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Die Klägerin ist Eigentümerin einer Eisdiele im Landgerichtsbezirk Duisburg. Der beklagte Kfz-Führer war am Unfalltag mit einem Kastenwagen unterwegs, um im Bereich der Eisdiele Campingutensilien bei seinem Vater abzuholen.
Aus diesem Grunde fuhr er rückwärts vor das Haus, in dem sein Vater wohnt. Er rutschte von der Kupplung und prallte mit dem Kastenwagen in die Frontscheibe der Eisdiele. Nach Angaben der Klägerin ist ihr dadurch ein Schaden von 163.634,27 € entstanden. Bemerkenswert an dem Fall war allerdings, dasses sich bei dem Kastenwagen um ein Leihfahrzeug handelte und dass die Geschädigte und der Fahrer des Kastenwagens sich seit über 30 Jahren kannten.

Die Geschädigte verlangte von der Kfz-Versicherung vollen Schadensersatz, die dies ablehnte. Die Geschädigte erhob Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 163.634,27 € und die Feststellung, dass der beklagte Fahrer und die Kfz-Versicherung des Kastenwagens verpflichtet seien, sämtliche weiteren Schäden der Klägerin zu ersetzen. Die Klage hatte insgesamt keinen Erfolg. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmungen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 163.634,27 € sowie auch keinen weiteren Anspruch auf Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, sämtliche weiteren Schäden der Klägerin zu ersetzen. Ein solcher Anspruch ergibt sich gerade nicht aus §§ 7 I StVG, 115 I 1 Nr. 1 VVG. Denn letztlich war die erkennende 3. Zivilkammer davon überzeugt, dass die Klägerin in die Schädigung ihrer Eisdiele eingewilligt habe. Hierbei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass demjenigen, der in die Schädigung seines Rechtsgutes durch einen anderen einwilligt, kein ersatzfähiges Unrecht geschieht (vgl. Urteil des OLG Koblenz vom 4.10.2005 – 12 U 1114/04 -; vgl. auch BGH Urt. v. 13.12.1977 – VI ZR 206/75 - ).

Der Beweis der Einwilligung in die Beschädigung kann dann als geführt angesehen werden, wenn sich eine Häufung von Umständen findet, die darauf hindeuten. Hierbei ist auf eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweise abzustellen, aus denen sich eine Indizienkette ergibt, die auf eine planmäßige Vorbereitung und Herbeiführung des vermeintlichen Unfalls geschlossen wer-den kann (vgl. Urteil des OLG Koblenz aaO; OLG Hamm Urt. v. 19.3.2001 – 13 U 164/00 - ). In einer vom Gericht vorgenommenen Gesamtschau ergeben die nachfolgend aufgezählten Indizien das Bild eines gestellten Unfalles. Die Art des behaupteten Unfallhergangs, nämlich das Rückwärtssetzen gegen die Eisdiele, ist leicht und ohne nennenswertes Verletzungsrisiko von den Beteiligten inszeniert worden. Außerdem ist bei einer derartigen Unfallkonstellation die Schuldfrage eindeutig und es muss nicht mit Einwendungen eines Mitverschuldens gerechnet werden. Eine solche eindeutige Haftungslage ist bei einem manipulierten Unfall ein häufig anzutreffender Umstand (vgl. OLG Köln Urt. v. 2.3.2010 – 9 U 122/09 - ).

Als weiteres Indiz ist hinzuzufügen, dass sich die Beteiligten gut kannten. Dieser Umstand ist sicherlich auch als Indiz dafür zu werten, dass der beklagte Fahrer sich bereit erklärt hat, an einem manipulierten Unfallereignis mitzuwirken, um der Klägerin wirtschaftlich zu helfen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Gutachten des vom Gericht bestellten Sachverständigen T. und auch aufgrund seiner Anhörung, dass das behauptete Fahrmanöver technisch zwar unter extremen Gesichtspunkten nachvollziehbar ist, dies aber nicht mehr dem normalen Fahrverhalten entspricht. Wie der Sachverständige zur Überzeugung des Gerichts ausführt, ist ein solcher Ruck, wie er von dem beklagten Fahrer behauptet wurde, unter Berücksichtigung zweier Umstände nur denkbar ist. Zum einen ist er denkbar, wenn das Fahrzeug eine geringe Leerlaufgeschwindigkeit hat und dann plötzlich von der Kupplung, die nahezu voll durchgetreten war, abgerutscht wird. Dies führt dann zu einem Ruck, der letztlich zum Absterben des Motors und zum Stehenbleiben des Fahrzeugs führt.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob ein solcher Ruck, der Absterben des Motors hervorgerufen wird, ein Zurücksetzen des Fahrzeugs auch in 1,5 bis 2 m verursacht hat. Denn diese Variante kann letztlich nicht vorgelegen haben. Wie der Sachverständige T. in seinem Gutachten überzeugend ausführt, ist hier mit einer Anschlussgeschwindigkeit des Kastenwagens auf die Eisdiele von mindestens 11 km/h auszugehen. Die Anschlussgeschwindigkeit könnte auch höher gelegen haben, mindestens sind jedoch 11 km/h zur Überzeugung des Gerichts zu berück-sichtigen. Ein Abrutschen von der Kupplung führt jedoch nur dann zum Abwürgen des Motors, wenn das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h oder geringer gefahren wird. Der Sachverständige hat eine nennenswerte Beschleunigung durch dieses Abrutschen oder des Abwürgens des Motors nach hinten ausgeschlossen. Zumindest kann eine Geschwindigkeitserhöhung von 5 bis 6 km/h auf 11 km/h ausgeschlossen werden, so dass diese Variante des Unfalls schon einmal nicht in Betracht kommt. Theoretisch nachvollziehbar ist allerdings eine andere Variante, wie auch der Sachverständige T. in seiner mündlichen Anhörung eingeräumt hat. Dies wäre dann der Fall, wenn der Fahrer des Kastenwagens mit einer Geschwindigkeit von über 8 km/h zurückgesetzt hätte, dann kurz vor Erreichen der Mauer gleichzeitig Gas gibt, um den Drehzahlbereich hochzufahren und dann plötzlich von der Kupplung abrutscht. Dies führt dann dazu, dass das Fahrzeug im Rückwärtsgang beschleunigt.

Dieses Fahrmanöver ist jedoch nicht mehr nachvollzieh-bar. Denn letztlich hätte der Beklagte rechtzeitig vor der Mauer stehen bleiben wollen und er hätte auch noch einen gewissen Spielraum zur Mauer einplanen müssen, da die Tür, nämlich Flügeltür, hätte geöffnet werden müssen. Dass also der Beklagte zu 1) mit relativ hoher Geschwindigkeit rückwärts setzt und dann, wenn man normalerweise einen Bremsvorgang einleiten müssten, nochmals zusätzlich Gas gibt und dann eine weitere Beschleunigung des Fahrzeugs herbeiführt, auch wenn er von der Kupplung abgerutscht sein will, erscheint der erkennenden Kammer in Zustimmung zu den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigenschlechterdings nicht mehr nachvollziehbar. Dieses Fahrmanöver passt auch nicht zu dem Fahrmanöver, das der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Anhörung vor Gericht geschildert hat. Danach hat er nämlich dargelegt, dass er zurückgesetzt hat und eine Geschwindigkeit von 5 bis 10 km/h ungefähr gehabt hatte, dass er dann im Endbereich sicherlich auch nochmal langsamer geworden ist. Damit befand er sich schon also im Abbremsbereich und nicht mehr im Beschleunigungsbereich, so dass das Fahrmanöver mit Erhöhung des Drehzahlbereichs und ein Abrutschen von der Kupplung nicht mehr nachvollziehbar sind.

Einzig logisch nachvollziehbar ist das Fahrmanöver des Kastenwagenfahrers nur dann, wenn er bewusst das Fahrzeug kurz vorher beschleunigt hat, um in die Eisdiele zu fahren, um einen Schaden zu verursachen. Dieses Fahrmanöver, nämlich ein gleichmäßiges Rückwärtsfahren bis zur Eisdiele und ein bewusstes Herbeiführen werden letztlich auch durch einen Zeugen bestätigt. Demnach ist die Kammer davon überzeugt, dass die Einlassung des Fahrers des Kastenwagens lediglich eine Schutzbehauptung war, um irgendwie zu erklären, wie es zu diesem Unfallgekommen ist. Damit liegt natürlich ein ganz erhebliches Indiz dafür vor, dass der Fahrermit der Klägerin, welche sich seit langen Jahren kennen, diesen Unfall abgesprochen hat. Als weiteres typisches Indiz für einen manipulierten Unfall ist der Umstand anzusehen, dass der beklagte Fahrer den Kastenwagen zuvor bei einer mitbeklagten Autovermietung angemietet hat. Damit konnte er umgehen, dass sein eigenes Fahrzeug in Mitleidenschaft gezogen wird oder möglicherweise auch eigene Versicherungsrabatte in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Anmieten eines Fahrzeugs um dann einen unerklärlichen Unfall durchzuführen, stellt auch ein weiteres klares Kriterium für ein solches manipuliertes Unfallereignis dar.

Fazit und Praxishinweis: Die Geschädigte, die Inhaberin der Eisdiele, har zunächst schlüssig den äußeren Tatbestand einer unerlaubten Handlung dargelegt. Es war dann Aufgabe der eigentlich einstandspflichtigen Haftpflichtversicherung eine Einwilligung in die schädigende Handlung darzulegen und zu beweisen. Indizien können ebenfalls für eine Einwilligung in eine Schädigung sprechen. Das war in dem vom LG Duisburg entschiedenen Fall so. Es wurde für den Unfall ein Fahrzeug angemietet. Der Schädiger und die Geschädigte kannten sich. Das behauptete Fahrmanöver war gutachterlich nicht zu erklären. Alles das führte dazu, dass die erkennende Zivilkammer des LG Duisburg von einem manipulierten Unfall ausging.
Quellen
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