Ampel von Grün auf Gelb umsprang. Er hätte noch rechtzeitig vor der Ampelanlage anhalten können. Mit Urteil vom 18.11.2015 – 21 O 315/13 – sprach es dem Kläger 70 Prozent der entstandenen Schäden zu. Es nahm ein 30-prozentiges Mitverschulden des Rollerfahrers an. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb bei dem OLG Hamm ohne Erfolg.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in der vom LG Dortmund titulierten Quote sowie ein Schmerzensgeld unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 30 % zu. Der beklagte Sattelzugfahrer hat den Unfall überwiegend verschuldet. Ihm ist ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen. Das Gelblicht einer Lichtzeichenanlage ordnet an, anzuhalten, soweit dem betreffenden Fahrer dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich ist. Andernfalls dürfe er weiterfahren, müsse aber den Kreuzungsbereich hinter der Lichtzeichenanlage möglichst zügig überqueren. Im vorliegenden Fall hat der Fahrer des Sattelzuges anhalten müssen und die für ihn geltende Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Er hat nach den Ausführungen des Sachverständigengutachtens den Sattelzug vor Beginn der Rotlichtphase mit einer normalen Betriebsbremsung vor der Ampelanlage anhalten können.

Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Auf keinen Fall durfte der Sattelzugführer an der Ampel vorbeifahren. Er gefährdete bei der Weiterfahrt den querenden Verkehr auf der Kreuzung. Dem beklagten Sattelzugfahrer musste auch bewusst sein, dass er mit seinem Sattelzug nur langsam in der Kreuzung abbiegen konnte. Abgesehen von dem Gelblichtverstoß ist dem Fahrer des Sattelzuges vorzuwerfen, dass er den Sattelzug nicht angehalten und seinen Abbiegevorgang abgebrochen hat, als der Kläger mit seinem Motorrollerin den Kreuzungsbereich eingefahren ist. Er hat sich nicht darauf verlassen dürfen, dass der Motorrollerfahrer ihm, dem LKW-Fahrer, als sogenannten Kreuzungsräumer den Vorrang einräumt (vgl. BGH NJW 1971, 1407, 1409). Soweit die Beklagten meinen, der Unfall stell sich auf ihren Seiten als unabwendbares Ereignis dar, folgt der erkennende Senat dem nicht.

Die Beklagten haben nicht beweisen können, dass sich der Lkw-Fahrer wie ein Idealfahrer verhalten hat. Im Verhältnis zum Fahrer des Sattelzuges stellt sich das unfallursächliche Verschulden des Mopedfahrers als weniger gewichtig dar. Ihm ist vorzuhalten, dass er mit fliegendem Start in den Kreuzungsbereich eingefahren ist, ohne auf den sich im Kreuzungsbereich bewegenden Sattelzug desbeklagten Fahrers zu achten. Er hat sich nicht so verhalten, wie es von einem Verkehrsteilnehmer erwartet werden muss, der eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer möglichst auszuschließen habe. Die Verursachungsbeiträge des Motorrollerfahrers und des Sattelzug-Fahrers am Unfall hat das Landgericht unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge zutreffend abgewogen, die festgestellte Haftungsquote von 70 Prozentzulasten des Sattelzug-Fahrers ist nicht zu beanstanden.

Fazit und Praxishinweis: Ein Wechsel der Lichtzeichen einer Lichtzeichenanlage von Grün auf Gelb ordnet an, anzuhalten, wenn dies mit normaler Betriebsbremsung – ohne Notbremsung – möglich ist. Gegen diese Regelung verstößt, wer nach einem Wechselvon Grün auf Gelb mit einem langen und langsam fahrenden Sattelzug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl ihm ein Anhalten vor der Lichtzeichenanlage noch möglich ist. Andererseits muss sich ein Kraftfahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er mit fliegendem Start in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl sich dort noch ein Fahrzeug zum Linksabbiegen befindet.
Quellen
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