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Berufungskammer des LG München I entscheidet zum Restwert
LG München I Berufungsurteil vom 13.10.2016 – 19 S 12714/16 –

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Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall hatte das Unfallopfer einen anerkannten und qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt. Dieser gelangte zu einem Restwert, den er auf dem allgemeinen regionalen Restwertmarkt festgestellt hatte, indem er drei Restwertgebote der örtlichen Restwertaufkäufer eingeholt hatte.
Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung sandte an die Geschädigte ein Schreiben, wonach diese vor Veräußerung des offenkundig total beschädigten Fahrzeugs ein Restwertangebot der Versicherung abwarten sollte.

Vor Eingang des von dort aus beschafften Internetrestwertangebotes erfolgte aber der Verkauf zu dem im Gutachten ausgewiesenen und ordnungsgemäß festgestellten Restwerts. Die Versicherung rechnete nur den von ihr ermittelten Restwert ab. Die Geschädigte verlangte jedoch den im Gutachten festgestellten Restwert von weiteren 1.250,-- €. Nachdem zunächst das Amtsgericht München mit Urteil vom 13.7.2016 – 341 C 5136/16 - der beklagten Versicherung Recht gab, wurde aufgrund der Berufung der Geschädigten das angefochtene Urteil des AG München aufgehoben und die beklagte Kfz-Versicherung verurteilt, 1.250,-- € nebst Zinsen zu zahlen.

Die zulässige Berufung ist begründet. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts München in seinem angefochtenen Urteildurfte die Klägerin das verunfallte Kraftfahrzeug zu dem Restwert , der imSachverständigengutachten, das die Klägerin zur Feststellung des Unfallschadens eingeholt hatte, aufgeführt wurde, verkaufen. Sie musste es vor Verkauf nicht der beklagten Versicherungzum Kauf anbieten,insbesondere brauchte sie auch das Schreiben, das sie erst der beklagten Versicherung anbieten muss, wenn sie es denn überhaupt erhalten hat, nicht beachten. Die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung hat keinen Anspruch darauf, vor dem Verkauf informiert zu werden, bzw. ein höheres Restwertangebot verbindlich abgeben zu dürfen.

Ein solches Angebot ist nur dann relevant, wenn es vor dem tatsächlichen Verkauf eingeht. Dann verstößt der Kläger gegen seine Schadensgeringhaltungspflicht, wenn er sein Fahrzeug zu einem niedriegeren Wert verkauft. Vor Eingang eines verbindlichen Restwertangebots ist er aber frei. Dies ist in der ständigen Rechtsprechung des BGH, des OLG München und LG München. Lediglich beispielhaft sei auf die Verfahren 10 U 5316/06 des OLG München verwiesen. Die Klage ist deshalb voll umfänglich begründet.

Fazit und Praxishinweis: Grundsätzlich sind die Restwerte maßgeblich, die ein qualifizierter Kfz-Sachverständiger auf dem allgemeinen, regionalen Markt ermittelt hat. Nur dann, wenn ein verbindliches höheresRestwertangebot der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung vor Veräußerung des Restwert , wie ihn der Sachverständige angegeben hat, vorliegt, verstößt der Geschädigte gegen seineSchadensgeringhaltungspflicht, wenn er dann zu dem Restwert im Gutachten veräußert. Siehe hierzu auch die Ausführungen zu den übrigen Urteilen unter der Rubrik Restwert und im FAQ unter Restwert in dieser Unfallzeitung.
Quellen
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