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Der spätere Kläger befuhr mit seinem Pkw die Abfahrt Paderborn-Elsen von der Bundesautobahn A 33. Im Bereich der späteren Unfallstelle gabelt sich die Abfahrt. Dort kam es zur streifenden Kollision des Pkws des Klägers mit dem zunächst dahinter fahrenden Taxi-Fahrzeugs, das vom beklagten Fahrer gesteuert wurde, und das sich zur Vorbeifahrt auf dem rechten Ast der Gabelung eingeordnet hatte.
Das Landgericht Paderborn verurteilte mit Urteil vom 21.1.2016 – 4 O 308/15 - den beklagten Taxifahrer und den Versicherer des Taxis nach einer durchgeführten Beweisaufnahme zu einer Haftungsquote von 80 zu 20 zu Lasten des Klägers, weil dieser gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe. Gegen das Urteil des LG Paderborn legte der Kläger Berufung ein. Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg und führt zur Teilabänderung des Urteils des LG Paderborn. Der Anspruch des Klägers auf Schadensersatz ist zu einer Haftungsquote der Beklagten zu 50 % begründet. Der streitgegenständliche Unfall ist beim Betrieb des Fahrzeugs der Beklagten passiert. Der Unfall war für keine der Parteien unabwendbar im Sinne von § 17 III StVG. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie deren Umfang hängen damit nach § 17 I, II StVG davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Gabelt sich eine Straße in zwei Äste, so beurteilen sich die straßenverkehrsrechtlichen Pflichten danach, ob eine der in Betracht kommenden Straßen nach vernünftiger Verkehrsauffassung als Fortsetzung der bisherigen Fahrtrichtung anzusehen ist und damit das Befahren nur dieser keine Änderung der Fahrtrichtung darstellt (vgl. BGH Urt. v. 16.11.1965 – VI ZR 137/64 - ).

Abbiegen im Sinne des § 9 I StVO ist jede Bewegung, durch die der Fahrzeugführerdie bisher benutzte Straße oder Fahrbahn nach der Seite verlässt. Ist jeder der auseinandergehenden Schenkel Vorfahrtsstraße, so ändert jeder beim Einfahren in einen Ast seine Fahrtrichtung. So war es auch an der streitgegenständlichen Unfallstelle. Beide Fahrzeugführer waren daher nach § 9 StVO gehalten, rechtzeitig und unterBenutzung der Fahrtrichtungsanzeiger ihre Abbiegeabsicht anzuzeigen. Zudem hatten sich beide Fahrzeugführer rechtzeitig rechts einzuordnen und gemäß § 9 I 4 StVO auf den nachfolgenden Verkehr zu achten. Nur wer so weit rechts eingeordnet ist, dass rechts keiner mehr überholen kann, und den Fahrtrichtungsanzeiger rechtzeitig betätigt hat, der darf darauf vertrauen, dass ihn kein nachfolgendes Fahrzeug rechts überholt.

Vom Landgericht wurde daher nach der Beweisaufnahme zutreffend festgestellt, dass ein schuldhafter Verstoß der Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs vorlag, weil nicht der rückwärtige Verkehr beachtet worden ist. Zu Lasten der Beklagten war ein Verstoß gegen § 5 VII 1 StVO festzustellen. Die beklagte Fahrzeugführerin hat versucht, rechts zu überholen, obwohl an dem Fahrzeug des Klägers der linke Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt war. Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt zur hälftigen Haftung. Dementsprechend sind die Beklagen als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger gemäß § 249 II 1 BGB den Wiederbeschaffungsaufwand für sein total beschädigtes Fahrzeug zu ersetzen. Nach dem Gutachten des vom Kläger hinzugezogenen Kfz-Sachverständigen ist das ein Betrag von 3.490,-- €. Ferner kann der Kläger die Kosten des Sachverständigenhutachtens und 25,-- € Unkostenpauschale ersetzt verlangen. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote ergibt sich ein zu ersetzender Betrag von 2.142,17 €

Fazit und Praxishinweis: Teilt sich eine Straße in zwei Äste auf, und befährt ein Fahrzeug ziemlich weit zur Mitte eingeordnet diese Straße und kommt es dabei zu einem Unfall, weil das nachfolgende Fahrzeug rechts vorbeifahren will, so ist regelmäßig eine Haftungsquote von 50 zu 50 anzunehmen, denn dem Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs ist regelmäßig der Vorwurf der Verletzung des Rechtsfahrgebotes zu machen und dem nachfolgenden Fahrzeugführer der Vorwurf des Überholens bei unklarer Verkehrslage.
Quellen
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