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Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte den Kfz-Sachverständigen H. mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Dieser berechnete für die Begutachtung einen Betrag von 788,85 €. Dieser Betrag schlüsselte sich auf in ein Grundhonorar von 398,-- € und Nebenkosten von 244,60 €.
Der Haftpflichtversicherer des späteren verklagten Kfz-Führers zahlte insgesamt 615,23 €. Den Restbetrag von 173,62 € macht der Geschädigte geltend. Das Amtsgericht Essen änderte aufgrund einer Gehörsrüge das zunächst gefällte Urteil ab und verurteilte mit Urteil vom 4.3.2015 – 10 C 416/14 - den beklagten Unfallverursacher in vollem Umfang.

Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein. Er begehrte Klageabweisung. Die Berufung blieb allerdings ohne Erfolg. Die Kammer wies den Beklagten mit Hinweisbeschluss vom 3.8.2015 darauf hin, dass es beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung ist unbegründet, da in der Sache selbst das erstinstanzliche Urteil voll begründet ist. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der vollen Sachverständigenkosten aus §§ 7 I, 18 I StVG, 823 I, 249 II 1 BGB zu. Die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des BGH hinlänglich aufgearbeitet. Die Kammer weist insoweit auf die Ausführungen des VI. Zivilsenates in seinem Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – (=BGH NJW 2014, 1947 = DS 2014, 90 =DAR 2014, 194) hin. Die Kammer orientiert sich an dieser Rechtsprechung und folgt ihr uneingeschränkt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot , einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Dass der Kläger von vornherein hätte erkennen können, dass der Sachverständige nach der Behauptung des Beklagten überhöhte Nebenkosten ansetzen würde, wird nicht behauptet.

Zu einer Recherche nach dem honorargünstigsten Sachverständigen war der Kläger nicht verpflichtet. Dem Kläger musste auch nicht das Ergebnis der BVSK-Honorarumfrage bekannt sein. Es kommt also auch in diesem Rechtsstreit darauf an, ob der Klägerv o rder Beauftragung des Sachverständigen H. hätte erkennen können, dass dieser nach dem Vortrag des Beklagten überhöhte Kosten, insbesondere überhöhte Nebenkosten, geltend machen wird. Dafür spricht nach Einschätzung der Kammer nichts. Die Kammer kann schon nicht feststellen, dass die berechneten Nebenkosten überhöht sind. Unbestritten hält sich jede Position im Rahmen der VKS-BVK-Honorarumfrage. Das ist zwar nicht entscheidend, aber ein Indiz für die Angemessenheit der Rechnung. Es ist auch nicht ersichtlich, wie der Kläger vor der Beauftragung des Sachverständigen hätte erkennen können, dass der Sachverständige relativ hohe Nebenkosten geltend machen wird, ohne Vergleichsangebote einzuholen oder eine generelle Markterforschung zu betreiben. Zu beiden war er nicht verpflichtet. Daraufhin nahm der Beklagte die Berufung zurück.

Fazit und Praxishinweis: Zutreffend hat die Berufungskammer des Landgerichts Essen zu seiner Entscheidung das Grundsatzurteil des BGH vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – herangezogen. Nur dann, wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Kfz-Sachverständige erheblich erkennbar überhöhte Nebenkosten berechnen wird, ist er aus schadensrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet, einen in seiner Gegend vorhandenen, honorargünstigeren Sachverständigen zu beauftragen. Allerdings wird das schwierig sein, weil der Geschädigte zu einer Recherche nach dem günstigsten Sachverständigen nicht verpflichtet ist. Außerdem ist eine vorherige Markterforschung kaum möglich, weil regelmäßig das Honorar in Relation zur Schadenshöhe berechnet wird. Die Schadenshöhe ist aber nicht bekannt und soll gerade erst durch das Gutachten ermittelt werden.
Quellen
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