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AG Rosenheim zu UPE-Aufschlägen, Verbringungs- und Gutachterkosten
AG Rosenheim Urteil vom 28.8.2015 – 16 C 2808/14 –

RFWW

Nach einem Verkehrsunfall, an dem das Unfallopfer keine Schuld trägt, lässt dieses durch einen anerkannten Kfz-Sachverständigen ein Schadensgutachten erstellen. Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige hat in seinem Gutachten aufgrund seiner Kenntnis vor Ort Verbringungskosten für die Fahrt zum Lackierbetrieb und zurück sowie Ersatzteilpreisaufschläge eingesetzt.
Seine Kosten für die Erstellung des Gutachtens berechnete er mit insgesamt 774,93 €. Die eintrittspflichtige LVM Versicherung kürzte die berechneten Sachverständigenkosten um 102,58 €. Die vom Gutachter aufgeführten Verbringungskosten und UPE-Aufschläge erstattete die LVW nicht. Den gesamten, nicht erstatteten Betrag klagte der Geschädigte bei dem zuständigen Amtsgericht Rosenheim ein. Die Klage hatte Erfolg.
Der Kläger hat gegenüber der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG einen weiteren Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall. Der Kläger rechnete zu Recht auf Gutachtenbasis ab.

Zu den Verbringungskosten und zu den UPE-Aufschlägen:

Der fiktiv abrechnende Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer Reparaturkosten in Höhe von 336,30 €. Die Beklagte war nicht berechtigt, die im Rahmen einer vom Kläger in zulässiger Weise durchgeführten fiktiven Schadensabrechnung geltend gemachten Positionen " Verbringungskosten zum Lackierer" i. H. v. 139,50 € und "UPE-Aufschlag" i. H. v. 196,80 € in Abzug zu bringen.
Der gemäß § 249 II BGB ersatzfähige Schaden umfasst die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, NJW 1989, 3009). Für das, was zur Schadensbeseitigung nach der letztgenannten Vorschrift erforderlich ist, ist ein objektivierender, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten typisierender Maßstab anzulegen. Die Festlegung des für die Reparatur erforderlichen Geldbetrages kann dabei im Wege einer fiktiven Abrechnung sachgerecht auf der Grundlage des Gutachtens eines anerkannten Kfz-Sachverständigen erfolgen. Hierbei muss der Sachverständige eine Prognose darüber erstellen, welche Kosten bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallen.
Zum Ersatzanspruch gemäß § 249 II 1 BGB gehören dabei auch die Kosten der Verbringung des geschädigten Gegenstandes zum Ort der Reparatur, wenn und soweit dies erforderlich ist (LG Hildesheim, NZV 2007, 575 m. w. N.). Nichts anderes gilt hinsichtlich der branchenüblich erhobenen Ersatzteilaufschläge (sog. UPE-Aufschläge ), die aufgrund der Lagerhaltung von Original-Ersatzteilen auf die unverbindliche Preisempfehlung des Ersatzteilherstellers aufgeschlagen werden und den Aufwand abgelten sollen, der mit der ständigen Vorhaltung dieser Teile zum Zwecke der Verkürzung der Reparaturdauer verbunden ist. Soweit daher entsprechende Kosten in die Kalkulation aufgenommen und in dem Gutachten ausgewiesen werden, handelt es sich lediglich um unselbstständige Rechnungspositionen im Rahmen der Reparaturkostenermittlung, deren Beurteilung durch den Sachverständigen nicht anders zu behandeln ist, als seine hinsichtlich der Arbeitszeit und des benötigten Materials erfolgte Einschätzung (OLG Düsseldorf Urteil v. 6.3.2012 – I-1 U 108/11 -).
Von einer Ersatzfähigkeit der entsprechenden Position kann ausgegangen werden, wenn ein anerkannter Kfz-Sachverständiger zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge und Verbringungskosten erhoben werden (OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung sind damit diese Positionen zu ersetzen.

Zu den restlichen Sachverständigenkosten:

Darüber hinaus hat der Kläger einen weiteren Anspruch auf Zahlung von Sachverständigenkosten in Höhe von 102,58 €, da vorliegend aus Sicht des Gerichts Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 774,93 € erstattungsfähig sind.
Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG München, Beschluss v. 12.3.2015 – 10 U 579/15 -). Ausgehend von einem Reparaturkostenaufwand von 2.957,97 € netto und einer Wertminderung von 450,00 € bewegt sich das in Rechnung gestellt Grundhonorar im HB V Korridor der Honorarbefragung 2013 und es ist damit nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung der Beklagten war die Klage daher auch insoweit begründet.

Fazit und Praxishinweis: Der Bundesgerichtshof hat zwar zu dem Thema der Erstattungsfähigkeit der UPE-Aufschläge und der Verbringungskosten bei fiktiver Schadensabrechnung bisher noch keine Entscheidung getroffen. Für den Fall, dass eine fiktive Schadensberechnung möglich ist, sind nach der Rechtsprechung des BGH allerdings die üblichen Preise einer regionalen Markenfachwerkstatt zugrunde zu legen. Das kann auch für die Ersatzteilpreisaufschläge und die Verbringungskosten gelten, wenn diese üblicherweise bei einer Reparatur in der Markenfachwerkstatt anfallen (vgl. BGH Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 320/12 -). Demnach sind auch Verbringungskosten und Ersatzteilaufschläge bei fiktiver Schadensabrechnung zu erstatten, wenn sie von den örtlichen Markenwerkstätten üblicherweise erhoben werden.
Quellen
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