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OLG Hamm zu einem Unfall auf Kreuzung ohne Verkehrszeichen
OLG Hamm Hinweisbeschluss vom 1.10.2015 – I-9 U 73/15 –

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An einer Kreuzung ohne besonders angeordnete Vorfahrtsregelung kam es zu einem Unfall. Auf der Kreuzung gilt die Verkehrsregelung, dass der von rechts kommende Verkehrsteilnehmer gegenüber dem von links sich nähernden Verkehrsteilnehmer Vorfahrt hat.
Allerdings ist er demjenigen, der sich ihm von rechts nähert, ebenfalls wartepflichtig. Um dem Verkehr, der von rechts kommt, Vorfahrt zu gewähren, muss er selbst mit mäßiger Geschwindigkeit fahren. Nähert er sich mit hoher Geschwindigkeit der Kreuzung und kommt es zu einem Zusammenstoß, so trifft ihn meist eine 25-prozentige Mithaftung. Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliches Sachverständigengutachten des Herrn Prof. S.

Die Geschädigte hat gegen den beklagten Kfz-Führer einen sich aus §§ 823 I, 823 II, 249 BGB, 8 StVO ergebenden Schadensersatzanspruch in voller Höhe.Denn der Verkehrsunfall ist durch das in dem feststehenden Vorfahrtsverstoß begründete grobe Verschulden des Beklagten verursacht worden. Angesichts dieses nach §§ 9 StVG, 254 BGBin die Abwägung einzustellenden Verschuldens ist es gerechtfertigt, die von dem Fahrzeug der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr unberücksichtigt zu lassen. Ist die Vorfahrt an einer Kreuzung nicht besonders geregelt, so stellt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, der sich dieser Kreuzung nähert, die Verkehrslage so dar, dass er zwar gegenüber dem von links kommenden vorfahrtsberechtigt, gegenüber Verkehrsteilnehmern von rechts aber wartepflichtig ist. Um deren Vor-fahrt beachten zu können, muss er, wie in § 8 II 1 StVO vorgeschrieben,mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren und sich darauf einstellen, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann. Diese mit "halber Vorfahrt" bezeichnete Situation dient grundsätzlich auch dem Schutz des von links kommenden Wartepflichtigen (vgl. OLG HammUrt. v. 6.5.2002 – 13 U 221/01 - ).

Das vom Gericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. S. hat ergeben, dass die Annäherungsgeschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs nach den nicht zu widerlegenden Angaben dessen Fahrers so gewählt war, dass dieser auf aus seiner Sicht von rechts kommende Fahrzeuge rechtzeitig reagieren konnte und diesen das Vorfahrtsrecht hätte gewähren können. Ein Mitverschulden des Geschädigten ist daher nicht anzunehmen.

Fazit und Praxishinweis: Mit diesem neuerlichen Beschluss nimmt der 9. Zivilsenat des OLG Hamm erneut Stellung zu der Vorfahrtsituation an einer Kreuzung ohne vorfahrtsregelnden Verkehrszeichen. An einer Kreuzung ohne besondere Vorfahrtsregelung ist ein Verkehrsteilnehmer gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, die sich von links nähern, vorfahrtsberechtigt, während er gegenüber denjenigen, die sich von rechts nähern wartepflichtig ist. Um dem Verkehr, der von rechts kommt, Vorrang zu gewähren, muss er mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren.
Quellen
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