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Der durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall geschädigte Kfz-Eigentümer beauftragte den öffentlich bestellten und vereidigten Kfz-Sachverständigen Dipl.-Ing. R. mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Gleichzeitig trat er seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen ab, der die Abtretung annahm.
Der beklagte Fahrzeugführer haftet zu einhundert Prozent für die Folgen des Unfalls. Gleichwohl kürzte die hinter dem Beklagten stehende VHV-Versicherung die berechneten Sachverständigenkosten. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht die Differenz bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Hattingen ein. Die Klage war überwiegend erfolgreich.

Die Klage ist zulässig, aber nur in dem zugesprochenen Umfang begründet. Dem Kläger steht zu den von der VHV gezahlten Beträgen noch ein Betrag von 135,49 € zu. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Kläger aktivlegitimiert. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten gilt folgendes: Zunächst ist an der Berechnung des Sachverständigenhonorars nach der Schadenshöhe nichts auszusetzen (vgl. BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann). Allerdings kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 II BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Schadensbeseitigung zweckmäßig und angemessen sind. Wenn er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, ist er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, den wirtschaftlicheren Weg zu beschreiten. Allerdings ist auch Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse und die für ihn ergebenden Erkenntnismöglichkeiten zu nehmen.

Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes ist er nicht verpflichtet. Die Frage, ob die vom Kläger geltendgemachten Sachverständigenkosten zu teuer sind, muss entweder durch eine Beweisaufnahme ermittelt werden oder durch eine Schadenshöhenschätzung gemäß § 287 ZPO. Vorliegend hält das erkennende Gericht eine Schätzung anhand der sog. BVSK-Honorarbefragung 2015 und der VKS/BVK-Honoraranfrage 2015 für angemessen. Der Kläger liegt mit seinem Grundhonorar von 370,26 € netto unter dem HB III-Betrag derBVSK-Honorarumfrage, die 419,-- € netto angibt. Wenn die VKS/BVK-Honorarumfrage 2015 zugrunde gelegt wird, sieht diese bei einem Schadensbetrag von 2.250,-- € einen Korridor von 320,-- € bis 430,-- € vor. Der Kläger bleibt mit seinem Grundhonorar innerhalb dieses Korridors. Ein Durchschnittswert der beiden genannten Honorarumfragen läge bei maximal 424,50 €, was sich aus einer Addition der Beträge von 419,-- € und 430,-- € geteilt durch 2 ergibt.

Das Grundhonorar liegt unterhalb dieses Mittelwertes. Es ist daher nicht zu beanstanden.Die Nebenkosten mit Ausnahme der Fahrtkostensind nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH (BGH Urt. v. 26.4.2016 – VI ZR 50/15 - ) in Anlehnung an das JVEG zu messen. Danach kann der Kläger 94,40 € beanspruchen. Demnach sind 370,26 € Grundhonorar und 94,40 € Nebenkosten zuzüglich Umsatzsteuer erstattungsfähig. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger mit dem von ihm angesetzten Grundhonorar von 370,26 € unter dem ermittelten Mittelwert von 424,50 € liegt. Der Differenzbetrag ist dem Kläger noch zuzubilligen. Denn es kann nicht zu einer Benachteiligung desjenigen Sachverständigen führen, wenn dieser ein verhältnismäßig niedriges Grundhonorar abrechnet, dann jedoch verhältnismäßig hohe Nebenkosten in Rechnung stellt. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden hält das erkennende Gericht insgesamt einen Betrag von 518,90 € netto, was einem Bruttobetrag von 617,49 € entspricht, insgesamt für angemessen. Darüber hinausgehende Beträge hält das Gericht für erkennbar überhöht, auch für den Geschädigten, wobei die Rechnung eben keine Indizwirkung zeigt.

Fazit und Praxishinweis: Das erkennende Gericht hat mit dem vorstehend aufgeführten Urteil das jüngste Urteil des BGH vom 26.4.2016 – VI ZR 50/15 – bezüglich der Indizwirkung nur bei bezahlten Rechnungen und die Anwendung des JVEG mit Ausnahme der Fahrtkosten bei den Nebenkosten umgesetzt. Dabei verkennt das erkennende Gericht – ebenso wie der BGH -, dass der Bezahlung die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung gleichgestellt ist. Auch die Anwendung der Grundsätze des JVEG auf die Nebenkosten der Privatgutachter erscheint problematisch, da der BGH in seinem Urteil vom 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann) gerade eine Übertragung auf Privatgutachter mit guten Gründen abgelehnt hat.
Quellen
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