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Berufungskammer des LG Köln zu notwendigen Anwaltskosten nach Unfall
Landgericht Köln – Berufungskammer - Beschluss vom 12.8.2015 – 11 S 173/15 –

RobGal

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall. Geschädigt ist ein Mietwagenunternehmen, dessen Mietfahrzeug durch einen Versicherten der DEVK-Versicherung beschädigt wurde.
Die Schuld am Zustandekommen des Unfalls ist eindeutig. Die Geschädigte beauftragte mit der Regulierung ihres Kfz-Schadens einen Rechtsanwalt. Die DEVK-Versicherung regulierte zwar den Sachschaden, nicht jedoch die ebenfalls geltend gemachten Anwaltskosten. In erster Instanz verurteilte das Amtsgericht Köln die beklagte Versicherung mit Urteil vom 23.3.2015 – 274 C 209/14 – zur Zahlung der Anwaltskosten. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Jetzt hat mit Beschluss vom 12.8.2015 – 11 S 173/15 – die Berufungskammer des LG Köln die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten mangels Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung, § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung als sie das Amtsgericht getroffen hat. Zu Recht hat das Amtsgericht einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bejaht. Sofern mit der Berufungsbegründung gerügt wird, das Amtsgericht habe die Vorschrift des § 249 BGB falsch angewendet, so folgt die Kammer dem nicht.

Nach § 249 BGB kann der Geschädigte auch die Kosten aus der Beauftragung eines Anwalts bei der Schadensabwicklung ersetzt verlangen, soweit er die Einschaltung eines Anwalts für zweckmäßig und erforderlich halten durfte (BGH NJW 2006, 1065). Dies ist allein dann zu verneinen, wenn aus Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte, dass der Schaden nach Erstanmeldung reguliert werden würde. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der in seiner Grundsatzentscheidung vom 8.11.1994 – VI ZR 3/94 -, mit der ein Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten für die erstmalige Geltendmachung klarer Ansprüche wegen Beschädigung von Autobahneinrichtungen verneint wurde, ausgeführt hat, dass nur bei einfach gelagerten Schadensfällen, bei denen die Haftung nach Grund und Höhe derart klar ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommt, es grundsätzlich nicht erforderlich sein wird, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger bzw. seiner Versicherung einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Die Kammer hat allerdings vorliegend, wie das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Schadensfall um einen einfach gelagerten Fall im Sinne der oben zitierten BGH-Entscheidung handelte. Bei der vorzunehmenden Betrachtung des Schadensfalles ausgehend vom Zeitpunkt der Mandatierung des Prozessbevollmächtigten spricht nach Auffassung der Kammer vorliegend bereits die Höhe des eingetretenen Schadens am klägerischen Kraftfahrzeug, der über 8.000,-- € betrug zuzüglich einer Wertminderung von 1.600,-- € gegen einen einfach gelagerten Fall. Ferner ist zu berücksichtigen, wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend ausführt, dass die Regulierung von Verkehrsunfällen angesichts der immer umfangreicher und komplexer werdenden Rechtsprechung insbesondere auch zur Schadenshöhe eine schwierige und für den Laien schwer zu überschauende Materie ist, so dass regelmäßig, insbesondere, wenn es sich um größere Schäden am Pkw handelt, die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich ist.

Mithin kommt es auf das weitere Kriterium für die Ausnahme von der Erstattungspflicht der Rechtsanwaltskosten , die rechtliche und geschäftliche Ungewandtheit des Geschädigten, nicht mehr an, da nach dem eindeutigen Wortlaut der BGH-Entscheidung nur beim kumulativen Vorliegen von einfach gelagertem Schadensfall und geschäftlicher Gewandtheit eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Rechtsanwaltskosten bei Verkehrsunfällen zum erstattungsfähigen Schaden gehören, zu machen ist. Sofern mit der Berufung ferner geltend gemacht wird, dass es sich bei der Geschädigten um ein Mietwagenunternehmen handelt, welches naturbedingt im Umgang mit Fahrzeugen gewandt sein muss, so vermag dies keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Es handelt sich eben nicht um einen einfach gelagerten Schadensfall. Auch angesichts der Vielzahl von Entscheidungen, die zum Verkehrsunfallrecht ergangen sind, kann auch von einem Mietwagenunternehmen nicht verlangt werden kann, jeweils Kenntnisse darüber zu besitzen, weiche Ansprüche in welcher Höhe gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend zu machen sind. In der vorliegenden Fallkonstellation darf sich die Geschädigte, auch wenn es sich um ein Mietwagenunternehmen handelt, auch bei dem ersten Anspruchsschreiben gegenüber der Versicherung der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedienen.

Die Verfahrensweise der Beklagten, die geltend gemachten Schäden auszugleichen, ändert jedoch nichts daran, dass es sich nicht um einen einfach gelagerten Schadensfall handelte, bei dem sich die Klägerin zur Geltendmachung ihres Schadens entsprechend den Grundsätzen des BGH (Urteil vom 08.11.1994, VI ZR 3/94) sogleich eines Anwaltes bedienen durfte, denn in dieser Entscheidung behandelt der BGH ebenfalls die Ersatzfähigkeit eines ersten Anspruchsschreibens gegenüber der Versicherung.

Fazit und Praxishinweis: Dem Beschluss des Landgerichts Köln ist zuzustimmen. Auch wenn es sich um ein Mietwagenunternehmen handelt, das vielleicht tagtäglich mit Unfallschäden zu tun hat, liegt im konkreten Fall eben kein einfach gelagerter Schaden vor. Immerhin betrug der Schadensersatzanspruch rund 10.000,-- €. Hier kann wahrlich nicht von einem einfach gelagerten Fall gesprochen werden. Auch in Anbetracht der immer umfangreicher werdenden Rechtsprechung ist eigentlich immer die Einschaltung eines im Verkehrsschadensrecht erfahrenen Rechtsanwaltes geboten. Was hier für das geschädigte Mietwagenunternehmen gilt, gilt erst recht für den geschädigten Normalbürger. Der hat erst recht keine Kenntnis von den ihm zustehenden Schadensersatzansprüchen und die Rechtsprechung der einzelnen Gerichte dazu.
Quellen
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