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Smartphones gefährden Menschenleben
Repräsentative Untersuchung des Allianz-Zentrums für Technik zeigt erstmals Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung und Unfällen

RobGal

Seit den 1970er Jahren, als das Statistische Bundesamt begann, Verkehrsunfälle und deren Gründe zu erfassen, gilt Alkohol am Steuer als Unfallursache Nummer ein. Das scheint nun vorbei zu sein.
Gefährlicher, als sich betrunken hinters Lenkrad zu setzen, ist die Ablenkung durch Smartphone und Navi, ergab eine repräsentative Verkehrssicherheitsstudie des Allianz-Zentrums für Technik (AZT) in München. "Die Gefahr eines Unfalls erhöht sich deutlich, wenn Fahrer ihre Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr auf technische Geräte lenken", betonen die Experten der Allianz-Versicherung und weisen darauf hin, dass die Studie "zum ersten Mal den statistischen Zusammenhang der heutigen Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsfunktionen im Auto mit höheren Unfallraten" dokumentiere.

Immerhin nutzen 60 Prozent der befragten Autofahrer, die in den letzten drei Jahren einen Unfall erlitten hatten, ihr Mobiltelefon nach eigenen Angaben "händisch" während der Fahrt. Dagegen waren es bei den Fahrern ohne Unfall nur 37 Prozent. Ein Resultat, das Unfallforscher nicht überrascht. Denn: "Je vielfältiger die Technik und je komplexer deren Bedienung, desto höher ist die Ablenkung vom Straßenverkehr", sagte Mathias Scheuber, Schaden-Vorstand der Allianz-Versicherung bei der Vorstellung der Studie.

Hoher Blutzoll, um stets erreichbar zu sein

Die Studie ergab, dass fast jeder zweite Fahrer (46 Prozent) gegen das Handyverbot verstößt. Rund drei Viertel (74 Prozent) sind regelmäßig abgelenkt, weil sie die Technik im Fahrzeug benutzen. 39 Prozent bedienen während der Fahrt das Navi, das Radio suchen über das Bordmenü oder benutzen es (58 Prozent). 15 Prozent aller Fahrer tippen Textnachrichten, 24 Prozent lesen sie. In der Gruppe der jungen Fahrer (bis 24 Jahre) ist die Beschäftigung mit Textnachrichten während der Fahrt sogar noch ausgeprägter (23 und 27 Prozent). Bemerkenswert ist eine weitere Entdeckung: 52 Prozent der Autofahrer waren durch telefonierende Mitfahrer abgelenkt.

Der Blutzoll durch den Wunsch, auch im Straßenverkehr immer und überall erreichbar zu sein und ja nichts zu verpassen, ist ausgesprochen hoch: Verkehrsexperten gehen davon aus, dass mittlerweile schon jeder zehnte Unfall, bei dem ein Mensch ums Leben kam, auf Ablenkung zurückzuführen ist. In nüchternen Zahlen hieße das: 2015 starben fast 3.500 Menschen auf Deutschlands Straßen, 256 davon durch Alkohol am Steuer und circa 350, weil jemand abgelenkt war.

Früher war Alkohol am Steuer ein Kavaliersdelikt. "Es war nicht verwerflich, nach mehreren Gläsern Wein Auto zu fahren", sagte Scheuber. Alkohol am Steuer ist aber längst kein Kavaliersdelikt mehr, "gesellschaftlich ist das heute nicht mehr akzeptiert, und zu dieser gleichen Haltung müssen wir auch bei der Smartphone-Nutzung am Steuer kommen." Es gebe schließlich "kein Gewohnheitsrecht auf Ablenkung". Scheubers Fazit: "Smartphones gefährden Menschenleben."
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: Andy Dean - Fotolia.com